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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Weilchen, bis er sich wieder umdrehte, denn entsprechend den Empfehlungen der Taxifahrergewerkschaft bewahrte dieser Chauffeur sein Wechselgeld in der Unterwäsche auf. Er war überrascht, als er sich umsah und bemerkte, daß Ronnie sich in der Zwischenzeit auf rätselhafte Weise in Sue verwandelt hatte. Sie stand genau da, wo er seinen alten Freund zuletzt gesehen hatte, und blickte ihn traurig an.
    »Tagchen«, sagte er.
    »Ronnie ist weg«, sagte Sue.
    »Weg?«
    »Ja, er ist blitzschnell um die Ecke verschwunden, als er mich sah. Er …« Sue schluckte. »Er hat kein Wort zu mir gesagt.«
    »Wie kommst du denn hierher?« fragte Hugo. Natürlich waren da noch andere Dinge zu besprechen, aber er fand, daß diese Frage zunächst geklärt werden müsse.
    »Ich dachte mir, daß du ihn in dein Hotel bringen würdest, und dann dachte ich, wenn ich ihn hier sehen könnte, dann könnte ich ihm … etwas sagen.«
    Hugo wurde nervös. Es war abzusehen, daß dieses Mädchen jeden Moment anfangen würde zu weinen, und nichts war ihm peinlicher, als mit einem weinenden Mädchen in der Öffentlichkeit gesehen zu werden. Nie würde er vergessen, wie sich in seinem Beisein eine Person namens Yvonne Sowieso nicht weit vom Piccadilly Circus wegen einer Migräne in Tränen auflöste, woraufhin eine alte Dame stehenblieb und sagte, Scheusale wie er seien schuld am ganzen Elend dieser Welt.
    »Komm rein«, bat er sie hastig. »Komm und trink einen Cocktail oder einen Tee oder irgendwas. Weißt du«, sagte er, während er vorausging und zwei Plätze in einer stillen Ecke der Vorhalle suchte, »mir tut das alles schrecklich leid. Irgendwie ist es wohl meine Schuld.«
    »Nein, nein.«
    »Wenn ich dich nicht zum Abendessen eingeladen hätte …«
    »Das ist es ja gar nicht. Ronnie wäre vielleicht ein bißchen böse gewesen, wenn er uns zusammen getroffen hätte, aber er hätte das schnell wieder vergessen. Das Schlimme ist, daß er mich mit diesem Ekel von Pilbeam gesehen hat. Ich habe ihm nämlich gesagt – und das stimmte auch –, daß ich ihn nicht kenne.«
    »Ja, das hat er mir im Taxi erzählt.«
    »Wirklich? Was hat er gesagt?«
    »Na ja, offenbar hat er was gegen diesen Pilbeam. Als er auf ihn zu sprechen kam, schien er sehr sauer. Es war einfach nicht in seinen Klotzkopf hineinzukriegen, daß das eine zufällige Begegnung war und daß du mit mir zu Mario gekommen bist. Er hat gar nicht hingehört. Ich fürchte, altes Mädchen, wir müssen das Weitere dem Zahn der Zeit überlassen, der über alle Wunden Gras wachsen läßt.«
    Ein Page drehte seine Runde durch die Vorhalle. Er suchte anscheinend einen Mr. Gregory.
    »Wenn er mir doch nur mal zuhören würde. Er hat mir ja nicht einmal Gelegenheit gegeben, alles zu erklären.«
    »Könntest du’s denn erklären, wenn du die Gelegenheit hättest?«
    »Ich könnte es zumindest versuchen. Er müßte doch merken, daß ich ihn liebe, wenn wir uns mal richtig unterhielten, oder?«
    »Das Dumme ist nur, daß er in ein paar Stunden wieder weit weg in Blandings sein wird. Schwierig«, sagte Hugo kopfschüttelnd. »Kompliziert.«
    »Mr. Carmody«, skandierte der Page und kam näher. »Mr. Carmody.«
    »Hier!« rief Hugo.
    »Mr. Carmody? Telefon für Sie, Sir.«
    Hugo bekam plötzlich das Gesicht eines zärtlichen Cherubim.
    »Tut mir sehr leid, dich für einen Moment alleine lassen zu müssen«, sagte er, »aber das muß Millicent sein. Sonst weiß niemand, daß ich hier bin.«
    Er entschwand eilig, und während sie ihm nachsah, stiegen in Sue die Tränen auf. Ihre Einsamkeit erschien ihr um so größer, da sie ausgerechnet jetzt an eine andere, glücklichere Liebesgeschichte erinnert wurde. Ihr war, als könnte sie das Telefongespräch hören und Hugos Freudentöne, während sein geliebtes Mädchen ihm durch die Telefonmuschel Zärtlichkeiten ins Ohr flüsterte.
    Sie nahm sich zusammen. Wie häßlich von ihr, auf Hugo eifersüchtig zu sein, weil er glücklich war …
    Mit einem Ruck richtete Sue sich auf. Ihr war ein Gedanke gekommen.
    Es war ein atemberaubender Gedanke und dabei ganz simpel. Die Sache verlangte Mut, Entschlossenheit, Bereitschaft zum Risiko, aber trotzdem war sie ganz einfach.
    »Hugo!« rief sie, als der glückliche junge Mann zurückkam und sich in den Sessel neben ihr fallen ließ. »Hugo, hör mal!«
    »Weißt du …« sagte Hugo.
    »Mir ist da gerade …«
    »Weißt du …« sagte Hugo.
    »Hör doch mal zu!«
    »Weißt du, wer das war?« sagte Hugo.

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