Sommerlicht Bd. 3 Für alle Ewigkeit
ins Crow’s Nest, ging aber wieder hinaus, als er dort keine Elfen vorfand. Seth wusste, dass sie beide Türen bewachten. Mehr Abstand zu ihnen würde er nicht bekommen.
Das genügt aber nicht.
Nachdem er ungefähr eine Stunde allein dort gesessen hatte, gestand Seth sich ein, dass er schmollte. Er hatte gar nicht richtig versucht, einen Plan zu fassen. Er hatte Freunde gesehen, die nicht mehr so häufig bei ihm vorbeikamen, seit er mit Ashlyn zusammen war, sie aber nicht angesprochen.
Damali war wieder da, sang aber nicht. Als ihre Blicke sich trafen, lächelte er und sie kam mit zwei Bier zu ihm hin; ihres war schon fast leer. »Bist du frei?«
Er schüttelte den Kopf. »Nur für Gespräche, D.«
»Verdammt.« Sie pfiff durch die Zähne. »Und ich dachte, die würden mich verarschen. Ist es das dürre Ding oder der mürrische Typ?«
Seth nahm das Bier, das sie ihm hinhielt. »Sie ist nicht dürr.«
Damali lachte. »Wie auch immer. Tut sie dir gut?«
Tat sie das? Er trank einen Schluck und wich der Frage aus. »Du warst gut neulich Abend.«
Der Blick, mit dem Damali ihn ansah, war weder wertend noch mitleidig. Er war sehr … menschlich. »Das war jetzt aber kein besonders subtiles Ausweichmanöver. Brauchst du irgendwas?«
»Nur Gesellschaft.« Seth kannte Damali lange genug, er musste ihr nichts vormachen. »Ist gerade alles ziemlich verfahren und ich musste mal ein bisschen raus.«
Sie sah ihn lange an. » Das ist der Grund, warum ich keine Beziehung will. Früher hast du auch so gedacht. Keine Verbindlichkeiten. Keine Reue. Wir hatten viel Spaß, als du noch nicht so drauf warst.«
»Diesmal bin ich glücklich damit, fest mit jemandem zusammen zu sein, D.«
»Ja, das sieht man.« Sie leerte ihre Flasche. »Willst du noch eins?«
Als er ein paar Biere später ging – ohne Damali –, war Seth kein Stück besser gelaunt. Genau genommen fühlte er sich sogar noch schlechter. Katerstimmung ohne den Genuss vorher. Alkohol half eben auch nicht weiter. Hatte es noch nie getan.
Unterwegs fragte er sich, ob es ihm nicht bald noch schlechter gehen würde. Die Wachen, die er so dringend hatte loswerden wollen, waren verschwunden – aber nicht auf seinen Wunsch. Statt ihrer folgte ihm die Rabenelfe, die Niall attackiert hatte, und sie machte sich nicht die Mühe, es unauffällig zu tun. Sie ging so dicht hinter ihm, dass er hörte, wie sie Kampflieder vor sich hin trällerte.
Er wusste, dass er Angst vor ihr haben sollte, und tief im Innern fürchtete er sich auch. Er hatte weder Wachen noch sein Handy bei sich. Aber es hat keinen Sinn, etwas zu beklagen, das ich nicht ändern kann. Er betrat das Bahngelände. Die Schienen und ausrangierten Waggons boten einem Sterblichen, der mit Elfen zu tun hatte, den idealen Schutz. Sein Zuhause befand sich auf einer kleinen Fläche am Rand eines Güterbahnhofs. Die meisten Elfen blieben an den Bahngleisen stehen; diese hier aber nicht – sie folgte ihm fast bis an seine Tür. Ein paar Schritte vor dem Wagen standen Holzstühle in seinem Garten.
Er zog seinen Schlüssel aus der Tasche und drehte sich zu der Elfe mit dem Rabenkopf um.
Sie ließ sich auf einem der Stühle nieder. »Setzt du dich einen Moment zu mir, Sterblicher?«
»Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.« Seth schloss auf, ging aber nicht hinein.
Sie hielt ihren Kopf ungewöhnlich schief, um ihm ins Gesicht zu spähen; eine ausgesprochen unmenschliche Geste. »Vielleicht ja doch.«
»Vielleicht.« Er verharrte auf den Stufen vor der geöffneten Tür, könnte mit nur einem Schritt ins Innere gelangen. Ob das einen Unterschied machen würde? Da er gesehen hatte, mit welch rasender Geschwindigkeit sie auf Niall losgegangen war, hatte Seth wenig Hoffnung, es bis ins Innere des Wagens zu schaffen, bevor sie bei ihm war. Außerdem war sie stark genug, um auf jeden Fall in den Wagen gelangen zu können. Er überlegte, was er tun konnte; ihm fiel nichts ein. Wenn sich sogar Niall gegen sie schwergetan hatte, hatte ein Sterblicher keine Chance.
»Irgendwie bezweifle ich, dass es klug ist, irgendetwas mit dir zu tun zu haben«, sagte er.
Die Elfe schlug die Beine übereinander und lehnte sich zurück. »Ich liebe Zweifel.«
Genau das ist der Grund, warum ich Wachen habe . Aber dann dachte Seth erneut an ihren Kampf mit Niall zurück und vermutete, dass ihn auch die Wachen des Sommerhofs nicht retten könnten, sollte sie ihm etwas antun wollen. Er fragte sich, ob sie die Wachmänner getötet
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