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Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht

Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht

Titel: Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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zeigte eine Frau mit kirschroten Lippen, die den Betrachter vom Podest eines Galgens herab anstarrte. Hinter ihr erstreckten sich zerklüftete Dünen, die nirgendwo zu enden schienen. Er sah Beira an. »Eine von deinen?«
    »In der Wüste? Ich bitte dich, Liebling.« Sie errötete und senkte kurz ihren Blick, dann lächelte sie ihn kokett an und spielte dabei mit ihrer Perlenkette. »Auch wenn ich während der letzten Jahrhunderte so viel schönen Frost überall verbreitet habe, ist dieser Ort für mich immer noch tabu. Jedenfalls bislang. Aber süß, dass du fragst.«
    Keenan wandte sich wieder dem Foto zu. Die Frau starrte ihn verzweifelt an. Er fragte sich, ob sie wohl wirklich gestorben war oder bloß einem Fotografen Modell gestanden hatte.
    »Mach’s dir schon mal gemütlich. Ich bin gleich wieder da. Dann kannst du mir von deiner neuen Freundin erzählen. Du weißt ja, wie sehr ich mich immer auf diese kleinen Besuche freue.« Dann verschwand Beira, um nach dem Braten zu sehen, und summte dabei ein Wiegenlied aus seiner Kindheit – irgendetwas über gefrorene Finger.
    Wenn er ihr nachginge, würde er eine ganze Schar unglücklicher Waldgeister geschäftig durch ihre restaurantgroße Küche eilen sehen; so viel stand fest. Beiras süßliches Getue beinhaltete keineswegs wirkliches Kochen. Sie spielte nur die treusorgende Mutter, die ihr Kind bekocht.
    »Ein Drink, der Herr?« Der Waldgeist trug zwei Tabletts herbei – eins mit Milch, Tee, heißer Schokolade und einer Auswahl von abgepackten Energydrinks; das zweite mit Karotten-, Sellerie- und Apfelstiften und ähnlich karger Kost. »Ihre Mutter besteht darauf, dass Sie einen gesunden Snack zu sich nehmen.« Der Waldgeist schielte in Richtung Küche. »Es ist nicht klug, die Herrin zu verärgern.«
    Keenan nahm sich eine Tasse Tee und einen Apfel. »Finden Sie?«
    Da er am Hof der Winterkönigin aufgewachsen war, wusste er nur allzu gut, was mit jenen geschah, die die Winterkönigin verärgerten – oder auch nur irritierten. Doch er selbst gab sich alle Mühe, sie wütend zu machen; das war schließlich der Grund, weshalb er hergekommen war.
    »Schon fast fertig«, trällerte Beira bei ihrer Rückkehr. Sie setzte sich auf einen der schrecklichen Sessel und klopfte auf den daneben. »Komm. Erzähl mir alles.«
    Keenan setzte sich ihr gegenüber. Er wollte so lange wie möglich Abstand zu ihr halten.
    »Sie ist schwierig, hat sich meinem ersten Annäherungsversuch widersetzt.« Er hielt inne und dachte an die Angst in Ashlyns Augen zurück. Das entsprach nicht der Reaktion, die er sonst von jungen Sterblichen erntete. »Sie hatte überhaupt kein Vertrauen zu mir.«
    »Verstehe.« Beira nickte, schlug die Füße übereinander und lehnte sich ein Stück vor – das Abbild einer aufmerksam lauschenden Mutter. »Und fand … du weißt schon, das letzte Mädchen sie gut?«
    Ohne den Blick von ihm abzuwenden, gab Beira dem Waldgeist ein Zeichen, woraufhin das Mädchen unverzüglich ein Glas mit einer durchsichtigen Flüssigkeit herantrug. Als Beira ihre Hand um den Stiel des Glases legte, überzog es sich nach und nach mit Eisblumen, bis seine Außenwand vollkommen von einer dünnen weißen Schicht bedeckt war.
    »Donia hat sie akzeptiert.«
    Beira tippte mit ihren Fingernägeln gegen das Glas. »Wie goldig, und wie geht es Dawn?«
    Keenan knirschte mit den Zähnen: Beira kannte Donias Namen sehr wohl. Da sie seit über einem halben Jahrhundert das Wintermädchen war, hatten die beiden sich so häufig gesehen, dass die angebliche Gedächtnislücke ans Lächerliche grenzte. » Donia geht es so, wie es ihr bereits seit Jahrzehnten geht, Mutter. Sie ist böse auf mich. Sie ist erschöpft. Sie ist all das, wozu du sie gemacht hast.«
    Beira hob ihre freie Hand, um in Seelenruhe ihre manikürten Nägel zu betrachten. »Wozu ich sie gemacht habe? Was soll das heißen?«
    »Mit deinem Zepter, deinem Fluch, deiner Bosheit hat dieses Spiel doch begonnen. Du wusstest von vornherein, was mit den Sterblichen passieren würde, wenn sie deiner Kälte anheimfallen. Sterbliche sind nicht gemacht für …«
    »Aber du hast sie doch gebeten es zu tun, mein Kleiner. Du hast sie auserwählt, und sie dich.« Beira lehnte sich in ihrem Sessel zurück und grinste selbstgefällig, weil es ihr gelungen war, ihn wütend zu machen. Sie öffnete ihre Hand, und besagtes Zepter schwebte hinein, wie zur Erinnerung daran, wie viel Macht sie besaß. »Sie hätte sich ja auch deinem kleinen

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