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Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Titel: Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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hatte er sich vorgenommen zu warten, bis er einschätzen konnte, ob sie auch wirklich stark genug war; womöglich war sie die Mühe ja gar nicht wert. Doch als er merkte, wie die ersten zarten Bande zwischen ihnen geknüpft wurden, als er spürte, mit welcher Euphorie sie Rabbits Tätowiermaschine über ihre Haut tanzen ließ, war ihm plötzlich klar, dass er sie sehen musste. Es war wie ein innerer Zwang, der ihn trieb – und nicht nur ihn. Denn da alle Dunkelelfen mit ihm verbunden waren, verspürten auch sie diesen Drang. Sie alle würden sie ab jetzt beschützen und darum kämpfen, ihr nah sein zu können.
    Und das war nur zu begrüßen – denn wenn sie sich in ihrer Nähe aufhielten, würden sie die Sterblichen um sie herum quälen und verhöhnen, Angst und Schmerz, Begierden und Wut aus ihnen herauskitzeln. Diese Gefühle würden köstliche Mahlzeiten bilden und seinen Hunger stillen, sobald der Tintentausch vollständig abgeschlossen und ihr Tattoo fertig war. Wo das Mädchen auch hinging – seine Elfen würden ihr folgen. Die Sterblichen würden ein Festmahl für den König und seinen Hof werden. Bislang hatte er nur einen leichten Vorgeschmack darauf bekommen, doch schon jetzt fühlte er sich gestärkt. Schatten werden ihr folgen, für mich, für uns. Er atmete tief ein und labte sich an der noch zarten Verbindung, die Rabbit mit seiner Tätowiermaschine herstellte.
    Wenn er mit ihr verbunden war, ergab es auch Sinn, ein Auge auf sie zu haben, so redete Irial es sich ein. Sie fiel nun in seinen Verantwortungsbereich, war seine Bürde und in vielerlei Hinsicht auch ein Schwachpunkt. Doch trotz all der Gründe, die er sich zurechtlegte, wusste er, dass es nicht Logik war, die ihn leitete, sondern Verlangen. Glücklicherweise sah der König der Finsternis keinen Grund, seinen Gelüsten zu widerstehen. Also hatte er Gabriel als Fahrer bestellt und befand sich nun auf dem Weg in ihre Stadt; so wie er sich über die Jahre schon vielen anderen Freuden hingegeben hatte, suchte er nun ihre Nähe. Er drehte seinen Sitz zurück, so weit es ging, und genoss den Nervenkitzel, den Gabriels waghalsiger Fahrstil ihm bereitete.
    Irial stützte sich mit einem Fuß an der Tür ab, und Gabriel knurrte. »Die ist gerade frisch gestrichen, Iri. Benimm dich.«
    »Entspann dich, Gabe.«
    Der Hundself schüttelte sein zotteliges Haupt. »Ich lege meine Füße ja auch nicht auf dein Bett oder eins von diesen Sofas, die überall bei dir rumstehen. Nimm den Fuß da weg, bevor es Kratzer gibt.«
    Wie die anderen Rösser der Hundselfen hatte auch Gabriels die äußere Gestalt eines Menschengefährts. Und es imitierte diese Gestalt derart perfekt, dass Irial sich manchmal kaum daran erinnern konnte, wann es zuletzt wie die furchterregende Bestie ausgesehen hatte, die es eigentlich war. Vielleicht wollte Gabriel es so; vielleicht war es aber auch eine Marotte des Rosses selbst. All diese Kreaturen ahmten die Menschenautos so gut nach, dass man leicht vergaß, dass es sich um Lebewesen handelte. Aber wehe, wenn irgendjemand außer den Hundselfen versuchte sie zu reiten. Er wurde sehr rasch daran erinnert, was sie eigentlich waren: Die Geschwindigkeit, die sie an den Tag legten, ließ jeden dieser beleidigenden Elfen – oder Menschen – im hohen Bogen durch die Luft fliegen und gegen Hindernisse prallen, die die Biester für ihn aussuchten.
    Gabriel steuerte seinen Mustang auf den kleinen Parkplatz neben dem Restaurant Verlaine, in dem die Sterbliche kellnerte. Irial nahm seinen Fuß runter und schrammte dabei über die Fensterscheibe; doch das Gefährt zeigte keinerlei Reaktion, die Illusion blieb intakt.
    »Kleiderordnung, Gabe. Zieh dir was anderes an.« Während Irial sprach, veränderte sich sein eigenes Aussehen. Hätten ihn gerade irgendwelche Sterblichen beobachtet, hätten sie gesehen, wie seine Jeans und sein legeres Hemd verschwanden und eine Hose mit Bügelfalten sowie ein konservatives Oxfordhemd an ihre Stelle traten. Seine abgewetzten Stiefel blieben jedoch. Dies war nicht der Zauber, den er üblicherweise trug, aber er wollte nicht, dass ihn die Sterbliche später wiedererkannte. Dieses Treffen war nur für ihn bestimmt, damit er sie beobachten konnte; und es war ihm lieber, wenn sie sich nicht daran erinnerte.
    »Ein Gesicht, um denen zu entsprechen, die wir treffen«, aber nicht mein eigenes – nicht einmal die Maske, die ich für die Sterblichen trage. Mehrere Schichten von Illusionen …
    Irial wusste nicht,

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