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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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durch die Union Station – den höhlenartigen Bahnhof von H. H. Richardson, einem Wahrzeichen der Stadt aus rotem Backstein –, und auf dem Gipfel des Hügels das elegante, 1784 erbaute Gerichtsgebäude. Ganz aus Holz, mit weißen Schindeln und schwarzen Fensterläden, wirkte es zu pittoresk und anmutig, um als Schauplatz für Mordprozesse zu dienen.
    Joe gefiel New London. Ihm gefiel die Küste überhaupt. Jeder Ort, an dem Tara O’Toole lebte, wäre für ihn annehmbar gewesen. Der Höhepunkt dieser Ermittlung war, dass er in Andy’s Records Tara über den Weg gelaufen war.
    Bay McCabe fand er ebenfalls sympathisch. Sie waren Freundinnen, konnten von Glück sagen, dass sie einander hatten. Tara war ein Mensch mit eigenwilligem Charakter: raue Schale nach außen, und innen butterweich, loyal, verletzlich. Joe kannte diesen Typ. Kannte ihn nur allzu gut. Er lebte in Southerly, wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, Betrugsdelikte in einer Bank in Black Hall aufzudecken, aber er stellte fest, dass er Dan Connolly beneidete, auch wenn er jetzt im Wagen saß und nichts weiter zu tun hatte, als in den Rückspiegel zu blicken.
    Der Mann war ein Glückspilz – oder so schien es zumindest. Sean McCabe allerdings auch. Beide hatten, zu unterschiedlichen Zeiten, Bays Zuneigung gewonnen. Ob Dan gewusst hatte, dass sie in ihn verliebt gewesen war? Das war eigentlich für jeden offensichtlich, der die Briefe las.
    Joes Ermittlungen hatten Unregelmäßigkeiten in der Treuhand- und in der Kreditabteilung der Shoreline Bank ans Tageslicht gebracht. Von zwei Treuhandkonten war Geld verschwunden, ein Gesamtverlust von mehr als fünfhunderttausend Dollar. Während er die Bankunterlagen durchforstet hatte, um dem Täter auf die Spur zu kommen, war Joe auf ein weiteres Treuhandkonto gestoßen, den Eliza Day Trust.
    Vor achtzig Jahren von Obadiah Day angelegt, war er zunächst in den Besitz seiner Frau Eliza übergegangen und danach an seine Tochter vererbt worden – Dan Connollys Frau Charlotte; nun gehörte er seiner Enkelin, der jungen Eliza. Das Treuhandvermögen belief sich auf neun Millionen Dollar.
    Die Zinsen wurden vierteljährlich gezahlt. Bis zu ihrem Unfall hatte Charlotte als einer der beiden Treuhänder fungiert, der andere war Sean McCabe gewesen. Nun hatte Mark Boland die Aufgabe des Vermögensverwalters übernommen, wie Connolly gesagt hatte. Aber erst nach McCabes Tod. Und Daniel Connolly war nach Charlottes Unfall Treuhänder geworden. Warum hatte er nicht erwähnt, dass Sean bis zu seinem Tod im Juni Treuhänder gewesen war?
    Was, wenn die Geschichte in Zusammenhang mit den Finanzmanipulationen stand, die vor dreizehn Monaten entdeckt worden waren?
    Genau zu dem Zeitpunkt, als Charlotte Connolly gestorben war.
    Durch die Ermittlungen im Fall McCabe hatten sich Abgründe in der Shoreline Bank aufgetan. Joe suchte nach einem UNSUB  – einem nicht identifizierten Subjekt: mit anderen Worten, nach einem unbekannten Komplizen. Er war sich nicht sicher, wer oder warum oder wie diese Person McCabe geholfen hatte, oder ob sie überhaupt existierte.
    Er wusste nur, dass in zwei Abteilungen Gelder veruntreut worden waren: in der Kreditabteilung und in der Treuhandabteilung.
    Und obwohl das Geld bereits nach kürzester Zeit zurückgezahlt und das Vermögen von Eliza Day wieder in voller Höhe aufgestockt worden war – gab es Unterlagen als Beweis für diese Transaktionen.
    Bob Dylans
Oh Mercy
war auf Joes CD -Spieler gelaufen; inspiriert von Connollys T-Shirt, nahm er die Scheibe nun heraus und legte Springsteens
The Rising
auf. Er wartete und beobachtete, ließ die Musik auf sich wirken.
    Und dann wurde seine Geduld belohnt: Dan Connolly war im Aufbruch begriffen.
    Er trat aus dem Bootsschuppen, schloss die schwere Tür hinter sich und sperrte ab. Dann ging er über den Parkplatz und stieg in seinen Pick-up. Er bog in die Straße ein, fuhr unmittelbar an Joes Wagen vorbei nach Westen, in Richtung Shore Road.
    Er wohnte im Osten der Stadt, auf der anderen Seite der Gold Star Bridge, in Mystic, und so konnte Joe nur raten, wohin Dan unterwegs war. Er hatte keinen handfesten Grund, sondern nur eine Vorahnung aus reinem Instinkt, für die Annahme, welches Ziel Connolly anpeilte. Vielleicht hätte er sich an seiner Stelle genauso verhalten.
    Die Fahrt dauerte etwa zwanzig Minuten.
    Es herrschte wenig Verkehr. Mit dem Sommer war auch die Masse der Touristen verschwunden. Die Route 156 war beinahe leer, abgesehen

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