Sommerlicht Bd. 4 Zwischen Schatten und Licht
etwas, das anders war als jede andere Elfe, die er in der ganzen Ewigkeit getroffen hatte. Er war sich nicht sicher, ob ihn das freuen oder beunruhigen sollte. Einerseits konnte er sie nicht für alle Zeit vor Sorcha verbergen, andererseits könnte er sich von der Abweichung in ihrem Blut ernähren.
Ist sie meine Rettung oder mein Untergang?
Plötzlich stand ihm Seth gegenüber. Er wirkte nicht so ruhig wie im Elfenreich. Vielmehr sah er aus, als wollte er Devlin eine verpassen. »Hast du überhaupt eine Ahnung, wer dieses Mädchen war?«
Ich habe alle möglichen Ahnungen.
Devlin erhob weder Stimme noch Hand – obwohl die Versuchung groß war. Stattdessen antwortete er: »Das soll nicht deine Sorge sein.«
»Ist es aber. Ani gehört zum Hof der Finsternis.« Seth kam näher und senkte die Stimme. »Wenn Niall oder Irial dich mit ihr gesehen hätten, würden sie dir Fragen über die Absichten unserer Königin stellen und …«
»Ich weiß.« Devlins Stimme verriet seinen Zorn. »Aber dein Ton ist trotzdem unangebracht.«
Seth holte tief Luft. »Tut mir leid. Es war eine lange Nacht.« Er wischte sich die Regentropfen aus dem Gesicht und grinste schief. »Vielmehr ein langes Jahr. Dem Typen von vorhin geht es wieder besser, glaube ich.«
Devlin nickte. Der Zustand des Verletzten interessierte ihn kein bisschen. Er hatte nicht auf ihn eingestochen, nichts Unpassendes getan. Seth sah es allerdings aus einer anderen Perspektive. Er war noch nicht lang genug unsterblich, um verstehen zu können, dass es einfach dazugehörte, dass Sterbliche von Bananachs Hand getötet wurden. Über die kommenden Jahrhunderte würde Seth sich daran gewöhnen – wenn er dann noch lebte. Die Kriegselfe brachte Tod und Schmerz. Denn sie war nun mal der Krieg in Person.
Einige Augenblicke lang hörte man nur die Musikfetzen aus dem Club und die Gespräche der Leute vor dem Gebäude. Der Regen schien die Konturen der Welt verschwimmen zu lassen.
Devlin zwang sich zur Konzentration. Er blickte Seth prüfend an. »Bist du unverletzt?«
»Ja, alles okay.« Seth ließ die Schultern kreisen.
»Unsere Königin möchte gern wissen, wie es dir ergeht«, sagte Devlin. Das war nicht die Nachricht, die Sorcha ihm ausdrücklich aufgetragen hatte, aber er war zu müde, um die Wahrheit neu zu formulieren, wie es wohl eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre. »Sie … macht sich Sorgen.«
Seths Miene wurde plötzlich weich vor Zuneigung. »Sagst du ihr bitte, dass es mir gut geht? Ich vermisse sie, aber es geht mir gut. Es ist alles etwas merkwürdig hier. Keenan ist«, Seth senkte die Stimme, »verschwunden.«
»Und sein Hof?« Devlin blinzelte; ihn überkam eine weitere Welle der Erschöpfung, als hätte er etwas sehr Anstrengendes getan. Er trat einen Schritt zurück und stellte sich breitbeiniger hin, um nicht zu schwanken, lehnte sich aber nicht an die Wand.
»Der Sommerhof untersteht nicht nur ihm, aber es geht ihm … nicht so gut, wie es sein sollte.« Seth setzte eine finstere Miene auf. Die Ausgeglichenheit, die er im Elfenreich besaß, fehlte ihm hier. In der Welt der Sterblichen war Seth kein Angehöriger des Lichthofs.
Ist es das, was mir passiert? Devlin zwang sich, nicht über persönliche Dinge nachzugrübeln und sich stattdessen auf politische Fragen zu konzentrieren. »Sind sie geschwächt? Der Sommerhof?
»Einige schon, aber …« Seths Blick schweifte ab. »Der Hof ist nur gesund, wenn der Regent es auch ist, wie du weißt.«
»Und weder der Sommerkönig noch die Sommerkönigin sind glücklich.« Devlin gab auf und lehnte sich an die Ziegelsteinmauer. Nur für einen Moment . Er ignorierte das merkwürdige Gefühl und fragte: »Und der Winter?«
»Ihre Jahreszeit bricht bald an, also geht es Don ganz gut. Sie ist wütend. Macht sich Sorgen um Keenan und tut so, als wäre sie nicht verletzt. Ich habe sie gesehen und …«
Devlin glitt ein kleines Stück an der Wand nach unten.
»Hey, Devlin!« Seth war direkt neben ihm. »Sie sollte es doch wirklich besser wissen. Verdammt!«
»Sie?«
»Ani.« Seth seufzte und wurde unsichtbar, während er sprach.
Devlin verschwand ebenfalls für sterbliche Augen. Schwächling, schalt er sich selbst, während er einen Schritt von der Wand weg machte. Ich bin stärker als das hier. Die Pflicht ruft . Er musste dafür sorgen, dass Seth sicher nach Hause kam, und dann sollte er sich selbst wohl auch ein wenig Ruhe gönnen. Aber alles, was er in diesem Moment wollte, war, Ani zu
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