Sommermond
Gehen um.
„Alle zusammen oder lieber nacheinander?“, rief Peer ihm nach.
Sofort blieb Nick stehen. Ben warf Peer einen entsetzten Blick zu und Max murmelte ein leises „Oh, oh …“
Doch die Spannung klang sofort wieder ab. Nick drehte sich kein weiteres Mal um. Er schüttelte nur fassungslos den Kopf, ging dann weiter und mischte sich unter die anderen Studenten.
Ben, Max und Peer schauten ihm noch eine Weile nach, tauschten dann flüchtige Blicke untereinander und prusteten schließlich los.
„Mann, Alter!“, lachte Max und kippte den Rest seines Getränks herunter. „Der steht ja noch voll auf dich.“
„Bist wohl ziemlich begehrt, was?“, fragte Peer und lächelte.
Sofort schob Ben diesen Kommentar mit seinen Händen von sich weg und erwiderte: „Schön wär’s …“
„Soll ich uns was zu trinken holen?“, warf Max ein.
Noch immer hielt er Isabelles Hand, die sich allerdings längst abgewandt hatte und mit einem anderen Mädchen unterhielt. Das Bild erinnerte Ben an ein Herrchen mit seinem Hund, der an der Leine gekettet an anderen Vierbeinern schnüffelt.
„Wieso solche Zweifel?“, fragte Peer und ignorierte Max‘ Einwurf. „Der Typ von eben steht auf dich“, zählte er auf, „dieser Alex steht offensichtlich auf dich und um ehrlich zu sein … ich tu’s auch.“
Diese klaren Worte verpassten Ben einen heißen Schauer, der von seinem Rücken bis in seine Kniekehlen reichte.
„O … kay!“, mischte sich Max mit erhobenem Zeigefinger ein. „Ich hol‘ dann wirklich mal was zu trinken.“
Mit diesen Worten wandte er sich um und zog Isabelle dabei so unerwartet hinter sich her, dass ihr kaum Zeit blieb, sich aus dem Gespräch mit ihrer Freundin zu verabschieden. Sie rief noch kurz irgendwas, winkte dann flüchtig und holte Max schließlich schnellen Schrittes ein.
„Du sagst, ich sei seltsam“, fuhr Peer fort und sah Ben dabei zum ersten Mal ohne jegliche Form konfuser Mimik an. Er wirkte ernst und ehrlich. „Und du denkst, ich sei etwas Besonderes. Aber das bin ich nicht. Du bist derjenige, der besonders ist, denn du hast eine Geschichte zu erzählen. Und diese Geschichte erzählst du mit jedem Blick, jeder Geste.“ Er pausierte kurz. „Deswegen hab‘ ich dich gezeichnet. Ich wollte die Geschichte verstehen.“
Ben sah ihn mit großen Augen an. In seinem Kopf öffneten sich sämtliche Schubladen, aus denen der Inhalt überquoll. Mit aller Mühe versuchte er sie wieder zuzudrücken. Doch es gelang ihm nicht. Also blieben die meisten von ihnen geöffnet.
„Ich glaub‘, ich sollte jetzt gehen“, murmelte er geistesabwesend und rutschte von der Fensterbank.
Er leerte seine Bierflasche, stellte sie ab und wandte sich zum Gehen um.
„Hab‘ ich was Falsches gesagt?“, hörte er Peer hinter sich.
Auf dem Weg Richtung Ausgang stieß er fast gegen Max, der drei volle Gläser zu balancieren versuchte.
„Wo ist denn Isa?“, fragte Ben.
„Auf Klo“, gab Max zurück. „Und was hast du vor?“
„Ich will nach Hause“, erwiderte Ben und versuchte an Max vorbeizugehen. Doch der stolperte ein paar Schritte rückwärts und versperrte ihm den Weg.
„Und was ist mit diesem Kunststudenten?“, fragte er.
Ben schloss kurz die Augen und atmete tief durch. Als er sie anschließend wieder öffnete, tauchte Peer neben ihnen auf. Ben sah ihn kurz an und griff anschließend nach einem von Max’ Mischgetränken. Er setzte den Plastikbecher an seine Lippen und exte den bittersüßen Inhalt in einem Zug leer. Auf diese Weise wollte er seine Überforderung hinunterspülen. Als er fertig war, drückte er Max den leeren Becher in die Hand und griff sofort nach dem nächsten, um die vorherige Prozedur noch einmal zu wiederholen. Dann nahm er seinen Kopf wieder nach unten, japste nach Luft und wischte sich mit der flachen Hand über die Lippen. Dabei sah er, dass Max und Peer skeptische Blicke tauschten.
„So!“, stöhnte Ben. „Ich werd‘ jetzt trotzdem gehen.“
„ Gehen? “, hakte Max nach.
„Mann, Max! Ich ruf‘ mir natürlich ‘n Taxi.“
„Oder ich fahr‘ dich“, warf Peer ein.
Kaum dass er ausgesprochen hatte, verzog er sein Gesicht unschuldig und sah wieder aus wie Johnny Depp, wenn er in einer seiner Kinorollen nach Ausreden rang und man auf sympathische Weise Mitleid mit ihm bekam.
„Ich mein‘ ja nur …“, fügte Peer hinzu und gestikulierte wild vor sich herum. „Du musst ja nicht … nur wenn du willst. Weißt du?“
Seine Art schaffte es
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