Sommerliches Schloßgewitter
diesen Knilch Pilbeam zu fassen kriegen und ihm sämtliche Knochen zu brechen. ›Was machen Sie denn so?‹ frage ich ihn noch. ›Fußspuren vermessen?‹ – ›Wir beschatten Personen und geben über ihre Schritte Bericht‹, sagt er. Und ich lache unbeschwert, und er auch. ›Hahaha!‹ Allseits herrschte ausgelassene Fröhlichkeit. Und dabei …«
»Hugo, hör mir doch mal zu.«
»Aber was mich am meisten bedrückt: Wie soll ich ihn mir denn schnappen? Um Viertel nach zwei muß ich zurück nach Blandings, sonst verliere ich meinen Job. Und er hockt dann ungeschoren in seiner Bude, lacht sich ins Fäustchen und beschattet wieder irgendeinen armen Schlucker.«
»Hugo!«
Der gebrochene Mann machte eine müde Handbewegung.
»Hast du was gesagt?«
»Ich sage schon seit zehn Minuten etwas, aber du hörst mir ja nicht zu.«
»Wohlan denn«, sagte Hugo und nippte lustlos an seinem zweiten Labtrunk.
»Hast du schon mal von einer Miss Schoonmaker gehört?«
»Der Name kommt mir bekannt vor. Wer ist sie?«
»Ich.«
Hugo stellte gequält sein Glas hin.
»Erzähle einem leidgeprüften Mann kein ungereimtes Zeug«, bat er. »Was meinst du damit?«
»Als Ronnie und ich im Auto herumfuhren, trafen wir Lady Constance Keeble.«
»Ein Drachen«, sagte Hugo. »Seit eh und je. Ganz Shropshire weiß das.«
»Sie glaubt, daß ich Miss Schoonmaker bin.«
»Wieso das denn?«
»Weil Ronnie es ihr gesagt hat.«
Hugo seufzte verzweifelt.
»Kompliziert, kompliziert. Meine Güte, ist das kompliziert!«
»Es hat sich ganz einfach so ergeben. Ronnie hatte mir gerade von diesem Mädchen erzählt – wie er sie in Biarritz kennengelernt hatte und daß sie nach Blandings kommen sollte und so weiter –, und als er sah, wie Lady Constance mich mißtrauisch musterte, kam er plötzlich auf den Gedanken zu sagen, daß ich sie wäre.«
»Daß du Lady Constance wärst?«
»Nein, Idiot. Miss Schoonmaker. Und jetzt werde ich ihr telegrafieren – Lady Constance und nicht Miss Schoonmaker, falls du wieder fragen wolltest – und ihr mitteilen, daß ich auf dem Wege nach Blandings bin.«
»Unter dem Namen Schoonmaker?«
»Ja.«
Hugo schüttelte den Kopf.
»Das läßt du lieber bleiben.«
»Wieso denn?«
»Weil das in den Eimer geht.«
»Aber woher denn! Lady Constance erwartet mich doch. Sei doch vernünftig.«
»Ich bin vernünftig. Aber ohne jemanden beim Namen zu nennen, muß ich doch sagen, daß du blühenden Blödsinn redest. Ist dir denn nicht klar, daß in dem Augenblick, wenn du an der Tür klingelst, Miss Schoonmaker auftauchen und die Sache platzen lassen wird?«
»Das wird sie nicht.«
»Und weshalb nicht?«
»Weil Ronnie ihr in Lady Constances Namen ein Telegramm geschickt hat, in dem steht, daß auf Blandings Scharlach oder sowas ausgebrochen ist und sie nicht kommen kann.«
Hugos Überlegenheit war mit einemmal wie weggeblasen. Er richtete sich auf. Vor Aufregung verschüttete er sogar seinen Cognac, ohne ihm einen Blick des Bedauerns nachzuschicken. Achtlos ließ er ihn im Teppich versickern.
»Sue!«
»Wenn ich erst mal auf Blandings bin, kann ich mit Ronnie sprechen und ihn zur Besinnung bringen.«
»Du hast recht.«
»Und dann kann ich Millicent sagen, daß mein Ausflug mit dir gestern abend ganz harmlos war, weil ich ja mit Ronnie verlobt bin.«
»Stimmt auch.«
»Entdeckst du irgendwo einen Haken?«
»Nein, nirgends.«
»Allerdings fürchte ich, daß du die Sache schon nach fünf Minuten vermasseln wirst, indem du mich Sue nennst.«
Hugo tat das mit einer Handbewegung ab.
»Laß dir deswegen keine grauen Haare wachsen«, sagte er. »Falls mir so etwas herausrutschen sollte, werde ich es geschickt vertuschen und behaupten, ich hätte ›Schoo‹ sagen wollen. Abkürzung für Schoonmaker. So, und jetzt schicke ihr noch ein Telegramm. Laß nicht nach im Telegrammeschicken. Nichts darf dem Zufall überlassen bleiben. Schicke ihr Dutzende und trage dick auf. Sage, daß auf Blandings Seuchen grassieren. Nicht nur Scharlach, sondern Scharlach und Ziegenpeter. Ganz zu schweigen von Fleckfieber, Knickfuß, Zucker, Backsteinblättern und Paradontose. Ich glaube, damit liegen wir gut in der Kurve, meine liebe Susan. Packen wir’s an.«
Arbeit für Percy Pilbeam
1
Die Sonne schien durch die Fenster der großen Bibliothek von Blandings Castle und lud alle rechtschaffenen Menschen ein, herauszukommen und es sich in der Wärme wohl sein zu lassen. Aber Clarence, der neunte Earl von Emsworth, der doch
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