Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
wirklich nicht einatmen! Und da vorn hinterm offenen Fenster schlafen die Kinder.«
Olli antwortete nicht den beiden, sondern direkt Jörg und mir: »Ihr solltet euch mal erkundigen, ob man sich eine Beziehung mit Simone und Elke nicht als freiwilliges ökologisches Jahr anerkennen lassen kann. Macht sich gut im Lebenslauf.«
Ja doch, von Sottisen dieser Art abgesehen stand im Widerschein des Feuers alles wieder zum Besten. Die Augen waren geöffnet für das, was wir Unser nennen konnten: ein beträchtliches Stück Uckermark, das sich gehörig weiterentwickelt hatte – das sich »gemacht« hatte, wie man so sagt.
»Wenn man das Glück immer nur in der Zukunft vermutet, statt es in dem zu finden, was man hat, ist man doch sowieso verloren«, räsonierte ich.
Gewiss, die Sanierungsarbeiten im Wohnhaus verharrten derzeit in einem wunderlichen Schwebezustand, und das Haus war innenarchitektonisch betrachtet gewissermaßen lost in transformation . Aber ebendies konnte man auch als seinen besonderen Charme betrachten. Sicherlich, Gartenarbeit auf sechstausend Quadratmetern war ein weites Feld. Aber die Tiergartenmischung verdeckte über kurz oder lang alles mit ihrem gnädigen Grün, und an einigen Stellen hatten sogar ein paar Neuanpflanzungen den Allesmäher überlebt. Was die Feldsteinscheune betraf, einigten wir uns, dass man die größeren Brocken Arbeit, die nun anstanden, wohl doch besser in professionelle Hände legte. Konrad und Fabian pfiffen aus dem letzten Loch und durften sich mit Ylvas Segen aus Schröders Kartei nun ein festes Team von Helfern zusammentelefonieren.
Das war die eine Maßnahme, mit der wir die deutlich gewordenen Schwächen unserer Schwarmintelligenz abfedern wollten. Die andere, auf die wir uns beim Knistern von brennenden Resopalplatten einigten, war: klarere Zuständigkeiten von kleinen Teams, damit man sich nicht ständig ins Gehege kam. Task Forces sollte es geben, die mehr Entscheidungsbefugnis erhielten. Alle überall mitmischen wie beim Innenanstrich – das wollte niemand mehr, weil das den Prozess zu sehr lähmte.
»Grundlegende Entscheidungen zusammen treffen, ja«, schlug Niels vor, »aber die konkrete Ausführung und Umsetzung dann drei bis vier Leuten überlassen. So werden Entscheidungen zügig umgesetzt, und es gibt Freiraum zum Gestalten für die jeweils Verantwortlichen.«
Rund ums Lagerfeuer wurde heftig genickt.
Und so lenkte ich die Diskussion sogleich wieder fort von den langweiligen Details der Gruppenorganisation hinüber zu erhabeneren Themen. Angefeuert von der Lagerfeueratmosphäre versuchte ich mich an einer allgemeinen Reflexion der segnungsvollen Wirkungen von Landarbeit für uns Städter. Arbeit an Haus und Hof, bemerkte ich, ist ja gerade deshalb so ein herzerfrischender Kontrast zu unseren abstrakten Denkerjobs, weil Arbeit und Frucht der Arbeit endlich einmal einen spürbaren Zusammenhang bildeten. Auch barg die jeweilig anstehende Aufgabe so ein wundervoll zwingendes Element in sich.
»Holz muss gehackt und in den Schuppen zum Trocknen gelegt werden, damit es im nächsten oder übernächsten Winter wieder warm wird in der Bauernstube. Ohne Wenn und Aber«, postulierte ich. »Also meine These ist: Beim Holzhacken hinterm Schuppen ist die Seele auf Heimaturlaub.«
»Wobei«, überlegte Konrad laut, »ich denke ja ehrlich gesagt schon länger darüber nach, ob wir nicht doch zum nächsten Winter eine Zentralheizung einbauen sollten.«
Die Flammen hatten sich gelegt. Es flirrte rot-weiße Glut.
Am nächsten Morgen kam Wolfgang Schröder mit Hund Paula mal wieder zum Gartentor herein. Inzwischen war das Verhältnis derart gutnachbarlich, dass Wolle sich alle Höflichkeiten sparte. Ohnehin war er der Typ, der lieber gleich zum Punkt kam.
»Glückwunsch zu eura schicken Terrasse. Von da könnta den See wenichstens ooch noch sehn, wenn der Krösus ausm Nachbahdorf den Teich jekooft hat.«
WENIGER DEMOKRATIE WAGEN
Konrad, der die Arbeiten unserer Helfer aus dem Dorf koordinierte und daher auch wochentags in regelmäßigem Telefonkontakt mit ihnen stand, verkehrte bald auf dem besten Fuße mit den neuen Teilzeit-Hofangestellten. Floss auch blaues Blut in seinen Adern, der Gestus aristokratischer Distanzierung gegenüber dem »Personal« war ihm fremd. Man schnackte, rauchte und diskutierte über einzusetzende T-Träger, Bleche und Fundamente – dass sich die Scheunenbalken nur so bogen. Und immer mal wieder sprachen sie auch über jenen Spross einer
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