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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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antun.«
    »Das passiert im Fernsehen.« Peggy begann zu weinen. »Dauernd. Also warum
nicht auch
Daddy?«
    »Das hier ist aber nicht das Fernsehen. Hier geht es um unseren
Dad«,
sagte Billy.
    »Das ist nicht fair«, schluchzte Peggy. »Ein Autounfall ist eine Sache. Aber wenn ihm ein anderer Mensch so etwas angetan hat … das ertrage ich nicht.«
    »Ich ertrage keins von beiden.« Annie hatte ihre Hände im Schoß verschränkt.
    »Ich kann nicht glauben, dass er tot ist«, sagte Billy, nach Worten ringend. Er begann zu weinen, rieb sich die Augen mit den Fäusten. »Er war so stark, so
lebendig
 – mir kommt es so vor, als wäre er immer noch da. Wie kann er plötzlich gestorben sein? Er gehört hierher, zu uns.«
    »Niemand hat das Recht, ihn uns einfach wegzunehmen«, schluchzte Peggy.
    »Wir sind eine Familie. Er ist unser Vater«, erklärte Annie.
    »Ich finde es gemein, was sie über ihn sagen«, meinte Billy. »Und jetzt wird es noch schlimmer werden. Ich wünschte, er wäre hier, um sich zu verteidigen.«
    Bay saß inmitten ihrer Kinder, inzwischen trockenen Auges, und drückte sie an sich. Sie empfand das Gleiche – dass der Tod eines Mannes, der im Leben so stark und präsent gewesen war, einfach unfassbar schien. Doch was Billys Wunsch anging, so hätte sich Sean möglicherweise nicht verteidigen können, weil all das zutraf, was gemunkelt wurde.
    Das war die erste Begegnung ihrer Familie mit dem Tod, die erste herzzerreißende Lektion. Es war, als wäre mit Sean auch ein Teil von ihnen gestorben. Und diese Erkenntnis stärkte ihre Entschlossenheit, mehr als je zuvor.
    »Wir werden das durchstehen«, versprach sie.
    »Wie?«, jammerte Peggy.
    »Gemeinsam«, sagte Bay. »Wir sind zusammen, und das zählt.«
    »Aber Daddy nicht. Er ist nicht mehr da«, gab Billy zu bedenken.
    »Das stimmt nicht«, entgegnete Bay. »Er ist immer bei euch. Seine Liebe kann euch niemand nehmen.«
    »Was soll das bedeuten? Er ist tot. Du hast gesagt, er wurde
ermordet.«
    »Liebe stirbt nicht. Und euer Vater hat euch sehr geliebt. Er liebt euch noch immer. Das schwöre ich euch.« Die Worte klangen so grimmig, dass sich die Kinder aufrichteten und sie mit großen Augen ansahen. »Das schwöre ich euch«, sagte sie abermals.
    »Wenn du es schwörst, glaube ich es«, sagte Annie ruhig.
    Bay küsste ihre Kinder. Die Gewalt war in ihr Leben eingebrochen. Sie würde alles tun, um ihre Kinder zu behüten, das Haus mit Liebe zu füllen.
    Das war sie allein schon Annie schuldig, die gesagt hatte:
Wenn du es schwörst, glaube ich es
.
     
    Bereits am nächsten Tag, einem Mittwoch, hatten sich die Neuigkeiten am Strand wie ein Lauffeuer verbreitet. Seans Unfall könnte ein Mord gewesen sein. War
vermutlich
Mord. Und er hatte Kokain genommen. Möglicherweise gab es einen Komplizen bei der Bank. Nachdem man die Topmanager unter die Lupe genommen und von jedem Verdacht ausgenommen hatte, knöpfte man sich nun das Schalterpersonal vor, wenn man den Zeitungsmeldungen Glauben schenken durfte.
Junges, weibliches Schalterpersonal,
wurde am Strand hinter vorgehaltener Hand getuschelt.
    Möglicherweise war Sean auch von jemandem außerhalb der Bank angestiftet worden: Man kannte ja die Geschichte von diesem Bankangestellten in Dallas, der von seiner Frau dazu gebracht worden war, Gelder zu veruntreuen und ihr eine Ölquelle zu kaufen.
    Während Bay in ihrem Liegestuhl saß, musterte sie ihre Nachbarn und fragte sich, wer von ihnen sie wohl für die Drahtzieherin hielt. Sie nahm die Morgenzeitung aus ihrem Strohkorb. Sie versuchte so zu tun, als sei ihr Mann nicht in die Schlagzeilen geraten, bemühte sich, ihre Hände ruhig zu halten, als sie die Rubrik mit den Stellenanzeigen überflog, auf der Suche nach einem Job.
    Tara kam an den Strand, gesellte sich zu ihnen, und die beiden Freundinnen machten einen Spaziergang, marschierten über den harten Sand an der Flutlinie entlang. Ihre Füße hinterließen Abdrücke, und sie gingen langsam, ihrer lebenslangen Gewohnheit folgend, um den Boden nach Schätzen abzusuchen: Muscheln, vom Meer glatt geschliffenes Glas, verlorene Diamantringe. In dem Sommer, als sie beide sechs waren, hatten sie eine Frau weinen hören: Ihr war der Verlobungsring vom Finger gerutscht, als sie aus dem Wasser kam. Sie hatten in all den Jahren nie wirklich aufgehört, nach ihm Ausschau zu halten.
    »Wie geht es dir?«, fragte Tara.
    »Bestens«, erwiderte Bay in einem Tonfall, den ihre Freundin sofort als »absolut

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