Sommerlicht Bd. 3 Für alle Ewigkeit
Stattdessen starrte er an ihr vorbei auf den Goldkelch-Wein, der den Bettpfosten umrankte. Die Blüten gingen auf und brachten dunkelviolette Sterne zum Vorschein und die Ranken streckten sich nach ihm aus.
»Keenan?«, sagte sie.
»Ich weiß es nicht. Aber es ist auch nicht wichtig. Im Augenblick jedenfalls nicht.«
»Was ist denn dann wichtig?«
»Dass sie meine Königin angegriffen hat.« Etwas Neues schimmerte in den Tiefen seiner Augen: Schwerter blitzten flackernd auf.
Vielleicht sollte es sie erschrecken, dieses kurze Aufflammen von Wut in den Augen ihres Königs, aber es tröstete sie. Es waren die anderen Gefühle in seinen Augen, die sie erschreckten: seine Besitzgier, seine Furcht und sein Verlangen. »Aber du bist gekommen und hast mich geholt. Ich werde wieder gesund werden.«
Er zog – plötzlich ganz zaghaft – seine Hand weg. »Darf ich dich heilen?«
»Ja.« Sie fragte nicht, was er dafür tun musste; das hätte eine Art von Zweifel ausgedrückt, und in diesem Moment wollte keiner, dass dieser Zweifel im Raum stand. Sie waren Freunde. Sie waren Partner. Den Rest würden sie schon hinkriegen. Sie mussten.
Er ist der Grund, warum ich noch lebe.
Das Eis in ihrem Innern würde dafür sorgen, dass ihre Wunde nicht verheilte, wenn er es nicht entfernte. Und irgendwann würde der Blutverlust sie umbringen.
Keenan schlug die schwere Daunendecke zurück und schob dabei auch das geradezu dekadent weiche Laken weg.
Sie war verletzt, aber trotzdem spürte sie eine unbehagliche, stärker werdende Anspannung. Und sie hatte den unangenehmen Verdacht, dass sie ein Unbehagen erwartete, das nicht vom Schmerz, sondern vom Vergnügen herrühren würde.
»Kannst du deine Bluse anheben? Ich muss die Schnittwunden sehen.« Er sprach mit zittriger Stimme, entweder aus Angst oder wegen etwas, worüber sie lieber nicht nachdenken wollte.
Die Tür zum Rest des Lofts stand offen. Sie waren nicht so ungestört wie hinter verschlossenen Türen, doch niemand würde sich dem Zimmer nähern, in dem sie sich aufhielten. Ihr Hof würde es akzeptieren, dass sie kein Paar waren, wenn sie so weitermachten, aber es war nicht das, was ihre Elfen eigentlich wollten. Das war kein Geheimnis.
Sie hob schweigend den Saum ihrer Bluse an, so dass ihr Bauch entblößt vor ihm lag. Weißer Verbandsmull bedeckte die Stelle, wo die Schnittwunden waren. »Den auch?«
Er nickte, bot ihr jedoch keine Hilfe an. Er hielt seine Hände fest zusammengepresst und vermied es, sie direkt anzusehen.
Sie zog das Pflaster und den Verband ab. Pflaumenblaue Blutergüsse umgaben die roten Schnittwunden. Sie klafften nicht viel weiter als einen Zentimeter auseinander, gingen jedoch tief. Donia hatte das Eis an ihren Fingerspitzen verstärkt und verlängert, als sie es unter Ashlyns Haut trieb.
»Es wird nicht wehtun«, murmelte Keenan, »aber ich nehme an, dass es dir … auf andere Art unangenehm sein wird.«
Diesmal errötete sie noch mehr. »Ich vertraue dir.«
Ohne ein weiteres Wort drückte er seine Handfläche auf die vom Frost verbrannten Schnittwunden. Als seine Haut ihre berührte, waren sie beide wie elektrisiert. In seinen Augen schlugen Wellen an einen verlassenen Strand, der in einem perfekten Sonnenuntergang dalag.
Ein Lustgefühl schoss durch sie hindurch, und sie hielt die Luft an.
Er schaute nicht weg, während das Sonnenlicht durch die Einschnitte in ihren Körper sickerte; er sah ihr in die Augen und sagte: »Du hast mich mit einem Kuss von Beiras Frost geheilt. Auch ich könnte dich so schneller heilen, aber ich kann es nicht tun … nicht unter diesen Umständen. Obwohl ich es möchte, Ash. Ich würde das hier gern zum Vorwand nehmen, um dich zu küssen« – er betrachtete ihren nackten Bauch –, »ich würde gern das Vertrauen annehmen, das du mir entgegenbringst, und mich in dir verlieren, aber ich kann es nicht. Nicht, solange du nur eingeschränkt mir gehörst. Diese Art, dich zu heilen, dauert länger, aber sie ist besser. Für dich … und uns alle.«
»Das ist wahrscheinlich klug.« Sie holte zitternd Luft. Ihr Herz schlug in einem gefährlichen Rhythmus; winzige Wellen der Glückseligkeit brandeten durch ihren gesamten Körper, während das Sonnenlicht alle Kälte hinwegschmolz, die in ihr gewesen war. Und währenddessen sah er sie unverwandt voller Faszination an. Es war ein Blick, vor dem sie normalerweise floh, aber in diesem Moment konnte sie nicht fortlaufen.
Sieh weg. Sie konnte es nicht. Sie konnte
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