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Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Titel: Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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»Ich hoffe.«
    »Bin ich jetzt weniger wert in deinen Augen?«
    Sie sah ihn bestürzt an. »Nein. Natürlich nicht.«
    »Andere würden so denken.«
    »Sie haben Unrecht. Wer auch immer dir das angetan hat …« Sie schüttelte den Kopf und hatte plötzlich etwas Vernichtendes in ihrem Blick. »Ich hoffe, sie haben ihre gerechte Strafe bekommen.«
    »Nein, haben sie nicht.« Jetzt wich er ihrem Blick aus. Würde sie Mitleid mit ihm bekommen, wenn sie wüsste, wie schlimm sie ihn zugerichtet hatten? Würde sie ihn für weniger mannhaft halten, weil er nicht stark genug gewesen war, um ihnen zu entkommen? Er war entkommen, aber erst danach. Damals wäre er liebend gern ein Schatten geworden – wäre lieber verblichen, als diesen Schmerz, diese Erinnerungen nur eine Sekunde länger aushalten zu müssen. Es wäre einfacher gewesen aufzugeben, alles zu beenden. Stattdessen hatte Miach, der letzte Sommerkönig, ihn gefunden, an seinen Sommerhof gebracht und ihm genügend Raum und Zeit gegeben, um seinen Stolz wiederzuerlangen, zu sich selbst zurückzufinden.
    »Es ist schrecklich zu wissen, dass sie noch irgendwo frei herumlaufen.« Sie schaute an ihm vorbei die inzwischen dunkle Straße hinunter und hielt nach Gesichtern in der Dunkelheit Ausschau, wie sie es so oft tat, wenn er unsichtbar neben ihr herging. »Ich würde sie nicht erkennen. Ich erinnere mich nicht mehr an die Gesichter … Ich stand unter Drogen, als sie … du weißt schon.«
    »Dir Gewalt angetan haben«, sagte er sanft. »Ja, ich weiß genau, was du meinst.«
    Ihre Hand fuhr erneut über seine Narben, diesmal zögerlicher. Ihr fassungsloser Gesichtsausdruck bestätigte ihm, dass sie ihn verstand. »Du auch?«
    Er nickte. »Es ist ewig her.«
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Geht es jemals vorbei? Hört sie jemals auf, diese Panik?«
    Sie sah ihn so hoffnungsvoll an, dass er sich wünschte, Elfen könnten lügen. Aber er konnte es nicht. »Es wird besser. Mit der Zeit, mit den Jahren lässt es spürbar nach.«
    »Das ist doch schon was, oder?«
    »An manchen Tagen ist es beinahe alles.« Er küsste sie zärtlich, streifte ihre Haut nur kurz mit den Lippen; er wollte nicht Leidenschaft entfachen, sondern Trost spenden. »Und manchmal trifft man jemanden, der noch genauso zu einem hält, wenn man es ihm erzählt. Das bedeutet einem dann alles.«
    Sie legte stumm ihr Gesicht an seine Brust, und er hielt sie und gestand sich die Wahrheit ein: Für diese Sterbliche würde ich meiner Königin den Gehorsam verweigern, ich würde meinen König verlassen und den Hof, der mich all die Jahre beschützt hat. Alles. Wenn er sie ganz in seine Arme nähme, würde er auch bei ihr bleiben. Er würde nicht zulassen, dass sie ebenso litt wie die anderen Sterblichen, die er verlassen hatte. Er würde bei ihr bleiben, mit oder ohne die Zustimmung seines Hofs. Irial würde sie nicht an sich reißen können, und Keenan würde sich ihnen nicht in den Weg stellen.

Neunzehn
    Als Leslie mitten in der Nacht aufwachte, sah sie, dass Niall fieberte; seine Haut glänzte vor Schweiß. Aber er wälzte sich nicht hin und her; er lag vollkommen reglos da und nicht einmal seine Brust schien sich zu heben und zu senken.
    Sie packte ihn an den Schultern und rüttelte ihn. »Niall?«
    Er blinzelte sie an, dann setzte er sich auf und schaute sich um. »Bist du verletzt? Ist irgendwer hier?«
    »Nein.« Die Haut unter ihrer Hand fühlte sich heiß an, viel heißer, als es überhaupt möglich schien. »Du bist krank, Niall. Warte.«
    Sie ging ins Bad, nahm ein Handtuch, ließ kaltes Wasser darüberlaufen und eilte damit zu ihm zurück. Niall lag mit geschlossenen Augen auf dem Rücken in Seths riesigem Bett. Beinahe ein schöner Anblick – wenn er nicht so ausgesehen hätte, als würde er jeden Moment das Bewusstsein verlieren. Leslie kniete sich aufs Bett und fuhr mit dem eisigen Tuch über sein Gesicht und seine Brust. Er zeigte keinerlei Reaktion. Seine Augen blieben geschlossen und sein Herz schlug so schnell, dass sie den Puls an seinem Hals sehen konnte.
    »Meinst du, du schaffst es bis ins Wohnzimmer? Ich rufe ein Taxi«, murmelte sie und suchte das Zimmer mit den Augen nach ihrem Handy ab.
    »Um wo hinzufahren?«
    »Ins Krankenhaus.« Das nasse Handtuch war inzwischen warm geworden, doch sein Körper hatte sich kein bisschen abgekühlt.
    »Nein. Nicht ins Krankenhaus. Entweder hierbleiben oder zum Loft.« Er schlug die Augen auf und sah sie an. Sein Blick schien aus

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