Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis
weiter Ferne zu kommen.
Sie seufzte, sagte dann aber sanft: »Du bist krank , Liebster. Weißt du denn, was dir fehlt?«
»Das ist eine Allergie.«
»Gegen was denn? Hast du ein Notfallset mit Spritzen dabei?« Sie hob sein Hemd vom Boden auf und untersuchte die Brusttaschen. Sie waren leer. Leslie ließ das Hemd wieder fallen. Wo konnte sie sonst noch suchen? Auf dem Nachttisch lag nichts. Sie befühlte die Taschen seiner Jeans – die er noch immer anhatte.
Niall nahm ihre Hand. »Ich hab dich nicht hergebracht, um Sex mit dir zu haben; dafür bin ich jetzt auch gar nicht fit genug, aber …«, er zog sie über sich, bis sie auf seiner Brust lag, »… das heißt nicht, dass ich gegen deine Berührung immun bin.«
Dann erhob er sich aus dem Bett, indem er sich mit einer Hand an der Wand abstützte. »Hilf mir hier raus. Ich brauche frische Luft. Ich muss einen klaren Kopf bekommen, bevor ich noch irgendetwas sage, was ich nicht sagen darf.«
»Was du nicht sagen darfst?« Sie stellte sich neben ihn, um ihm zu helfen. Er legte einen Arm um ihre Schultern und sie umfasste seine Taille.
»Seth, Ash. Alle haben Geheimnisse«, sagte Leslie, hauptsächlich zu sich selbst. Dann sah sie zu Niall hoch. »Ich sollte euch mit Fragen löchern, bis ich aus irgendeinem von euch irgendwas rauskriege.«
Sie konzentrierte sich darauf, ihn durch den Waggon bis zur Tür zu bugsieren. Als er eine Hand ausstreckte und die Tür streifte, stieß er ein lautes Zischen aus. Sie gerieten beide ins Stolpern, als er zurückzuckte.
»Alles in Ordnung?«
»Nein«, sagte er. »Das kann man nicht gerade sagen. Aber gleich geht’s mir besser.«
Da sie nicht wusste, was sie sagen oder tun sollte, sah Leslie sich suchend um. Ihr Blick fiel auf einen von Seths Holzstühlen. »Komm mit«, forderte sie ihn auf.
Während Niall sich mit seinem ganzen Gewicht auf sie lehnte, zerrte sie den Stuhl aus dem Wagen in den dunklen Garten. Das war gar nicht so einfach, aber Leslie hatte einige Übung darin, ihren betrunkenen Vater in sein Zimmer zu manövrieren. Niall setzte sich. Sie war gerade einen Schritt zurückgetreten, als plötzlich Keenan vor ihnen stand. Er schien sich einfach so aus den Schatten auf dem Gelände materialisiert zu haben – vorher war nichts zu sehen gewesen, und jetzt war er mit einem Mal da. Und er war wütend.
»Was denkst du dir eigentlich dabei?«, fragte Keenan.
Niall antwortete nicht.
Leslie verspürte den Impuls wegzulaufen, als er näher kam. Sie war sich nicht sicher, wo er hergekommen war und warum er da war. Sie durfte sich nicht fragen, wie er so unvermittelt hierhergekommen war oder warum seine Gegenwart sie so beunruhigte. Sie wusste nur, dass er ihr Angst machte und sie einfach nur wollte, dass er wieder ging.
»Ich wusste nicht, dass er eine Allergie gegen …« Leslie sah Niall an. »Gegen was bist du eigentlich allergisch?«
»Eisen. Stahl. Er ist allergisch gegen Eisen und Stahl. Wie wir alle.« Keenan machte ein düsteres Gesicht. »Das hier nützt wirklich niemandem was, Niall.«
Leslie trat wieder näher an Niall heran. Der feindselige Ton in Keenans Stimme gefiel ihr ganz und gar nicht. Wut wie Salz, wie Meerwasser in meinem Mund. Sie berührte Niall an der Schulter. Seine Haut fühlte sich schon viel kühler an.
»Nicht hier«, murmelte Niall.
Aber Keenan redete weiter: »Wenn Irial sie haben will …«
Leslie verlor die Beherrschung. »Ich steh direkt vor deiner Nase, du Arsch. Und was glaubst du eigentlich, wer du bist, dass du in diesem Ton mit ihm redest? Man könnte glatt meinen …«
»Leslie.« Niall legte seine Hand auf ihre.
»Nein. Warum lässt du dir das gefallen?« Sie schaute kurz zu Niall und dann wieder zu Keenan. »Rede nicht über mich, als wäre ich nicht da. Nur weil irgend so ein durchgeknallter Freund von dir mich anbaggert, heißt das noch lange nicht, dass …«
»Halt zur Abwechslung einfach mal die Klappe, ja?« Keenan machte einen Schritt auf sie zu; in seinen Augen schienen winzige Flammen zu flackern. »Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst.«
»Hau ab hier!« Leslie wollte ihm in sein hochmütiges Gesicht schlagen, doch Niall hielt inzwischen ihre beiden Hände fest.
»Ich bin nicht sicher, warum er ausgerechnet sie will«, Keenan zuckte die Achseln, »aber wenn sie ihm wichtig ist, will ich wissen warum. Dass du für sie deine Gesundheit aufs Spiel setzt, würde Ashlyn garantiert nicht gefallen, und mir nützt es auch nichts.«
Leslie starrte
Weitere Kostenlose Bücher