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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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nicht, dass er erleichtert war. Noch nicht.
    »Wo ist Alex?«, fragte ich.
    Ich sah ihn nicht an, sondern starrte auf das hellblaue Wasser des Swimmingpools, aber keine seiner Bewegungen entging mir. Und tatsächlich rutschte er ein wenig auf dem Stuhl hin und her, er beugte sich vor, strich sich mit der Hand übers Gesicht und lehnte sich dann wieder zurück.
    »Oben«, sagte er; er schlug das rechte Bein über das linke. Er verzog dabei keine Miene. »Er schläft. Willst du noch einen?« Er hatte die Whiskyflasche vom Boden genommen und hielt sie über mein Glas.
    »Okay. Hat er noch irgendetwas zu dir gesagt?«
    Ralph schenkte sich selbst ein, bevor er antwortete. »Er ist ziemlich durcheinander. Er fühlt sich schuldig. Ich habe ihm gesagt, dass es dafür keinen Grund gibt.«
    Ich holte tief Luft und nahm einen Schluck. Die Eiswürfel waren geschmolzen, der Whisky schmeckte wässrig und lau.
    Wieso keinen Grund? Vielleicht hat er allen Grund, sich schuldig zu fühlen.
    Das hätte ich sagen können, aber ich tat es nicht. Ich fühlte, wie mein Gesicht heiß wurde, das war nicht gut. Ich musste einen kühlen Kopf bewahren. Im wahrsten Sinne des Wortes.
    »Nein, er braucht sich nicht schuldig zu fühlen«, sagte ich. »Ich glaube nur, dass er etwas gesehen hat, etwas, was er sich nicht zu sagen traut. Gerade weil er sich schuldig fühlt.«
    »Und was soll er gesehen haben?« Ralph setzte sich wieder anders hin und nahm schnell einen Schluck von seinem Whisky. Dann noch einen. Nach seiner Körpersprache zu urteilen, verschwieg auch er mir etwas. Vielleicht wollte er aber auch nur seinen Sohn in Schutz nehmen.
    Mir fiel noch etwas ein, woran ich merkwürdigerweise bisher nicht gedacht hatte. Dass Julia sich an nichts mehr erinnerte, hatte ich Ralph nicht gesagt. Und auch Alex nichtoder sonst jemandem. Außer Caroline und mir wusste niemand davon. Oder? Ich versuchte mich zu erinnern. Wer war wann unten in der Wohnung gewesen und wer nicht?
    Alle hatten uns möglichst in Ruhe gelassen und möglichst wenig Fragen gestellt. Judith … Nachdem sie Thomas ins Bett gebracht hatte, war sie wieder nach unten gekommen und hatte sich erkundigt, ob wir von Julia inzwischen mehr erfahren hätten. Sie habe einen Schock erlitten, hatten wir geantwortet. Sie wisse nichts mehr. Wahrscheinlich sei ihre Erinnerung blockiert, hatte ich gesagt, das komme bei so was öfter vor. Wir hatten geflüstert. Julia hatte ihre Augen halb geöffnet, und wir hatten nicht weiter darüber geredet. Emmanuelle hatte keine Fragen mehr gestellt und auch Stanley später nicht. Es war sehr gut möglich, dass Judith Ralph von dem Gespräch erzählt hatte. Trotzdem … War es wahrscheinlich, dass sich Ralph mit einer Flasche Whisky zu mir setzen würde, wenn es nur noch eine Frage der Zeit war, bis Julia ihren Vergewaltiger identifizieren würde?
    Es sei denn … Ich fühlte das Blut in meinen Schläfen pochen. Es sei denn, Julia war bereits bewusstlos gewesen. Man las ja darüber. Über K.-o.-Tropfen, die Mädchen ins Getränk gemischt wurden. Sie wurden schneller betrunken, aufgekratzter, gefügiger oder gänzlich betäubt. Sie verloren jede Hemmung und gingen einfach mit wildfremden Männern mit. Manchmal war die Kombination von Alkohol und Pillen so stark, dass sie das Bewusstsein verloren.
    Ich sträubte mich vergeblich gegen diese Vorstellung. Ein Mann – ein erwachsener Mann aller Wahrscheinlichkeit nach –, der sich über ein bewusstloses dreizehnjähriges Mädchen hermacht. Krankhaft, sagen die Leute. So jemand ist krank. Doch das stimmt nicht. Es ist keine Krankheit. Krankheiten kann man heilen oder jedenfalls behandeln. Aber hier lag ein Defekt vor, ein Konstruktionsfehler. Ein Erfrischungsgetränk explodiert und wird aus dem Handel genommen. Dasmüsste man mit diesen Männern machen. Nicht behandeln, sondern aus dem Verkehr ziehen. Den ganzen Posten vernichten. Kein Begräbnis. Keine Einäscherung. Wir wollen nicht, dass die Asche sich mit der Luft vermischt, die wir einatmen.
    Ich kniff die Augen zusammen, das heißt, nur das rechte, das andere war immer noch geschwollen. Es tat zwar nicht mehr weh, aber ich kriegte es einfach nicht mehr auf. Vorsichtig zog ich an den Wimpern, rieb das geschlossene Lid, drückte mit den Fingerknöcheln darauf, aber das Auge blieb zu. Das verhieß nichts Gutes. Ich würde mir noch etwas einfallen lassen müssen, bevor wir losfuhren. Was ist mit deinem Auge passiert? Diese Frage hatte mir inzwischen jeder

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