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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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im Moment das Wichtigste in Annies Welt war.
    »Das kleine Boot gefällt mir«, flüsterte Eliza.
    »Es erinnert mich an meinen Vater.« Annie begann zu weinen. »Ich habe es für ihn gemacht.«
    »Ich wette, er hat es geliebt«, flüsterte Eliza und nahm Annies Hand. »Mehr als alles andere auf der Welt.«
     
    Dan und Bay standen in der Küche, umgeben von Leuten, die er vage wiederzuerkennen glaubte, aus der Zeit, als er während des Sommers in Hubbard’s Point gearbeitet hatte. Es war ein seltsames Gefühl, nach so vielen Jahren zurückzukehren, und er fragte sich insgeheim, warum er wirklich gekommen war. Er hatte damals einen Ferienjob am Strand gehabt, bevor er seine eigene Firma gründete. Er war fünfzehn Meilen weiter östlich aufgewachsen, in der Nähe von Mystic – am anderen Ufer des Thames River, aber Welten entfernt; nach der Heirat mit Charlie hatte er sich dort niedergelassen. Vielleicht hatte er die ganze Zeit unbewusst vermieden, hierher zurückzukommen … Die Leute, die in der Küche standen, bedienten sich selbst, nahmen sich Kaffee oder Eistee vom Frühstückstresen und spähten neugierig zu ihm herüber.
    »Sie fragen sich, woher sie dich kennen«, sagte Bay.
    »Von der Uferpromenade, vor ungefähr hundert Jahren. Bei deren Bau du mir geholfen hast.«
    Er sah, wie sie sich ein Lächeln abzuringen versuchte. Es gelang ihr nicht ganz. Sie wirkte verändert seit ihrem Besuch in der Werkstatt. Ihre Augen hatten einen verwundeten, wachsamen Ausdruck. Er erinnerte sich mit einem Anflug von Bedauern an das heitere junge Mädchen, das ihm vor langer Zeit viele Stunden am Strand Gesellschaft geleistet hatte, das ihn den Mond lieben gelehrt hatte.
    Sie war etwas Besonderes gewesen, und das war sie heute noch. Wärme und Harmonie umgaben sie – ihre grauen Augen blickten traurig, strahlten aber noch genauso wie früher, ihre Haare waren von Sonne und Salz ausgeblichen. Ihr Haus war von Liebe durchdrungen – voller Erinnerungen an ihre Familie und den Strand. Er sah Körbe mit Muscheln und Heidekraut, Basketball- und Baseball-Trophäen auf einem Regal, glatt polierte Steine, von den Kindern bemalt, Treibholz, geglättet von den Wellen. Er konnte nicht umhin, einen Blick auf ihre Füße zu werfen. Sie war immer barfuß gegangen, sogar an Regentagen, und er erwartete halb, sie auch jetzt ohne Schuhe zu sehen.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Oh, nichts«, erwiderte er verlegen.
    »Du hättest nicht kommen müssen.«
    »Ich weiß.«
    »Aber ich bin froh, dass du da bist.« Ihr Blick schweifte zur Treppe, die Eliza hinaufgegangen war, auf der Suche nach Annie. »Ich wüsste gerne, wie die beiden miteinander zurechtkommen.«
    »Eliza wollte Annie kennenlernen.«
    »Wie lieb von ihr. Wirklich außergewöhnlich für ein Mädchen in ihrem Alter, derart auf Menschen zuzugehen«, sagte Bay.
    »Eliza ist in jeder Beziehung außergewöhnlich.«
    »Es muss furchtbar schwer sein, ohne Mutter.«
    »Schwer für uns beide«, versetzte Dan.
    »Ich mag gar nicht daran denken, was noch vor uns liegt.«
    Dan dachte an Charlie, wie dunkel die Welt nach ihrem Tod für lange Zeit geworden war – nur wenige Menschen, nicht einmal diejenigen, die ihm nahestanden, kannten seine wahren Gefühle. Und niemand, vielleicht mit Ausnahme seiner Tochter, ahnte, was in ihm vorging. Er konnte sich vorstellen, was auf Bay zukam – mit dem Verlust eines Ehemanns, für den sie
bestenfalls
gemischte Gefühle hegte –, und wünschte, er könnte sie davor bewahren.
    »Ich weiß nicht, wie ich dir helfen könnte, darüber hinwegzukommen, aber …«
    Sie blinzelte, sah ihn an, als spräche er eine ihr unverständliche Sprache.
    »Ich weiß natürlich, dass niemand ihn ersetzen kann.« Dan dachte an Charlie, an die Lücke, die ihr Tod hinterlassen hatte, wie ein riesiges Loch am Firmament.
    Bay schwieg immer noch. Aber er sah, wie ihre Augen sich mit Tränen füllten; als er gekommen war, hatte sie auch geweint.
    »Er ist dein Mann, ich weiß.« Dan wollte Bays Hand ergreifen, doch sie ballte die Fäuste, das Gesicht vor Qual verzerrt. »Bay, ich habe das Gleiche erlebt – lass mich dir helfen.«
    »Du hast nichts dergleichen erlebt.« Tränen rannen über ihre Wangen.
    »Ich habe meine Frau verloren –«
    »Aber du hast sie geliebt«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Du hast Charlie über alles geliebt … das hört man, sieht man dir an … du hast sie geliebt … hast sie angebetet … aber ich …«
    Dan blickte in ihre

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