Sommerhaus mit Swimmingpool
gestellt. Hilfe angeboten hatte nur Caroline. Ich hatte sie etwas zu schroff abgelehnt.
Ich schaute kurz auf den massigen Körper des Schauspielers neben mir. Er saß vornübergebeugt, die Ellenbogen auf den Knien, den Kopf in die Hände gestützt. In ein paar Stunden würden wir fort sein. Die ersten vierundzwanzig Stunden sind entscheidend, hatte Caroline gesagt. Ich musste ihn jetzt ausfragen. Wenn ich es später tat, hatte er über alles nachdenken können, dann hatte er bestimmt auf alle Fragen eine schlüssige Antwort. Jetzt war es fünf Uhr in der Früh, und er hatte eine Menge intus.
»Was ging eigentlich in dir vor, als du das Mädchen umgehauen hast?«, fragte ich in ruhigem Ton.
Es blieb ein paar Sekunden still.
»Wie bitte? Was hast du gesagt?«
»Ich würde gerne wissen, was dir durch den Kopf ging, als du dem norwegischen Mädchen eine verpassen wolltest?«
Er schnaufte ziemlich laut und sah mich von der Seite an. Ich erwiderte seinen Blick, ich hielt ihn fest, wie man so sagt. So gut das eben ging mit einem Auge.
»Willst du mich auf den Arm nehmen?« Er grinste, aber ich grinste nicht zurück.
»Ist das deine übliche Reaktion, wenn eine Frau, ein Mädchen in diesem Fall, dir einen Korb gibt? Sie krankenhausreif schlagen?«
»Marc! Bitte! Wer hat denn wem eine verpasst? Und das sagst du? Krankenhausreif schlagen …« Er rieb sich wieder mit schmerzverzerrtem Gesicht das Knie. Ich fiel darauf nicht rein, ich durchschaute ihn, er versuchte, anderen den Schwarzen Peter zuzuschieben und sein Verhalten zu bagatellisieren, aber es gelang ihm nur halb. Seine wässrigen Augen hatten etwas von einem zugefrorenen Teich, auf dem eine dünne Wasserschicht lag: Darunter war das Eis steinhart. Ich hatte diesen Blick schon mal gesehen, das eine Mal, als er beim Tischtennisspielen einen Smash versucht hatte, und das andere Mal, als er ausgerutscht war, in den ersten Sekunden, als noch niemand zu lachen gewagt hatte: Er hatte nur den Schmerz gespürt und sich noch nicht unter Kontrolle gehabt.
»Julia hat es mir erzählt. Was du gemacht hast.«
Ich sah ihm direkt in die Augen. Durch das Wasser hindurch sah ich das Eis. Ich prüfte seine Dicke.
»Wie bitte?«, fragte er.
»Du weißt genau, wovon ich rede, Ralph. Ich habe erlebt, wie du Frauen anschaust. Alle Frauen, ungeachtet ihres Alters. Heute Abend habe ich auch erlebt, wie du reagierst, wenn die Frauen nicht genau das machen, was du willst.«
Seine Körpersprache drückte diesmal nichts aus, es sei denn, man fasste ihr Fehlen auch als Signal auf. Er starrte mich mit unbewegter Miene an.
»Was hat Julia dir erzählt?«
»Dass du ihr die Hose heruntergezogen hast. Und dass sie das überhaupt nicht angenehm fand.«
»Was? Hat sie das gesagt? Herrgott noch mal …« Er schlug mit der Faust auf sein Knie. »Das war ein Spiel, Marc! Ein Spiel! Wir haben uns gegenseitig die Badehosen runtergezogen. Alex, Thomas, Lisa, sie auch. Sie hat mir die Badehose runtergezogen. Wir haben uns schiefgelacht. Wer sie verlor, musste tauchen und ein Geldstück vom Boden holen. Jesses! Es war ein Spiel. Und jetzt sagt sie … Sagt sie jetzt, dass ich …? Ach, zum Teufel, das hast du dir ausgedacht, oder?«
Ich spürte mein Herz wie verrückt hämmern. Doch ich durfte mir nichts anmerken lassen. Es gab kein Zurück mehr.
»Und hältst du das für normal, Ralph? Hältst du es für normal, wenn ein erwachsener Mann einem Mädchen die Hose runterzieht? Ich meine, vielleicht hätte ich es vor ein paar Tagen noch normal gefunden, aber nach dem, was gestern Abend am Strand passiert ist, nicht mehr.«
Die Farbe seiner Augen änderte sich auf einmal. Als wäre alles Feuchte in ihnen mit einem Schlag verdampft. Ich sah in dem Weiß seiner Augen nur noch die roten, verästelten Äderchen.
»Worauf willst du hinaus, Marc? Willst du aus etwas, was völlig harmlos war, etwas Dreckiges machen, nur weil bei deiner Tochter die Hormone anfangen verrücktzuspielen und sie es auf einmal bereut, bei einem Spiel mitgemacht zu haben, das ihr Spaß gemacht hat? Ich schwöre dir, ich hätte sofort damit aufgehört, wenn ich gemerkt hätte, dass sie es unangenehm findet. Ich schwöre es.«
Ich musste schlucken, aber es gab nichts zu schlucken, mein Mund war so trocken wie die Wüste Gobi.
»Was hast du gesagt? Was hast du da über Hormone gesagt?«
»Das ist doch so klar wie nur was! Mensch, Marc! Alex war ihr erstes Opfer. Erst verdreht sie ihm den Kopf, und dann zeigt sie ihm die
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