Sommermaerchen
Donnerstag, und für das Wochenende hatte er nichts geplant.
Vielleicht sollte er seinen Entschluss noch einmal überdenken.
16. KAPITEL
Am Freitagabend zur Dinnerstunde war Beatrice ein nervliches Wrack.
Sie hatte das Speisezimmer erst im letzten Moment betreten, da sie es nicht allzu eilig hatte, sich an den üblichen Banalitäten und Schmeicheleien zu beteiligen. Leider bedeutete ihr Zuspätkommen auch, dass sie sich einem einschüchternden Meer von Menschen gegenübersah. Unwillkürlich verspürte sie den Drang, sich wieder auf ihr Zimmer zu flüchten. Sämtliche Stühle an den beiden langen Tischen, bis auf den für sie reservierten, waren besetzt.
Ihr spätes Erscheinen blieb nicht unbemerkt, einige Köpfe drehten sich nach ihr um, als sie mit gesenktem Kopf ihren Platz einnahm.
Sie wünschte, sie könnte den Abend genießen. Das Speisezimmer sah prachtvoll aus, die aufgetischten Delikatessen schmeckten köstlich, und sie sah hübsch aus, wie sie wusste. Ihr hellblaues Abendkleid und der Saphirschmuck brachten ihre blonden Haare gut zur Geltung. Allerdings hatte man sie neben Lord Asher platziert, und jedes Mal, wenn er mit ihr sprach, mit vor Liebe glänzenden Augen, zuckte sie zusammen. Er genoss das Mahl ganz offensichtlich sehr und nahm an, es erginge ihr ebenso, obwohl sie sich in Wahrheit am liebsten vor ihm versteckt hätte, damit er ihr nicht die bewusste Frage stellen konnte. Sie hatte beschlossen, Ja zu sagen, sollte er um ihre Hand anhalten, obwohl sie tief in ihrem Herzen wusste, dass sie damit den schlimmsten Fehler ihres Lebens beginge.
Beatrice versuchte, einen verstohlenen Blick zu Eleanor und Lucy auf der anderen Seite des Tisches zu werfen. Die Sicht wurde ihr durch ein üppiges Blumenarrangement und einen hohen Kandelaber verwehrt.
Verärgert kniff sie die Lippen zusammen und musste sich zu einem Lächeln zwingen, als Lord Asher ihr das Versprechen abnahm, ihm den ersten Tanz zu schenken.
Nachdem die Mahlzeit beendet war, zogen sich die Damen in den Salon zurück, während die Herren noch bei einem Glas Portwein verweilten. Beatrice hatte noch keine Gelegenheit gehabt, Lucy zu begrüßen, und wusste, dass sie Lady Pelham noch eine Erklärung schuldete.
Doch bevor sie zu den beiden hinübergehen konnte, fing Eleanor sie ab. Ihre Augen leuchteten vor Freude, weil sie zum ersten Mal an einer größeren Gesellschaft teilnehmen durfte.
„Vergnügst du dich Elli?“, fragte Beatrice liebevoll.
„Ja“, sagte sie strahlend. „Obwohl Vater mich neben einen schrecklich langweiligen Oxfordprofessor gesetzt hat.“
„Das tut mir leid. Da gab es wohl nicht viel Gesprächsstoff.“
„Oh doch, wir haben uns über griechische Tragödien unterhalten. Er hielt mich für recht klug. Aber meist habe ich verstohlen die anderen beobachtet.“
„Ach ja? Wen denn?“
„Na, dich zum Beispiel. Du sahst so unglücklich aus. Und deine Freundin Lucy, die fortwährend jemanden mit wütenden Blicken bedachte. Erst beim Nachtisch habe ich herausgefunden, wem sie galten.“
Beatrice hob die Augenbrauen und wünschte, sie hätte neben ihrer Schwester sitzen können. Offenbar hatte Eleanor sehr viel mehr Spaß gehabt als sie. „Und, wem galten sie?“
„Dem Gentleman, der neben Tante Louisa wohnte.“ Eleanor hielt inne. „Ist das nicht der Gentleman, der dir das unschickliche Angebot machte?“
Beatrice schüttelte heftig den Kopf. Das konnte nicht sein. „Du musst dich irren, Elli.“
„Nein, ich bin mir sicher. Einen Mann wie ihn könnte ich nicht vergessen. Er erwiderte ihre Blicke übrigens gleichermaßen zornig. Es war offensichtlich, dass sie einander gut kennen.“
„Lucy ist seine Schwester“, sagte Beatrice bedächtig.
„Oh!“, rief Eleanor. „Das erklärt natürlich alles. Wie dumm von mir.“
In diesem Augenblick verkündete Lady Sinclair, die Herren würden nun wieder zu ihnen stoßen und man wolle sich in den Ballsaal zum Tanz begeben.
„Das ist mein Zeichen, mich auf mein Zimmer zurückzuziehen, Bea“, sagte Eleanor unwillig. „Ich sehe dich morgen früh.“ Sie eilte davon, während sich die anderen Damen in den Ballsaal begaben. Beatrice überlegte kurz, ob sie ihrer Schwester folgen sollte. Sie wünschte sich verzweifelt, dem Ball zu entfliehen, wusste aber, dass dies unmöglich infrage kam. Lord Asher strebte bereits auf sie zu und bot ihr galant wie immer seinen Arm.
Gezwungen lächelnd ließ sich Beatrice von ihm zur Tanzfläche geleiten.
Der erste Tanz war
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