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Sommerhit: Roman (German Edition)

Sommerhit: Roman (German Edition)

Titel: Sommerhit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Liehr
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Wort »Cool« enthielten. Zwischen dem ersten und dem zweiten Stück, bei abgesenkter Bühnenbeleuchtung, blinzelte ich, um die erste Reihe erkennen zu können. Da standen Jugendliche. Kids. Auszubildende. Sehr junge Frauen mit Uschifrisuren. Junge Männer in Muscleshirts. Ich hielt vergeblich nach Menschen meines Alters Ausschau – die standen vermutlich zehn Meter entfernt und wunderten sich ebenso wie ich.
    Irgendwann in der Mitte des Sets war ich kurz davor, diejenigen im Saal, die kein einziges Album von mir besaßen, zu bitten, die Räumlichkeiten doch zu verlassen. Mit jedem Stück wurde es vorne unruhiger, und ich spürte deutlich, dass die Fraktion dahinter, die echten Martin-Gold-Fans, versuchten, dagegen anzuklatschen.
    Also verzichtete ich darauf, etwas zu »Ehrlich« zu erklären, und sagte stattdessen: »Liebe Leute, ich freue mich außerordentlich, dass ihr hier seid. Ich möchte euch aber bitten, nicht mehr nach »Cool sein« zu rufen. Wie schon im Vorfeld angekündigt, werde ich dieses Stück
nicht
…«
    Der Rest versank im Lärm. Es gab ein mordsmäßiges Geschrei, bösartiges Gestampfe, Plastikbecher und andere Gegenstände flogen auf die Bühne. Der Schlagzeuger bekam etwas gegen die Brust, das ich im Vorbeifliegen für einen Schuhhielt. Mike neben mir duckte sich andauernd. Ich bekam ein paar Becher ab. Fassungslos starrte ich ins Gegenlicht und war kurz davor, den Gig abzubrechen.
    Mike war an mich herangerückt.
    »Hendrik kann etwas auf den Keyboards improvisieren, der
    Rest ist simpel. Der Lichtmensch wird schon darauf reagieren. Lass es uns einfach spielen, verdammt. Davon stirbst du nicht.«
    Ich wollte »Doch!« sagen, nickte aber nur, kämpfte gegen Wut und ein lähmendes Gefühl an, das noch viel schlimmer war.
    Mein Freund und Bassist hatte die anderen drei Musiker informiert. Der Schlagzeuger zählte an, Hendrik hatte tatsächlich so schnell Akkordeon-Samples gefunden.
    Der Saal tobte.
    Wir spielten es noch einmal, als erste Zugabe. Danach herrschte für einige Minuten große Unruhe im Saal – mein neues Publikum verschwand, das alte rückte nach. Anschließend gaben wir eine sechzigminütige Zugabe. Es war wie ein Abschiedsgeschenk.
     
    Nach der Tour kündigte ich sofort die Verträge mit György. Die Vereinbarungen mit PBC hatten sowieso mit »Goldene Zeiten« geendet, und ich ignorierte die neuen, sehr lukrativen Angebote – fünf Alben, siebenstellige Garantiezahlungen. Einer PR-Agentur erteilte ich den Auftrag, die Nachricht zu verbreiten, Martin Gold hätte sich, gerade vierunddreißig Jahre alt, aus dem Musikgeschäft zurückgezogen.

Rückkehr (2005)
     
    Marcus hatte sich zu uns umgedreht und fuchtelte aufgeregt mit dem rechten Arm. »Eine Schlange! Seht doch, eine Wasserschlange!«
    Ich schob mich neben ihn, ließ wie er die Füße vom Vordeck hängen. Nicht weit vom Bug der
Sonja
entfernt zog eine kleine Ringelnatter ihre sinuskurvige Spur durchs ruhige Wasser. Die gelbe Hinterkopfzeichnung des sich von uns entfernenden Reptils war deutlich zu erkennen. Kurz darauf verschwand sie im Uferschilf.
    Ich streichelte ihm über die Haare. »Das ist keine Wasserschlange, sondern eine Ringelnatter. Die können zwar schwimmen, aber eigentlich sind es Landtiere.«
    »Sind die giftig?«
    Ich lächelte. »Nein, ganz harmlos. Es gibt hier vielleicht auf den Wiesen oder in der Nähe der Schleusen ein paar Ammen-Dornfinger, das ist eine seltene Spinnenart, deren Biss für Menschen gefährlich werden kann. Aber nicht sehr.«
    »Ui.« Er sah mich aufmerksam an. Ich liebte diesen Jungen und seine Begeisterungsfähigkeit.
    Sein großer Bruder Michael setzte sich zu uns. Er war inzwischen einundzwanzig, immer noch ein wenig linkisch, aber das kompensierte er leichthin mit seinem selbstbewussten Auftreten. Von den braunen Augen abgesehen sah er fast genauso aus wie ich vor zwanzig Jahren. Er war nur viel schlanker.
    »Du bist ganz schön klug, Onkel Falk.«
    Michael lachte freundlich.
    »Ich lese nur viele Bücher.«
    Tatsächlich tat ich seit zwei, drei Jahren fast nichts anderes – in der Zeit zwischen April und Oktober überwiegend hier, auf meinem Hausboot, einem fünfzehn Meter langen, dreieinhalb Meter breiten, kahnförmigen, schwimmenden Wohnmobil, das ich einem Charterer abgekauft hatte. Die
Sonja
verfügte über vier Kabinen, einen geräumigen Salon, drei Bäder und einen gewaltigen Kühlschrank. Inzwischen schaffte ich es sogar, den Pott ganz allein durch Schleusen zu bringen oder

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