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Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Titel: Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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zum ersten Mal unter Sterbliche gemischt hatte, hatten sie ihn fasziniert. Sie waren so voller Leidenschaft und Verzweiflung und holten aus ihren allzu kurzen Leben so viel Freude wie irgend möglich heraus. Und die meisten waren bereit, für ein paar freundliche Worte ihre Röcke zu heben. Er wusste, dass er ihre atemberaubende Hingabe und ihre sterblichen Berührungen eigentlich nicht vermissen sollte. Die Erfahrung hatte es ihn gelehrt. Aber manchmal, wenn er allzu genau darüber nachdachte, wer oder was er eigentlich war, dann vermisste er sie doch.
    Das Mädchen weinte und klammerte sich an Nialls Arm, als der dunkelhaarige Elf sich ihr näherte. Sie hatte sich entblößt, als sie den Wald betrat, und ihre Haut war voller Schrammen.
    »Sie ist ganz schön anhänglich«, sagte der Elf.
    Niall schüttelte sie erneut ab. »Sie hat bestimmt getrunken. Letzte Woche …«, er packte ihre Hand, als sie anfing, seine Hose aufzuknöpfen – »… war sie noch nicht so aggressiv.«
    »Wohl wahr.« Der dunkelhaarige Elf lachte. »Sie sind wie Tiere, findest du nicht?«
    »Die Sterblichen?« Niall trat näher an ihn heran, während er den geschäftigen Händen des Mädchens auswich. »Zuerst verbergen sie das ja ganz gut … Aber dann ändern sie sich.«
    Der andere Elf lachte und nahm das Mädchen in seine Arme. »Vielleicht bist du einfach unwiderstehlich.«
    Jetzt, wo das Mädchen festgehalten wurde, konnte Niall seine Kleider glatt streichen. Sie blieb reglos in den Armen des anderen Elfen liegen und sah von einem zum anderen, als wäre sie nicht bei Verstand.
    Der dunkelhaarige Elf beobachtete Niall mit einem seltsamen Grinsen. »Ich bin Irial. Vielleicht sollten wir die hier irgendwohin mitnehmen, wo wir unbeobachtet sind«, sagte er mit Blick auf den Weg, der zu der Stadt der Sterblichen führte. Die Lüsternheit in Irials Gesicht war das Verlockendste, was Niall je gesehen hatte. Kurz flammte Angst vor seinen verwirrenden Gefühlen in ihm auf. Dann leckte sich Irial über die Lippen und lachte. »Komm schon, Niall. Ich glaube, du könntest ein bisschen Gesellschaft gebrauchen, oder?«
    Später hatte er sich gefragt, warum er keinen Verdacht geschöpft hatte, weil Irial seinen Namen kannte. Doch damals konnte Niall an nichts anderes denken als daran, dass er in ein Festgelage gestolpert zu sein schien. In ein Festgelage, das ihm vor Augen führte, wie wenig er bis dahin eigentlich gekostet hatte. Alles hatte eine völlig neue Intensität – und er genoss es.
    Über die nächsten sechs Jahre hinweg blieb Irial manchmal monatelang bei Niall. Und mit Irial an seiner Seite gab Niall sich ausschweifenden Vergnügungen mit mehr sterblichen Mädchen zugleich hin, als er sich selbst je zugetraut hatte. Doch es war nie genug. Ganz gleich, wie viele Tage hintereinander Niall sich der Sinneslust hingab – das Gefühl der Befriedigung hielt nie lange an. Es gab auch andere ähnlich verwirrende Zeiten, in denen sie ganz unter sich waren, exotische Früchte aßen, ausländische Weine tranken, neue Länder bereisten, wunderbaren Liedern lauschten und über alles Mögliche redeten. Es war perfekt – eine Zeit lang. Wenn ich nicht an Irials Hof gegangen wäre und die Sterblichen dort gesehen hätte … Niall war sich nicht sicher, wen er mehr gehasst hatte, als er endlich begriff, wie dumm er gewesen war.
    »Lange nicht gesehen, Gancanagh.« Es kam ihm fast gelegen, als Gabriels Stimme seine unangenehmen Erinnerungen durchbrach. Der Hundself stand an der Straßenecke, so nah an der Fahrbahn, dass er von unvorsichtigen Fahrern gestreift werden konnte, aber doch weit genug entfernt, um einigermaßen in Sicherheit zu sein. Ohne den Verkehr zu beachten, ließ er seinen Blick den Gehsteig auf und ab wandern. »Sind die Wachen weg?«
    »Ja.« Niall musterte den Unterarm des Elfen, um zu sehen, ob da etwas geschrieben stand, was er wissen sollte. Fast hoffte er, Irial hätte Gabriel etwas befohlen, das es ihm erlauben würde zuzuschlagen.
    Gabriel folgte seinem Blick. Mit einem gehässigen Grinsen drehte er ihm seine Arme zu, damit Niall auch die Innenseiten sehen konnte. »Keine Botschaft für dich. Eines Tages werde ich die Chance bekommen, dir auf der anderen Seite auch so eine hübsche Narbe in dein hübsches Gesicht zu zeichnen, aber diesmal noch nicht.«
    »Das sagst du immer, aber er erlaubt es dir einfach nicht.« Niall zuckte die Achseln. Er war sich nicht sicher, ob es Gabriel ärgerte, dass er ihm keine Angst

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