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Sommerkuesse

Titel: Sommerkuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Ryan
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sagt sie. »Dauert bloß eine Minute.«
    Warum?
    Ich hocke mich im Schneidersitz vor ihre Tür und stelle mir absurde, aberwitzige Sachen vor. Zieht sie sich jetzt etwa besondere Reizwäsche an wie in Liebesfilmen? Oder ist ihr Zimmer zum ersten Mal in ihrem Leben unordentlich, und sie will erst mal aufräumen, bevor sie mich reinlässt? Oder …?
    Die Tür geht auf. Battle trägt eine Decke unter dem Arm und hat statt der Shorts von eben ihre aufgeplusterten Reithosen an. Gelten Reithosen etwa als besonders erotisch?
    »Wir wollten doch wandern gehen«, sagt sie. »Und dein Knöchel tut auch nicht mehr weh, oder?«
    Ich nicke. »Wir dürfen um die Zeit aber eigentlich nicht mehr raus«, sage ich wie auswendig gelernt.
    »Na und?«

    »Okay. Klar.«
    Battle geht merkwürdig. Steifbeiniger und vorsichtiger als sonst. Wir schleichen uns am Zimmer der Tutorin vorbei, als könne die Tür plötzlich aufgehen, unsere Tugendwächterin herausspringen und uns ein »J’accuse!« entgegenschmettern. Natürlich tut sich gar nichts.
    Battle schlägt den Weg zum Wald ein. Mir kommt kurz der Gedanke, ihr vorzuschlagen, zum Fluss zu gehen, aber irgendwie verbinde ich den Fluss mit Isaac, und das soll auch so bleiben.
    Intensiver Kiefernduft steigt mir in die Nase. Zwischen all den Bäumen ist es noch dunkler und wir müssen langsamer gehen. Die Kiefernnadeln am Boden fühlen sich feucht an. Ich spüre sie zwischen den Zehen, weil ich meine Sandalen anhabe.
    Nachts verändern sich die Bäume. Als ich ganz klein war, habe ich mir immer vorgestellt, es gäbe Tagbäume und Nachtbäume – zwei vollkommen unterschiedliche Arten. Nachtbäume waren gefährlicher, aber auch schöner als die Tagbäume.
    »Hier«, sagt Battle.
    Wir stehen auf einer winzigen Lichtung. Die Baumstümpfe kommen mir wie kleine Hocker vor und ich setze mich spontan hin. Sofort spüre ich die Nässe unter meinem Po und komme mir bescheuert vor. Als ich wieder zu Battle sehe, zieht sie gerade ihre Reithosen aus.
    »Geschafft!«
    O Gott. Soll ich mich jetzt etwa auch ausziehen? Was heißt geschafft ?
    Battle streift sich die Hose bis zu den Knöcheln hinunter.

    Dann wickelt sie sorgfältig zwei lange Tücher ab, die sie sich um den rechten Oberschenkel geschlungen hatte. Mit den Tüchern hatte sie einen Gegenstand an ihrem Bein befestigt, der ebenfalls in ein Tuch gewickelt ist und den sie mir jetzt hinhält.
    Ich bin erleichtert und gleichzeitig enttäuscht.
    »Auspacken«, sagt sie.
    Meine Hände zittern leicht, als ich den warmen violetten Seidenschal löse. Ich muss daran denken, an welcher Stelle ihres Körpers sich das Päckchen befand, während wir durch den Wald gegangen sind. Dann erkenne ich, was ich in der Hand halte, und ich lache über Battles genialen Einfall.
    »Eigentlich wollte ich mir ja noch ein Baguette ans andere Bein binden, aber ich hatte leider keine Tücher mehr übrig«, sagt sie.
    »Dich und eine Flasche Wein – mehr brauch ich nicht.« Ich glaube nicht, dass ich jemals glücklicher war. Wenn ich jetzt nach oben schauen würde, könnte ich die Sterne sehen. Aber lieber schaue ich Battle an.
    »Wo hast du den her?« Ich kann es nicht fassen, dass Battle Wein aufgetrieben hat.
    »Von zu Hause mitgebracht … in der einzigen Tasche, die ich nicht unter Moms Argusaugen gepackt hab. Die Flasche ist bei einer Party übrig geblieben.« Sie grinst.
    »Wahnsinn. Dann hast du also damit gerechnet, dass du hier irgendwann mal Lust auf ein Gläschen Wein kriegen könntest?«, frage ich, die Flasche noch in der Hand haltend.
    »Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dieses Jahr alles anders wird. Ich wusste nur noch nicht, wie anders.« Ihr Lächeln wirkt etwas nervös.

    »Wahnsinn«, sage ich noch einmal. »Äh … und hast du auch an den Korkenzieher gedacht?«
    Battle guckt entgeistert. »Verdammt. Gib her!«
    Ich gebe ihr die Flasche und sie untersucht die Bleifolie am Flaschenhals. Mit einem entschlossenen Ruck reißt sie die Folie ab und verkündet triumphierend: »Schraubverschluss!«
    Sie setzt sich hin, schraubt den Deckel ab und nimmt einen großen Schluck aus der Flasche.
    »Ich hatte ganz vergessen, wie schlecht der ist«, sagt sie mit angewiderter Begeisterung. »Da. Trink.«
    »Wie könnte ich nach dieser Empfehlung widerstehen?«, sage ich.
    Sie reicht mir die Flasche. Ich setze sie an die Lippen und hebe sie an. Es kommt viel mehr heraus als erwartet. Ich verschlucke mich, huste und spucke.
    »Igitt! Der schmeckt ja voll nach

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