Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht
nahm Ashlyns Hand, während sie in den hinteren Waggon gingen, in dem sein Schlafzimmer lag, hielt sie aber nicht besonders fest. Wenn sie wollte, konnte sie sich umdrehen und weggehen. Aber sie tat es nicht; sie drückte seine Hand so fest, dass es ihm bestimmt wehtat.
Als sie im Türrahmen stand und sah, dass das Bett fast den gesamten schmalen Raum einnahm, bekam sie beinahe Panik. »Es ist …«
»Bequem.« Er ließ ihre Hand los.
In Wirklichkeit war es gar nicht besonders groß, eher wie ein schmales Doppelbett, aber dennoch blieb auf beiden Seiten jeweils nur recht wenig Platz. Verglichen mit der spartanischen Inneneinrichtung im ersten Waggon wirkte dieses Zimmer etwas dramatischer. Dunkelrote, fast schwarze Kissen stapelten sich auf dem Bett; ein paar davon waren auf den Boden gefallen und lagen wie Schatten auf dem schwarzen Teppich. Zu beiden Seiten des Bettes waren kleine schwarze Kommoden postiert. Auf der einen stand eine schicke schwarze Stereoanlage, auf der anderen ein Kandelaber. Wachs lief die Kerzen hinunter und auf die Kommode.
»Ich kann auch draußen auf dem Sofa schlafen.« Seth hielt Abstand zu ihr und lächelte sanft. »Dann hast du mehr Platz.«
»Nein. Ich möchte dich hier haben. Es ist nur … Das Zimmer ist so anders als der Rest der Wohnung.«
»Du bist das einzige Mädchen, das ich jemals nach hier hinten eingeladen habe.« Er ging zur Stereoanlage und suchte eine CD aus dem Regal an der Wand. »Nur damit du das weißt«, sagte er mit dem Rücken zu ihr.
Sie setzte sich auf die Bettkante, zog ein Bein aufs Bett hoch, ließ das andere aber auf dem Boden stehen. »Es ist ein komisches Gefühl. So als wäre es jetzt irgendwie besonders wichtig, dass ich hier bin.«
»Das ist auch gut so.« Er blieb mit einer unbeschrifteten CD-Hülle in der Hand auf der anderen Seite des Bettes stehen. »Ich hab’s auch schon anders gemacht, mit Leuten, die mir nicht wichtig waren. Aber das ist nicht dasselbe.«
»Warum hast du es dann getan?«
»Hat sich gut angefühlt.« Er schaute nicht weg, obwohl ihm unbehaglich zu Mute zu sein schien. Er zuckte die Achseln. »Zu viel Alkohol. Alle möglichen Gründe.«
»Oh.« Ashlyn sah weg.
»Irgendwann ging’s mir aber auf den Geist. Da drüben, äh …«, er räusperte sich, »da liegen ein paar Unterlagen. Die wollte ich dir geben, bevor … Ich wollte das neulich schon mal ansprechen, aber … und jetzt …« Er zeigte darauf.
Ashlyn nahm die Zettel von der Kommode mit den Kerzen. Auf dem obersten Blatt stand »Huntsdale-Klinik«. Sie sah ihn an. »Was ist das?«
»Testergebnisse. Ich hab mich Anfang des Monats testen lassen. Das mache ich regelmäßig. Ich dachte, du willst das vielleicht wissen. Ich möchte zumindest, dass du es weißt.« Er nahm eins der Kissen und drehte es in seiner Hand hin und her. »Ich hab’s zwar nie drauf ankommen lassen, aber trotzdem … Man kann ja nie wissen.«
Ashlyn überflog die Seiten. Es waren Testergebnisse für alles Mögliche von Aids bis zu Chlamydien, alle negativ. »Also …«
»Ich hatte eigentlich schon eher vor, mit dir darüber zu sprechen …« Er drückte das Kissen zusammen, knetete es. »Das ist jetzt nicht besonders romantisch, ich weiß.«
»Aber es ist gut.« Sie biss sich auf die Lippe. »Ich hab noch nie … du weißt schon.«
»Ja. Ich weiß.«
»Es gab nichts, was mich, äh, in Gefahr gebracht hätte.« Sie zupfte an der Bettdecke herum und wurde immer verlegener.
»Warum gehe ich nicht einfach …«
»Nein, bitte, Seth.« Sie krabbelte über das Bett und zog ihn an sich. »Bleib bei mir.«
Einige Stunden später spürte Ashlyn, wie ihre Hände sich in die Bettdecke krallten. Sie war zwar durchaus schon geküsst worden, aber so noch nicht, nicht da . Wenn Sex noch besser war als das, war sie nicht sicher, ob sie ihn überleben würde.
Die ganze Aufregung und Sorge war unter Seths Liebkosungen verflogen.
Danach hielt er sie im Arm. Er hatte immer noch seine Jeans an, die sich an ihren nackten Beinen kratzig anfühlte.
»Ich will keine von ihnen sein. Ich will das hier.« Sie legte ihre Hand auf seinen Bauch und steckte ihren kleinen Finger durch seinen Bauchnabelring. »Ich möchte hier sein, bei dir, und aufs College gehen. Ich weiß noch nicht, was ich werden will, aber auf jeden Fall keine Elfe. Und schon gar keine Elfenkönigin. Und trotzdem bin ich es; ich weiß es. Ich hab nur keine Ahnung, was ich jetzt tun soll.«
»Wer sagt denn, dass du all das als Elfe
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