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Sommerkind

Sommerkind

Titel: Sommerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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Person”, bemerkte Grace. “Ich bin wirklich froh, dass sie sich so gut um Sie gekümmert hat.”
    Rory wurde allmählich überflüssig, doch das störte ihn nicht. Im Geiste machte er sich Notizen. Anhand von Graces Fragen versuchte er zu ermitteln, welche Aspekte von Shellys Leben seine Zuschauer interessieren würden.
    “Rory hat mir erzählt, Sie fertigen Halsketten aus Muscheln”, fuhr Grace fort.
    “Nicht nur Ketten”, korrigierte Shelly. “Allen möglichen Schmuck.”
    “Ich würde mir die Stücke irgendwann gern einmal ansehen”, meinte Grace.
    So ist Grace einfach, dachte Rory. Brennend interessiert an anderen Menschen. Gerade das gefiel ihm ja so an ihr. Er fragte sich, ob sie Zack mit ihren Fragen wohl genauso viel entlocken könnte wie Shelly.
    “Wissen Sie”, begann Grace zögernd, “Babys, die einen holprigen Start ins Leben haben, so wie Sie, entwickeln manchmal gesundheitliche Probleme. Haben Sie irgendetwas in der Art?”
    Diese Frage kam Rory seltsam vor. Aufdringlich und suggestiv. Wollte Grace, dass Shelly ihre Gehirnschädigung eingestand? Was wollte sie damit erreichen?
    Doch Shelly schien sich kein bisschen bedrängt zu fühlen. Im Gegenteil, sie antwortete frei heraus.
    “Ja, die habe ich tatsächlich”, sagte sie überrascht. “Woher wussten Sie das?” Sie sah zu Rory. “Sie ist ziemlich schlau”, kommentierte sie mit einem Nicken zu Grace, die leicht lächelte.
    “Ich schätze, das ist sie”, erwiderte Rory.
    “Ich habe Epilepsie”, erzählte Shelly. “Meinen Sie, das hängt mit den Ereignissen von damals zusammen?”
    Grace berührte tröstend ihren Arm, und Rory war von dieser Geste bewegt. Anscheinend hatte sie genau die richtige Frage gestellt. Eine erstaunliche Frau. Intuitiv, neugierig und freundlich. Warum um Himmels willen sollte ihr Mann sie verlassen haben? Natürlich wusste er nicht, ob es überhaupt so gewesen war. Und überhaupt – Glorianne hatte ihn ja auch verlassen.
    “Möglicherweise, aber nicht zwingend”, beantwortete Grace Shellys Frage. “Einige Menschen werden damit geboren. Vermutlich hätten Sie auch Epilepsie, wenn Ihre Mutter Sie nicht ausgesetzt hätte. Wie oft kommen die Anfälle denn?”
    “Nicht sehr oft. Aber ich habe es noch nie ein Jahr ohne geschafft, und deshalb darf ich nicht Auto fahren. Das ist wirklich ärgerlich.” Shelly zog eine Grimasse. “Daria muss mich überall hinfahren, und wenn sie nicht kann, müssen es Bekannte tun. Aber ich gehe auch viel zu Fuß. Wenn das Wetter nicht zu schlecht ist, laufe ich zur Kirche. Jedenfalls nehme ich Medikamente dagegen, die auch gut helfen.”
    “Rory hat mir erzählt, er will Ihre Geschichte ins Fernsehen bringen. Was halten Sie davon?”
    “Ich finde das ziemlich cool”, sagte Shelly mit einem Grinsen. Als ihr Blick auf Graces Schultern fiel, wurde sie schlagartig ernst. “Ihre Schultern verbrennen”, sagte sie.
    Auch Rory sah, dass sich die Haut um Graces grünes Kleid rosarot verfärbt hatte. “Wir sollten lieber zurückgehen”, riet er. “Sonst wird es eine schmerzvolle Nacht.”
    Sie blieben stehen, und Grace blickte finster auf ihre Schulter.
    “Man muss hier im Sommer gut aufpassen”, riet Shelly, “und sich oft eincremen. Mindestens mit Lichtschutzfaktor fünfzehn.”
    “Danke.” Grace lächelte sie an. Dann sah sie hoch zur Sonne, als wünschte sie sie fort. Sie seufzte. “Ja, wahrscheinlich ist es gescheiter, zurückzugehen.”
    “Ich bleibe noch ein bisschen”, sagte Shelly. “War schön, Sie kennenzulernen, Grace.”
    “Finde ich auch, Shelly”, erwiderte Grace. Sie sah Shelly noch kurz nach und gesellte sich dann an Rorys Seite.
    “Was für eine bezaubernde junge Frau!”, freute sie sich.
    “Sie sind toll mit ihr umgegangen.”
    Das Kompliment überraschte Grace. “Ich habe mich doch nur mit ihr unterhalten. Man kann gut mit ihr reden. Jetzt verstehe ich, was Sie mit … unbedarft meinen. Es gibt sicher Leute, die das leicht ausnutzen.”
    “Und ich gehöre nicht dazu”, verteidigte sich Rory sogleich.
    “Nein, das wollte ich damit auch gar nicht andeuten.”
    “Entschuldigen Sie bitte. Bei dem Thema bin ich etwas überempfindlich, weil Daria meint, ich solle nicht in Shellys Vergangenheit wühlen. Aber Shelly will es so. Hatten Sie nicht auch das Gefühl?”
    “Ja, allerdings.” Zögernd fügte sie hinzu: “Aber vielleicht weiß sie nicht, was am besten für sie ist.”
    Eine Zeit lang gingen sie schweigend weiter, und Rory stellte sich

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