Sommerkussverkauf
Donnern. Das Gewitter befand sich jetzt direkt über ihnen.
»Ich dachte, Jake war interessiert«, meinte Dexter.
»O ja, das war er. Eine Nacht lang. Sobald er hatte, was er wollte, war der Reiz des Neuen passé.« Kate klang abwehrend.
»Gut«, meinte Dexter plump. »Das freut mich. Sein Pech.«
»Hör zu, du musst mich wirklich nicht aufbauen. Ich bin kein Kind mehr.«
»Das freut mich noch mehr. Darf ich dir etwas sagen?«
»Könnte ich dich davon abhalten?«, schoss Kate zurück, aber obwohl ihr Tonfall schroff war, sah Dexter, wie ihre Hände zitterten. Ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war, ließ sich nur vermuten.
»Du hast mir klargemacht, dass Nuala und ich keine Zukunft haben.« Dexter kam gleich auf den Punkt. »Wir waren als Paar eine Katastrophe. Aber du bist das genaue Gegenteil von Nuala. Als ich dich das erste Mal sah, fand ich, dass du phantastisch bist. Einzigartig. Ich weiß noch, wie ich mir wünschte, Nuala wäre mehr wie du. Ich wusste, dass ich noch nie für jemand anderen solche Gefühle hatte. Aus diesem Grund habe ich zugelassen, dass Nuala mit mir Schluss macht.« Dexter verstummte und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Also schön, jetzt weißt du es.«
»Ich glaube dir nicht.« Kate starrte ihn an, als ob ihm soeben ein zweiter Kopf gewachsen wäre. »Das erfindest du.«
Dexter rieb sich die dunklen Bartstoppeln auf seinem Kinn. »Vertrau mir, ich besitze nicht genügend Phantasie, um so etwas zu erfinden.«
Kate klang vorwurfsvoll. »Wenn es wahr wäre, dann hättest du schon längst etwas gesagt.«
»Du warst noch nicht bereit dafür. Außerdem bin ich ein Mann«, ergänzte Dexter, »wir laufen nicht herum und reden über solche Dinge. Das ist nämlich nicht einfach für uns. Da müssen wir schon ziemlich verzweifelt sein.«
»Aber … du bist immer so grob zu mir«, stammelte Kate.
»Ja und? Du bist auch grob zu mir. Aber ich sage nicht solche Sachen, wie ich sie zu Nuala gesagt habe.« Dexter schüttelte den Kopf, um seinen Standpunkt zu untersteichen. »Das würde mir nicht im Traum einfallen. Nicht bei dir.«
Kate starrte ängstlich in ihr leeres Glas. »Ich könnte noch einen Cognac gebrauchen.«
»Vergiss es, dann kippst du nur vom Hocker«, sagte Dexter. »Und wenn ich das hier nüchtern durchstehe, dann kannst du das auch.«
Kates Fuß wippte wieder. Sie sagte nichts.
»Hör zu«, drängte Dexter, »ich werde niemals eine freundliche Lichtgestalt werden, so bin ich einfach nicht. Witzig und jovial ist nicht mein Stil. Wenn ich jemand für einen Idioten halte, dann lasse ich es ihn wissen. Aber so ist das Leben, oder nicht? Jeder von uns hat seinen eigenen Charakter. Wir fühlen uns von unterschiedlichen Menschen angezogen. An jenem ersten Abend, als du mit deiner Mutter in den Pub gekommen bist, fühlte ich mich sofort zu dir hingezogen«, sagte Dexter. »Du hast gefaucht und geknurrt und finster geschaut wie eine böse Hexe, hast dich geweigert, andere Leute auch nur anzusehen. Gleich darauf hattest du einen Zickenkampf mit Maddy auf dem Damenklo, hast Nuala Beleidigungen an den Kopf geworfen und bist hinausgestürmt. Alle anderen im Pub waren wie gelähmt«, erinnerte er sich mit schiefem Lächeln, »und ich dachte nur, ›wow, das ist
die
Frau für mich‹.«
Das war zu viel für Kate. Sie rutschte wackelig vom Barhocker und ging auf die andere Seite der Theke, wo Dexter stand. Sie griff an ihm vorbei nach der Cognacflasche, ging zurück zu ihrem Hocker und setzte sich wieder.
»Das hast du wirklich gedacht?«, wollte sie zur Sicherheit noch einmal wissen. »Die ganze Zeit?«
»Ja, habe ich.« Dexter nickte.
Was für eine surreale Situation. Kates Hand fuhr zu ihrer vernarbten Gesichtshälfte hoch. Abwehrend meinte sie: »Und was ist damit?«
»Ich mag deine Narben. Sie sind meine Lieblingsstelle an dir. Ich bin ziemlich selbstsüchtig«, gab Dexter zu. »Aus meiner Perspektive bin ich froh, dass du sie hast. Lass uns brutal offen sein«, fuhr er fort, »wenn du sie nicht hättest, hättest du mich keine Sekunde auch nur angesehen. Ich hätte keine Chance gehabt.«
Kate hatte das Gefühl, eine Ohrfeige bekommen zu haben. Wütend erwiderte sie: »Wie kommst du auf die Idee, dass du jetzt eine Chance hast?«
»Ach, komm schon, ich bin doch nicht völlig blöd. Ich weiß doch, wie du mich ansiehst.« Dexter stand kurz davor zu lächeln. »Du kannst mir nicht weismachen, dass es keinen Funken Interesse gibt.«
Kates Augen wurden groß.
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