Sommermaerchen
bin so froh zu hören, dass Charles nichts gänzlich Unschickliches getan hat. Ich hatte solch ein schlechtes Gewissen.“
Beatrice konnte nicht umhin zu lachen. „Es gibt nichts, weswegen du ein schlechtes Gewissen haben müsstest. Mein Bruder ist ein ebenso großer Herzensbrecher wie der deine, aber das ist gewiss nicht meine Schuld.“
Lucy erbleichte. „Bea, ich muss dir etwas beichten.“
„Ach ja?“
„Meine Mutter mochte dich auf Anhieb, und daher haben wir dafür gesorgt, dass du Charles begegnest.“
Schuldbewusst erklärte Lucy, in welcher Weise sie und ihre Mutter sich in Beatrices Leben eingemischt hatten. Beatrice lauschte mit glühend roten Wangen, ohne recht zu wissen, was sie dazu sagen sollte.
„Wir haben es mit den besten Absichten getan. Wir haben bemerkt, dass Charles ungewöhnliches Interesse an dir hegt. Und da du dich verheiraten solltest und er sich ebenfalls vermählen sollte ...“ Lucy brach ab und knetete verlegen die Hände im Schoß.
„Ich verstehe“, sagte Beatrice. „So wie es aussieht, ging euer Plan allerdings nicht ganz auf.“
Lucy wurde noch etwas blasser. „Es tut mir so leid, Bea ... Ich nehme an, wir hätten uns besser nicht von Wunschgedanken leiten lassen und uns um unsere eigenen Angelegenheiten gekümmert. Ich hoffe nur, unsere Einmischung hat dir nicht geschadet oder Kummer bereitet. Das würde ich mir nie verzeihen.“
Beatrice zwang sich zu einem Lächeln, bemüht ihre Freundin zu beruhigen. Zwar hätte sich Lucy nicht einmischen sollen, aber sie konnte ja nichts dafür, dass ihr Bruder solch ein Frauenheld war. „Mach dir keine Vorwürfe, Lucy. Ich könnte dir gar nicht böse sein. Und sei versichert, du hast nicht zur Schädigung meines Rufes beigetragen. So weit kam es erst gar nicht. Es war nur ein Kuss.“
„Bist du dir sicher?“
„Ja, natürlich. Du kommst doch zum Dinner am Samstag?“
Lucy nickte. „Ja, sehr gerne. Ich hatte schon befürchtet, du wolltest mich nie wiedersehen.“ Sie hielt inne und nahm noch einen Schluck Tee. „Ich hoffe, du verzeihst mir diesen unerwarteten Besuch.“
Beatrice lachte. „Aber sicher! Ich freue mich dich zu sehen, wenngleich es mich auch überrascht.“
„Das kann ich dir nicht verdenken. Allerdings gibt es einen weiteren Grund für mein Kommen. Ich brauche deinen Rat, Bea.“
Beatrice sah sie überrascht an. „Meinen Rat? Oje, dann muss es wirklich schlimm stehen.“
„Nein, ganz und gar nicht“, versicherte Lucy. „Aber die Situation dürfte dir bekannt vorkommen. Im vergangenen Monat habe ich vier Heiratsanträge erhalten und alle abgelehnt.“
„Gleich vier? Oh, Lucy, dann steckst du in Schwierigkeiten.“ Beatrice lachte. „Wer sind denn die unglücklichen Gentlemen?“
Lucy blickte sie niedergeschlagen an. „Mach keine Scherze. Es ist einfach schrecklich.
Lord Dudley hat drei Mal um meine Hand angehalten. Und der Earl of Suffolk ebenfalls.“
Beatrice lehnte sich zurück. „Ein Earl? Da warst du erfolgreicher, als ich es jemals gewesen bin. Außerdem hat Dudley mir lediglich zwei Mal die Ehe angetragen. Ich sollte dich um Rat fragen.“
„Aber ich habe es nie darauf angelegt, dass die Herren mir einen Antrag machen.
Der Earl ist fast sechzig, und Dudley ...“
„Ja, er ist, wie er ist. Das musst du mir nicht erklären. Ich schlage vor, du ziehst dich ein wenig zurück, um weitere Anträge erst einmal zu vermeiden, damit du dir nicht einen solchen Ruf erwirbst wie ich.“
Lucy nickte und fragte gleich darauf: „Hast du denn inzwischen einen Antrag erhalten? Hier auf dem Land vielleicht? Möglicherweise bin ich zu indiskret, aber wir haben uns fast zwei Monate nicht gesehen ...“
„Du bist nicht indiskret, und die Antwort lautet nein“, antwortete Beatrice seufzend.
„Vermutlich aber wird Lord Asher an diesem Wochenende um meine Hand anhalten.“
„Du scheinst nicht gerade begeistert.“
„Das bin ich auch nicht. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, den Rest meines Lebens mit ihm zu verbringen.“
„Willst du ihm einen Korb geben?“, fragte Lucy und zupfte die Spitze ihres Ärmels zurecht, um nicht zu interessiert zu wirken.
Beatrice seufzte erneut. „Ich weiß es nicht. Ich glaube, mir bleibt gar nichts anderes übrig, als seinen Antrag anzunehmen. Ich habe ihn zwar nicht ermutigt, aber seine Avancen auch nicht zurückgewiesen. Er wird annehmen, dass ich einverstanden bin, und meine Familie möchte mich endlich verheiratet sehen. Außerdem hätte ich
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