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Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Titel: Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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würde dann mit wenigen ausgewählten Gästen Einweihung gefeiert – so in etwa der grobe Fahrplan für dieses zweite Wochenende nach Maltriner Zeitrechnung.
    Jörg hatte sich für eine dialektische Art des Ankommens entschieden, die vorsah, dass er sich auf dem Seeweg erst mal direkt wieder davonmachte. Er hatte den Außenbordmotor, der zum Gesamtpaket unseres Hauskaufs dazugehörte, am Einzugswochenende mit nach Berlin genommen, ihn in seinem Atelier wieder fit gemacht und wollte ihn nun gleich mal anschmeißen. Nach Jahren mühsamen Ruderns in Zechlin konnte Jörg, der es gerne geruhsam anging, diese erste Außenboard-Erfahrung kaum noch erwarten. Auch Andine, Fabian, Niels und mir gefiel der Gedanke, uns für eine Weile aus dem Staube unseres Gartens zu machen und auf dem Maltriner See in die Abendsonne zu tuckern. Wir schleppten den Motor über den »Ho-Chi-Minh-Pfad«, eine Schneise, die Konrad im Laufe der Woche durch unseren Dschungel hinter der Scheune geschlagen hatte, und schraubten ihn am Boot fest.
    Niels riss am Startseil: Nichts. Er riss noch einmal: Nichts. Fabian und ich gaben von der Mittelbank des Boots aus Tipps.
    »Vielleicht mal kräftiger?«
    »Vielleicht mal nicht ganz so doll?«
    Niels riss – nichts.
    »Vielleicht mal lieber eine Pause machen, damit er nicht absäuft.«
    Während Jörg am Motor herumtüftelte, trieb das Boot unmotorisiert durchs Schilf, woran wir Passagiere bald Gefallen fanden. Andine ließ am Bug die Beine ins Wasser baumeln und nippte an einem Glas Rotwein. Die Sonne stand tief über den Hügeln am anderen Ufer und überzog die ganze Szenerie mit einem angenehm gelblichen Farbschleier, wie er alten amerikanischen Spielfilmen zu eigen ist. Fabian schlug Jörg vor, statt weiter am Motor herumzubasteln, besser mal einen zu bauen, da er das offensichtlich besser draufhabe. Jörg schlug Fabian vor, statt Kommentare abzugeben lieber die schöne Atmosphäre zu genießen, von der man genauso high werden könne. Ich empfahl der Runde, sich mal klarzumachen, dass wir gerade auf unserem eigenen Boot an unserem eigenen Haus am See saßen – ob mit oder ohne Antrieb. Und dass wir doch alle Zeit der Welt hatten, diesen Motor wieder auf Trab zu bringen.
    »Ob er dieses Jahr anspringt oder nächstes Jahr«, sagte ich, »was bedeutet das auf lange Sicht schon? Irgendwann werden wir hier noch mit unseren Rollatoren auflaufen, Leute, und selbst dann können wir noch Bötchen fahren.«
    »Die Geduld hab ich glaub ich nicht«, maulte Jörg.
    Niels riss abermals vergeblich am Startseil.
    »Wir haben übrigens Publikum«, sagte Andine.
    Ein älteres Ehepaar, das die nahe gelegene Datsche bewohnte, stand in Raschel-Jogginganzügen und mit Zigarette auf der Veranda und sah uns paffend zu. Halb belustigt, halb missmutig, so ganz nach Rentnerart.
    »Nicht irritieren lassen, Niels, zieh, zieh, zieh«, schrie Andine. »Komm, sei unser Held!«
    Niels stemmte einen Fuß gegen die Bootswand, krümmte seinen Oberkörper tief zusammen, verharrte für einige Sekunden in dieser Igelhaltung – und ließ seinen Körper dann explosionsartig wieder auseinanderschnellen – wobei er wie ein Besessener am Startseil riss. Dann machte es uunnnzt! Und bei mir ging das Licht aus.
    Vielleicht war es eine synästhetische Täuschung, und mein Gehirn hatte, um die kinetische Wirkung dieses Schlags in mein Gesicht noch besser zur Geltung zu bringen, ihn zusätzlich in ein Geräusch umgemünzt. Für mich jedenfalls klang es wie ein Punchsound aus einem Bud-Spencer-Film, als Niels’ Handrücken in mein Gesicht krachte. Und genauso schmerzte es auch. Als ich wieder zu mir kam, hatten die anderen noch gar keine Notiz von meinem Knock-out genommen. Wie durch Watte drang nur der Jubel über den angesprungenen Motor zu mir durch. Es fühlte sich an, als würde Niels weiterhin seine Hand in mein Gesicht drücken. Aber das konnte nicht sein: Er hatte nun den Steuerknüppel des Außenborders fest im Griff und drehte den Motor bis zum Anschlag auf. Die Raschelrentner zündeten sich die nächste Zigarette an und folgten uns mit Blicken. Mit Vollgas tuckerten wir ins Abendrot.
    »Wenigstens einmal durch den Kanal in den kleinen Nachbarsee«, gab Jörg die Route bekannt. Andine stieß einen theatralischen Schrei aus, als sie entdeckte, dass aus meiner Nase ein rotes Rinnsal tröpfelte und das Blut am Boden des Boots eine rosafarbene Pfütze bildete. Niels dämmerte, was er getan hatte, und bat verzagt um Verzeihung. Fabian reichte

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