Sommerküsse voller Sehnsucht
selbst nicht täuschen konnte.
Verglichen mit dem Loft, in dem sie wenig später stand, war Elsas Atelier ein kleines Apartment. Eine gigantisch große Fläche war durch weiße Stellwände in kleinere Einheiten unterteilt. Im Raum wuselte es nur so. Leute hingen Bilder auf, rückten die Stellwände zurecht, irgendwo hämmerte jemand. Sarah war irritiert. Sie zog die Einladung aus ihrer Handtasche und las sie noch einmal. Tatsächlich, sie hatte sich im Datum vertan. Die Ausstellung begann erst nächste Woche.
Im Geiste verfluchte sie sich und wollte gerade wieder gehen, als eine junge Frau sie ansprach. »Kann ich Ihnen vielleicht helfen?«
Sie war groß und dünn und von Kopf bis Fuß in Jeans gekleidet. Ihr Haar war sehr blond und lockig. Sarah kam sie irgendwie bekannt vor, aber sie wusste nicht so recht, woher sie sie kennen sollte.
Sie winkte ab. »Nein, nein, vielen Dank. Ich hab mich im Datum geirrt.«
»Sind Sie aus London?«
Vermutlich sah das Mädchen ihr an, dass das nicht der Fall war. Oder litt sie unter Verfolgungswahn? »Nein, ich …«
»Dann schauen Sie sich doch ein bisschen um, sonst müssen Sie extra noch mal wiederkommen.« Das Mädchen lächelte. »Ich weiß, wie das als Landpomeranze ist. Gibt es vielleicht einen Künstler, der Sie besonders interessiert?«
»Äh … ja, ich kenne Hugo Masters ein wenig.«
»Ah, Hugo! Der ist super, oder? Ein verdammt guter Fotograf. Ich bin übrigens Electra Handforth-Williams.«
»Sarah Stratford.« Daher kam sie ihr also so bekannt vor. Als Sarah das letzte Mal in London gewesen war, hatte sie sie mit Hugo zusammen in ein Taxi steigen sehen. Es fiel Sarah schwer zu lächeln. Und ihre Hand, die Electra gerade schüttelte, war feucht und kalt. Wie war sie bloß auf die Idee gekommen, Hugo könnte sich für sie interessieren? Electra war faszinierend. Sie, Sarah, konnte nicht entfernt mit ihrer Vitalität und ihrer Jugend, geschweige denn mit ihrer Schönheit konkurrieren.
»Also, kommen Sie! Wir sind noch beim Aufbau, wie Sie sehen können, aber Hugos Bilder hängen schon. Ich habe mich persönlich darum gekümmert. Wir gehen davon aus, dass sie für ziemliches Aufsehen sorgen werden. Ein oder zwei Stücke sind bereits verkauft, doch er hat versprochen, sie während der Ausstellung hängen zu lassen. Ich hätte ihm aber auch was anderes erzählt!« Mit funkelnden Augen sah sie Sarah an. »Nett, schon von Anfang an ein paar rote Punkte auf den Exponaten zu haben, oder?«
Sarah nickte nur und folgte Electra.
»Er ist fantastisch, oder? Okay, ich lasse Sie nun allein. Sie können mich jederzeit ansprechen, wenn Sie Infos über einen der anderen Künstler haben möchten.«
Electra hatte recht – er war fantastisch! Bei Carrie im Hotel hatte Sarah seine Mappe gesehen und war schon da beeindruckt gewesen. Aber das, was sie hier sah, war schier überwältigend. Riesige Schwarz-Weiß-Fotos füllten zwei große Kojen. Eine Wand zeigte lauter Prominente. Auch Carrie war dabei, lachend, ausgelassen, mit wehenden Haaren und völlig ungeschminkt. Sarah hatte sie noch nie so schön gesehen. Noch ein paar weitere berühmte Schauspieler waren zu sehen, männliche und weibliche, junge und alte; außerdem bekannte Sportler in ungewöhnlichen Posen, Politiker aus Gegenwart und Vergangenheit. Sarah sah sich bewundernd um und schämte sich, dass sie Hugo bisher immer nur für einen guten Hochzeitsfotografen gehalten und nicht erkannt hatte, was für ein großartiger Künstler er war.
Dann stockte ihr der Atem. Sie kam in einen Bereich, wo es keine Berühmtheiten mehr gab, und zum zweiten Mal an diesem Tag wurde ihr übel.
Atemlos betrachtete sie ein Foto von sich selbst. Sie stand gebückt, um einer von Ashlyns kleinen Brautjungfern ins Gesicht schauen zu können. Sie lächelte und schob dem Mädchen gerade eine Haarsträhne aus der Stirn. Das Mädchen machte dasselbe bei ihr, und als Sarah es jetzt sah, erinnerte sie sich wieder an das Gefühl der kleinen feuchten Hand in ihrem Gesicht.
Sarah schluckte. Sie war es nicht gewohnt, sich selbst auf Fotos zu sehen, und sie musste zugeben, dass sie wunderschön war. Ob Hugo sie so sah? Oder war es nur das Künstlerauge, das einen ganz bestimmten Augenblick eingefangen hatte? Wieso hatte er ihr das Foto noch nie gezeigt? Plötzlich musste sie wieder an Electra denken, die irgendwo hier im Raum war.
Kurze Zeit später stand sie vor Fotos des Mädchens selbst. Electra war halb nackt, ihr makelloser Rücken und die
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