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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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bergab. Und da haben die Leute noch Geld für hübsche Holzboote?«
    »Scheint so.«
    »Wie war das vor zwölf, dreizehn Monaten? Wie stand es damals um Ihre Firma?«
    Worauf will er hinaus?
, überlegte Dan. »Gut«, erwiderte er. »Ich habe die Talsohle hinter mir. Und bin immer noch im Geschäft, wie Sie sehen.«
    »Gut zu hören. Und danke, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben. Hier ist meine Karte – rufen Sie mich an, falls Ihnen noch etwas einfällt.«
    »Mache ich.« Dan warf einen Blick auf die Visitenkarte des Agenten, die dieser auf den Bug des kleinen Bootes gelegt hatte. Er streckte die Hand danach aus, dann zuckte er entschuldigend die Schultern – seine Finger waren mit Flecken vom getrockneten Epoxidharz und Bootslack übersät.
    Er konzentrierte sich wieder auf die Arbeit, vermied es krampfhaft, den Kopf zu heben und dem Agenten nachzusehen, der sich nun entfernte. Seine Hände zitterten. Dieser Fremde mit seinen persönlichen Fragen weckte in ihm das Bedürfnis, in eines seiner selbst gebauten Boote zu steigen und davonzusegeln. Er war wie Bay; er wünschte sich nichts sehnlicher als ein einfaches, unkompliziertes Leben und eine ungestörte Privatsphäre.
    Schließlich hörte er, wie der Agent den Motor anließ; Muschelschalen knirschten unter den Reifen, als der Wagen über den Parkplatz fuhr. Nach ein paar Minuten kehrte wieder Ruhe auf der Werft ein. Keine Grabesstille – die gab es nie. Immer waren die Geräusche von Elektrowerkzeugen zu hören, Schiffsmotoren, die Schreie der Seemöwen, der Zug, der in New London ankam, das Läuten, wenn sich die Schranken am Bahnübergang schlossen.
    Und sein eigenes Blut, das ihm in den Ohren rauschte. Irgendwie war er mitten in ein Drama geraten, in dem er keine Rolle spielen wollte.
     
    Joe Holmes verließ den Parkplatz von Eliza Day Boat Builders mit einem flauen Gefühl. Es drängte ihn, an den Straßenrand zu fahren und in den Rückspiegel zu schauen. Er hielt vor dem Chirpy Chicken an der Bank Street. Es befand sich in einer Umgebung mit einem ganz eigenen, unverkennbaren Charakter. Vor zwei Abenden, als er ganz im Stil der Gesetzeshüter in der Werft herumgekurvt war und auf eine Eingebung gehofft hatte, war er in das Vergnügungsviertel an der Bank Street geraten.
    Es als »heruntergekommen« zu bezeichnen, wurde ihm nicht gerecht. Die Lichter tauchten die Szenerie in einen warmen, orangefarbenen Schein. Hier und da wechselten Drogen den Besitzer, an der Straßenecke standen ein paar käufliche Mädchen, und es gab einen Laden mit reizvoll verdunkelten Fenstern und dem Schild »Book and Mag« über der Tür.
    Andererseits besaß das Viertel eine unverkennbare, maritime und literarisch angehauchte Atmosphäre. Joe konnte sich ohne weiteres vorstellen, wie Eugene O’Neill hier seine Studien trieb und alles wie ein Schwamm aufsaugte, Absinth und Morphium, das menschliche Elend und die grenzenlose Sehnsucht des Herzens: der Stoff, aus dem Literatur und FBI -Ermittlungen gemacht sind.
    Dort drüben war das imposante Custom House aus massivem Granitgestein, das älteste Zollgebäude der Nation; eine Reihe Backstein- und Schindelhäuser; der anheimelnde Buchladen mit integriertem Café aus Backstein; die kleinen Restaurants; die Saloons – wo Joe gerne ein paar gehoben hätte – und gepflegte Bars wie The Roadhouse und das Y-Knot.
    Salzige Luft wehte vom Atlantik herüber, durch The Race – die Stromschnellen am Thames River, wo der Atlantische Ozean und der Long Island Sound zusammentrafen. Joe konnte den Ledge Light ausmachen, den viereckigen Backstein-Leuchtturm an der Einfahrt zum Fluss, und den Chemiekonzern Pfizer mit seinen Schornsteinen, Labors und Büros am anderen Flussufer, und Electric Boat, mit seinen von Atomkraft angetriebenen Unterseebooten.
    Züge verkehrten im Uferbezirk, pendelten zwischen Boston und New York hin und her; Fähren überquerten den Sund, so dass beinahe ständig eine Kakophonie aus Pfeiftönen und knirschendem Räderwerk, Hörnern und Glocken zu hören war, die Geräusche des Reisens, eine gemischte Botschaft, in der sich Freude, Dringlichkeit und der Kummer des Abschiednehmens paarten.
    Joes Ermittlungen hatten ihn im Laufe der Jahre in viele Kleinstädte geführt, aber keine hatte ihn so fasziniert wie New London. Ein Sammelbecken der Sehnsüchte. Die Straßen waren mit Blut, Bier, Walfischtran und Begehren getränkt.
    Der Ancient Burial Place, das Huguenot House; die State Street, verbunden in der Senke

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