Sommerliebe eine Anthologie aus 8 sinnlich-romantischen, humorvollen und erotischen Gay -Love -Storys (German Edition)
Weißt du nicht mehr, wie viel Spaß wir zusammenhatten? Hast du das wirklich alles vergessen? Nein, das kann nicht sein. Man kann solche Spiele, solche Momente, so viel Harmonie nicht vergessen. Aber vermissen, vermissen kann man sie, wenn man sie verliert. Ich kann dich verstehen. Umso länger ich darüber nachdenke, umso mehr vermisse ich sie auch.
Du solltest recht behalten. Der Rubbenbruchsee war wirklich überfüllt. Selbst vor dem ländlich-romantischen Restaurant gab es keinen einzigen Parkplatz mehr. Auf der Minigolfanlage nutzten ein paar Eltern das lange Licht für das Finale eines Kindergeburtstags. Tretboote schipperten sehr zum Ärger der Angler über das Wasser, auf dem die Pollen der umliegenden Bäume und Büsche hässliche Schlieren bildeten. Kindergeschrei, Jogger, Fahrradfahrer, Leseratten im halbhohen Gras und der Geruch des Sommers, so überwältigend, dass er mich in die Knie zu zwingen drohte. Luft zum Schneiden dick, aber wohltuend wie ein Saunagang.
Wir fanden einen Parkplatz weit ab vom üblichen Treiben. Okay, ich gebe zu, von einem Parkplatz kann keine Rede sein. Ich stellte meinen Golf einfach am Waldrand auf einen freien Fleck zwischen zwei Buchen. (Liebe Leute, bitte macht das nicht nach, denn wenn man Pech hat, kann der heiße Auspuff im Sommer zu einem Waldbrand führen und dann bin ich schuld!) Egal, ich war jung, dämlich und wir wollten zum Wasser. Als wir ausstiegen, erwischte ich mich dabei, dass ich zärtlich meinen Schlüssel streichelte, bevor ich ihn in die Hosentasche schob. Jaja, Männer und ihre Autos. Ich weiß.
Aber nicht, dass der Eindruck entsteht, ich hätte mich nur für meine neue Karre interessiert. Nein, absolut nicht. Du hast mich verrückt gemacht. Mit jedem Schritt, den du getan hast. Jedes Mal, wenn du dir das Gesicht abgewischt hast. Als du dich zu mir umgedreht hast, um zu sagen: „Wenn wir nicht gleich eine kühle Ecke finden, reiße ich mir die Klamotten runter und springe in den See. Und tauche bis Mitternacht nicht wieder auf.“
Du warst schon immer ein Bastard.
Auf einmal konnte ich kaum noch geradeaus laufen, weil ein Teil von mir hechelnd darauf wartete, dass du deine Drohung wahr machen könntest. Ich begann mich zu fragen, ob das möglich wäre. Du und ich im Wasser, zu später Stunde, dein Bein um meine gelegt. Meine Hände auf deinem Hinterkopf und dem Po, die eine streichelnd, die andere knetend. Deine Nase nass an meiner eigenen, dein Mund nach Seewasser schmeckend, das uns wie Seide umgab. Oder du hinter mir, einen Arm um meine Brust gelegt, den anderen tiefer schiebend. Schlüpfrig und glatt. Kitzeln, nur am Rand der Schambehaarung. Damit spielen und mir währenddessen den Hals verdrehen, damit du mich küssen kannst.
Schon mal nachts schwimmen gewesen? Ich schwöre, dass Wasser bei Nacht einen vierten Aggregatzustand annimmt, der den Physikern bisher durch die Lappen gegangen ist. Nicht fest, nicht flüssig, nicht gasförmig, sondern nachtseiden. Eine Spur fester als flüssig, weicher als Samt, griffiger als Eiswasser. Nicht lachen, aber wenn man nachts schwimmen geht, glaubt man daran, dass alles Leben ursprünglich aus dem Meer kam. Dann wird man ganz und gar glücklicher Einzeller.
Wir gingen nicht schwimmen, sondern nahmen mit einer Bank vorlieb. Ein wenig abgeschieden vom Rummel. Unser einziger Nachbar war ein Angler, der gerade zusammenpackte. Ab und an kamen Hund und Herrchen vorbei, aber meistens waren wir allein. Du, ich und die Flasche in deiner Hand. Rotwein.
Du hast mir erzählt, dass man bei solchen Temperaturen eher Weißwein trinkt, aber dass du eine besondere Vorliebe für den Roten hast und dich insofern nicht an die hohe Kunst der Weinverkostung hältst. Mir war das ziemlich egal. Ich fand es viel faszinierender, dir dabei zuzusehen, wie du mit deinem Taschenmesser den Korken gezogen hast.
Höflich hast du mir die Pulle als Erstes angeboten und gesagt: „Auf diesen Abend. Wurde Zeit, dass er kommt. Ich bin übrigens Sebastian.“
Sebastian. Ja, mit diesem Namen war ich einverstanden. Er passte zu dir. Er gefiel mir an dir. Er rundete das Bild ab. Ja. Eine gute Wahl. Ich nahm einen Schluck – schrecklich - und reichte dir die Flasche zurück: „Marco.“
Damit waren wir offiziell miteinander bekannt. Nicht schlecht, nach Monaten des Umeinanderschleichens im Supermarkt an der Ecke, hm?
Wer nun glaubt, dass wir steif auf der Bank saßen und nicht wussten, was wir sagen oder tun sollten, hat sich geschnitten.
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