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Sommerkuesse

Titel: Sommerkuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Ryan
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bewegungslos da, und es sah aus, als würde sie mit ihrem ganzen körper der musik lauschen. war vielleicht auch so.
    die bratsche ließ sich überraschend leicht stimmen. wahrscheinlich weil es gestern geregnet hat und die luftfeuchtigkeit gesunken ist. aber ich stelle mir lieber vor, dass irgendein schutzgeist für tanz und musik seine finger im spiel hatte. ich schloss die augen und spielte die ersten paar takte im kopf
    an, bevor ich loslegte. ich weiß nicht, ob ich gut gespielt hab, aber die bratsche hörte sich genial an.
    ihr klang erinnert mich oft an den geschmack von teurer bitterschokolade – sämig, warm und vielschichtig. und battles bewegungen entsprachen genau diesem klang – frei schwingende arme und leichtfüßige, lange beine. und ich hab einen augenblick lang genau gespürt, wofür es musik gibt.

16. Juli, 7:30 morgens, vor Katrinas Zimmer
    Es kommt mir vor, als würden Battle und ich schon seit Stunden an Katrinas Tür klopfen, da hören wir sie endlich durchs Zimmer stapfen. Sie reißt die Tür auf. »Ach? Wenn das nicht meine beiden Lieblingslesben sind«, lallt sie schlaftrunken. »Ich zieh mich schnell an. Macht’s euch solange gemütlich.«
    »Ich weiß ja nicht, ob das der passende Ausdruck ist«, sage ich. »Findest du, wir sind Lesben, Battle?«
    Battle sagt gar nichts. Katrina zerrt ein neonoranges T-Shirt aus ihrem Klamotten-Karton. »Wie soll ich euch denn nennen? Möchtest du lieber … äh, wie hieß das denn noch mal? So ein Ausdruck, den ich mal in einem komischen alten Film gehört hab … ach ja. Möchtest du, dass ich sage, ihr seid ›andersrum‹?«
    »Das klingt, als würden wir die ganze Zeit auf dem Kopf stehen«, sage ich.
    Battle beugt sich sofort vor, legt die Hände auf den Boden und stemmt sich in den perfekten Kopfstand. Ich halte sie an den Knöcheln fest. Wir kichern. »Wow, das klappt viel besser, wenn einem dabei die Haare nicht ins Gesicht fallen!«, sagt Battle. Zum Glück – oder leider? – ist ihr Top so eng, dass es nicht rutschen kann.
    »Aber jetzt mal im Ernst. Was ist so schlimm daran, lesbisch zu sein?« Katrina zieht den Reißverschluss ihrer Jeans hoch.
    »Schlimm ist da nichts dran«, sage ich und halte Battle weiter an den Knöcheln fest, während sie ein paar Meter auf Händen zurücklegt. »Ich weiß nur nicht, ob es wirklich auf uns zutrifft. Ich war ja schließlich auch schon in Jungs verliebt.
Und du hattest sogar schon Freunde, oder, Battle?« Ich lege den Kopf schief und gucke zu ihrem Gesicht hinunter, das inzwischen ziemlich rot angelaufen ist. Sie nickt.
    »Ja, okay«, räumt Katrina ein. »Aber lag das nicht daran, dass du einfach noch keine gefunden hattest, die … na ja … willig gewesen wäre? Es ist doch sicher viel leichter für ein Mädchen, einen Freund zu finden als eine Freundin – nicht dass ich eine suchen würde, damit da mal keine Missverständnisse aufkommen. Und vergiss nicht, dass Battle aus North Carolina kommt. Wir wissen doch alle, wie scheißkonservativ die Südstaatler sind. Wahrscheinlich kommt man bei denen noch in den Knast, wenn man ›andersrum‹ ist.«
    Battle schüttelt den Kopf. »Quatsch.«
    »Ja, okay, aber dein Vater ist Pfarrer! Der würde ja wohl den totalen Aufstand bauen, wenn er es wüsste, oder?«, beharrt Katrina. »Und da wir gerade beim Thema sind… meinst du nicht, deine Eltern kriegen einen Anfall, wenn sie dich mit Platte sehen? Ganz zu schweigen von der Sache mit Nic. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie besondere Freigeister sind.«
    Battle schüttelt meine Hände von ihren Beinen ab, geht aus dem Handstand in die Hocke und springt auf. »Gleich gibt’s kein Frühstück mehr«, sagt sie. »Bist du endlich fertig?«

17. Juli, 23:39 Uhr, bei Battle
    Das ist nicht die Schüchternheit, die ich sonst kenne. Schüchtern hieß für mich bisher immer, nicht zu wissen, was ich mit
anderen Leuten reden soll, aus lauter Angst, etwas Dummes zu sagen und ausgelacht zu werden.
    Jetzt heißt es, nicht zu wissen, wie ich mich verhalten soll. Darf ich mich auf ihr Bett setzen, oder würde sie das als Wink mit dem Zaunpfahl verstehen und denken, ich will sofort mit ihr rumknutschen? Und wenn sie mich bittet, sie zu massieren, darf ich sie dann auf den Nacken küssen, oder ist das aufdringlich?
    Ich hocke auf dem Boden und versuche, mich auf den wissenschaftlichen Artikel zu konzentrieren, den wir für morgen lesen sollen. Battle sitzt neben mir. Sie hat ihre Hausaufgaben schon erledigt und liest

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