Sommerlicht Bd. 4 Zwischen Schatten und Licht
Lichts, sorgte sich um Devlin und wünschte, sie könnte ihn in die Welt der Sterblichen begleiten.
Vorsichtig näherte sie sich ihm noch ein Stückchen. Hätte sie einen festen Körper gehabt, stünde sie jetzt auf seinen Füßen. »Wirst du bei ihr vorbeischauen? Ani ist wichtig. Geh hin und besuch sie.«
»Lass das.« Devlins Stimme hatte diesen Unterton, den sie immer bekam, wenn Rae verbotene Themen ansprach.
»Du machst einen Fehler«, flüsterte sie. »Du hast sie gerettet. Du solltest …«
»Nicht.« Devlin kehrte ihr den Rücken zu und zog sich fast bis ins offene Sonnenlicht am Höhleneingang zurück. »Ich habe getan, worum du mich gebeten hast. Sie lebt. Mehr ist nicht erforderlich.«
Rae hob eine Hand, folgte ihm aber nicht. Es wäre ohnehin egal gewesen – sie konnte ihn nicht anfassen, konnte ihn nicht zwingen, sie anzusehen. Ohne seine Hilfe hatte sie keinerlei physische Substanz.
Ohne ihn habe ich nichts.
»Kann ich ein bisschen spazieren gehen? Bevor du gehst?« Rae gab sich Mühe, ihre Bitte beiläufig klingen zu lassen. Das gehörte zu den Dingen, die sie sehr früh gelernt hatte: Sie durfte nie den Eindruck erwecken, als wäre es wichtig.
Weder für ihn noch für mich.
Er drehte sich um und eine kaum wahrnehmbare Erleichterung huschte über seine gleichgültige Miene. »Wenn es dich beruhigt …«
»Das würde es«, versicherte Rae ihm. Dass es ihnen beiden guttäte, ließ sie unerwähnt. Devlin wäre nicht so versonnen dort stehengeblieben, wenn er diesen Aufschub nicht auch gewollt hätte. Aber er brauchte einen Vorwand, eine Einladung. Er gab nie offen zu, dass auch er die Gnadenfrist begrüßte, die ihnen beiden gewährt wurde, wenn Rae Besitz von ihm ergriff – es sei denn aus politischem Kalkül, damit er die Fähigkeit erlangte, zu lügen. Wenn er zuließ, dass sie ihm nahekam, dass sie in seinen Körper einzog, befreite ihn das von den einengenden Regeln im Elfenreich. Es lieferte ihm einen Vorwand, das Erbe seiner anderen Schwester zu genießen, ohne irgendwelche Konsequenzen fürchten zu müssen.
»Gut.« Devlin blieb so reglos stehen, wie es nur ein Elf konnte.
Sie ging durch die Höhle, als könnte sie den Steinboden berühren, und maß dabei jeden einzelnen Schritt ab, so wie sie es zuvor getan hatte, um Frieden zu finden – wie bei einem der Tänze, an denen sie in Zeiten teilgenommen hatte, als sie noch einen eigenen Körper besessen hatte. Ihr Rock schwang hin und her; die Illusion gab ihr das Gefühl, realer zu sein.
Devlins Lippen öffneten sich gerade weit genug, um einen Seufzer entweichen zu lassen, als Rae ihm direkt gegenüberstand. Sein Körper spannte sich erwartungsvoll an und seine Pupillen weiteten sich wegen des Adrenalins, das Angst und Aufregung freisetzten.
Sie schlüpfte in ihn, schob Devlin in die hintersten Winkel seines Bewusstseins und erfüllte seinen Körper mit Leben, als wäre es ihr eigener. Sie konnte ihn spüren, konnte in seinem Körper mit ihm reden, während er keinerlei Kontrolle über die Bewegungen hatte. Im Augenblick nicht . Nach so vielen Besuchen in Devlin fühlte er sich für Rae inzwischen ebenso vertraut an wie einst ihr eigener Körper. Vielleicht sogar noch vertrauter.
Sie fragte nicht, wohin er gehen wollte. Er hätte ohnehin so getan, als wäre ihm völlig gleich, was sie mit seinem Körper anstellte. Dennoch spürte sie, wie er sie beobachtete und die Gefühle genoss, die sie beide empfanden, wenn sie diesen Körper teilten. Nur in solchen Momenten konnte er innerhalb des Elfenreichs in Leidenschaften schwelgen – weil nicht er derjenige war, der diesen Gefühlen nachgab.
»In der Welt der Sterblichen bist du nicht so vorsichtig«, flüsterte sie. »Ich kenne deine Geheimnisse, Devlin. Ich habe deine Erinnerungen gesehen. Die Schwärmereien …«
Was ich dort mache, hat keinerlei Folgen für mich , murmelte er. Zuallererst tue ich, was meine Königin verlangt. Ich diene meiner …
»Ich schimpfe doch gar nicht. Ich bin durchaus der Meinung, dass du Spaß haben solltest.« Rae reckte sich und genoss das Gefühl der Schwere, die das Tragen von Muskeln und Knochen ihr endlich einmal wieder verlieh. Sie betastete die Felsen, die ungleichmäßig in die Höhle hineinragten. Sie befand sich im Inneren eines Berges, der für die Königin des Lichts entweder nicht sichtbar war oder den sie ihrer Aufmerksamkeit nicht für würdig erachtete. Devlin hatte die Höhle geschaffen, in der sich Rae versteckte. Denn er
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