Sommerküsse voller Sehnsucht
deine Vermieterin ist ganz schön penetrant.«
»Ist sie gar nicht, wenn man sich einmal an sie gewöhnt hat. Ich habe sie gerade auf dem Rückweg zum Cottage getroffen. Sie hat mir von eurer Verabredung erzählt und mir vorgeschlagen, einfach mitzukommen. Und da ich nichts Besseres zu tun habe, habe ich zugesagt. Ich dachte, du könntest vielleicht etwas Unterstützung brauchen.«
»Allerdings. Dann lass uns gehen.«
Vanessa Lennox-Featherstone kam gerade in einem schicken Sportwagen vorgefahren. Sie trug ein geranienrotes Kostüm, das perfekt zur Farbe ihres Autos passte. Auch wenn sie eher der gehobenen Altersklasse angehörte, war sie noch immer sehr modebewusst, das musste Elsa zugeben. Beunruhigt umklammerte sie ihre Handtasche.
»Guten Morgen, meine Liebe!« Vanessa kam auf sie zugelaufen. »Ich hoffe, der Termin kommt Ihnen nicht ungelegen, aber Hilary ist im Moment sehr gefragt und hatte zufällig eine Absage. Hat Bron Ihnen schon berichtet, was sie erlebt hat? Ein Albtraum! Ich bin ja so froh, dass Sie ihr von meinem Cottage erzählt haben. Sie ist die perfekte Mieterin dafür.«
»Ich hoffe es«, antwortete Bron bescheiden.
»Natürlich sind Sie das! Eine Friseurin direkt in meiner Nähe – es hätte gar nicht besser kommen können! Bisher bin ich immer nach London gefahren, um mir die Haare machen zu lassen, jetzt brauche ich nur schnell nach nebenan zu gehen.«
Alle stiegen ins Auto. Elsa, die Schmalste von ihnen, kletterte nach hinten, Bron setzte sich zu Vanessa nach vorne.
»Okay, sind alle an Bord?«, fragte Vanessa. »Angeschnallt? Dann geht’s los.«
Das Hinterteil des Autos senkte sich leicht nach unten, als Vanessa mit quietschenden Reifen losraste.
»Wir werden einen Riesenspaß dabei haben, Elsa aus ihrem Einheitsschwarz zu holen. Was für eine Verschwendung an Schönheit, meine Liebe.«
»Das würde ich nicht sagen …«
»Natürlich würden Sie das nicht sagen. Aber ich.« An einer Kreuzung bremste Vanessa scharf ab. »Ashlyn hat übrigens wunderbare Flitterwochen. Natürlich statten sie ihren Schwiegereltern einen ausgedehnten Besuch ab.« Vanessa schaute kurz in beide Richtungen und raste weiter geradeaus. »In meinen Flitterwochen war ich in Schottland. Da war es bitterkalt, das kann ich Ihnen sagen!«
Das Studio, in dem das Horrorszenario stattfinden sollte, befand sich in einem hübschen Haus am Stadtrand. Von außen sah es ganz harmlos aus, aber Elsa traute dem Frieden nicht. Sie hatte schon zu viele Filme gesehen. Gerade hinter einer gepflegten Fassade geschahen oft die schrecklichsten Dinge.
Aber die Frau, die ihnen die Tür öffnete, hatte gar nichts Beängstigendes an sich. Sie war attraktiv und gepflegt und hatte ein sehr sympathisches, warmes Lächeln. Sie sah nicht aus wie jemand, der anderen rigide vorgab, was richtig und falsch war. Doch so leicht war Elsa nicht zu überzeugen. Sie würde Widerstand leisten, ganz gleich, was passierte. Ihr Leben lang hatte sie Kundinnen Traumkleider auf den Leib geschneidert. Es gefiel ihr überhaupt nicht, dass ihr jetzt plötzlich jemand völlig Fremdes vorschreiben sollte, wie sie selbst auszusehen hatte.
Bron und Vanessa waren völlig entspannt – kein Wunder, ihnen stand ja auch keine Zwangs-Rundumerneuerung bevor. Ein Bild flackerte kurz vor Elsas innerem Auge auf: Sie war auf einen Zahnarztstuhl geschnallt, und man spritzte ihr Make-up ins Gehirn.
»Kommen Sie herein«, sagte die Frau. »Ich bin Hilary. Hi, Vanessa, schön, Sie mal wieder zu sehen.«
»Meine Liebe!« Vanessa küsste Hilary. »Das ist Elsa, die gern ein paar Tipps hätte, und das ist Bron, eine begnadete Friseurin – sie hat uns auf Ashlyns Hochzeit alle frisiert und die kleine Elsa in Audrey Hepburn verwandelt. Finden Sie ihren Pony nicht auch ganz zauberhaft?«
»Absolut. Sie haben so wunderbar große Augen, Elsa. Ich hoffe, das ist kein Zeichen von Angst?«
Elsa lachte unsicher. Hilary hatte mit ihrer Einschätzung genau ins Schwarze getroffen.
»Kommen Sie doch herein. Hier entlang. Möchte jemand was ablegen? Nein? Ein herrlicher Tag heute, nicht?«
Hilary schob sie alle in einen hellen, sonnendurchfluteten Raum. An einer Wand hingen große Spiegel und eine lange Stange voller Kleider. Außerdem gab es genügend Schmuck, um einen ganzen Marktstand damit zu bestücken. Daneben stand eine Kommode mit verschiedenen Hüten. Eine gute Idee, dachte Elsa. Endlich konnte man mal in aller Ruhe ausprobieren, was einem stand, ohne gleich in ein
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