Sommermond
wollte das nicht glauben. Aber Alex‘ Blick, während er Ben stolz von seinen Trümpfen erzählt hatte, war eindeutig gewesen. Hinzu kam sein trunkener Zustand. Hinsichtlich dieser beiden Tatsachen schien Alex tatsächlich die Wahrheit gesagt zu haben. Diese Erkenntnis schmerzte Ben, machte ihn wütend und eifersüchtig. Er drehte sich auf die Seite und klemmte sich die Bettdecke zwischen die Knie. Das Foto von Alex ließ er in der Nachtschrankschublade verschwinden. Er wollte den Blonden aus dem Kopf bekommen, um sorgenfrei einschlafen zu können. Doch die besagte Person machte ihm im selben Moment einen Strich durch die Rechnung. Kaum dass er seine Augen geschlossen hatte, ließ sie ihn ein dröhnender Bass wieder öffnen. Er knurrte genervt, drehte sich auf den Bauch und presste sich das Kopfkissen auf den Kopf. Doch die Musik, die aus Alex‘ Zimmer schallte, drang durch die Federn des Kissens. Ben nahm es herunter und rollte sich zurück auf den Rücken. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er gen Zimmerdecke und lauschte der lauten Musik. Sein Herz hämmerte aufgeregt gegen seine Brust. Ihm war bewusst, dass er sich gerade in die Sache hineinsteigerte. Dagegen war er allerdings machtlos. Er wollte schlafen und hatte sich dieses Vorhaben fest in den Kopf gesetzt. Deshalb machte ihn die laute Musik ganz kirre. Zwar versuchte er, nicht hinzuhören, konnte sich aber auf nichts anderes mehr konzentrieren. Nach wenigen Minuten war dann auch das letzte bisschen Müdigkeit aus ihm vertrieben. Hellwach fuhr er hoch, schob die Decke von seinen Beinen und stand auf. Mit dem festen Vorhaben, Alex zur Rede zu stellen, schritt er zur Tür. Doch kaum dass er seine Hand nach der Türklinke ausstreckte, verstummte die Musik. Ben verharrte mit kritischem Blick. Erst nach ein paar Sekunden zog er seine Hand wieder zurück. Er kniff die Augen zusammen und stöhnte genervt. Als er seine Augen anschließend wieder öffnete, fuhr er sich mit der Hand durchs Gesicht und trat schließlich zum Bett zurück. Doch gerade, als er sich wieder hinlegen wollte, ertönte neue Musik, unterlegt von einem dumpfen Bass. Jetzt reichte es Ben. Entschlossen eilte er zur Tür, riss sie auf und stürmte durch den Flur. Vor Alex‘ Zimmer blieb er stehen, hob die Hand und klopfte fest gegen das Holz. Doch Alex antwortete nicht. Ben klopfte noch kräftiger, beugte sich vor und presste sein Ohr gegen das Holz. Doch außer der lauten Rockmusik war nichts zu hören. Ben wunderte sich, dass Jo noch nicht da war, um sich zu beschweren. Vermutlich ignorierte er Alex‘ Verhalten, um weiteren Streit zu vermeiden. Ben dachte darüber nach, sich Jos Haltung anzupassen – im Motto „Der Klügere gibt nach“.
Doch dann schüttelte er den Kopf. Er war nicht Jo. Er konnte sich verhalten, wie ihm das passte. Außerdem war er wirklich müde und befürchtete nun, durch Alex‘ Überdrehtheit die halbe Nacht wachgehalten zu werden.
Er hob seine Hand und klopfte erneut. Dieses Mal horchte er allerdings nicht, ob Alex antwortete, sondern drückte die Türklinke direkt herunter und schob die Tür auf. In der halb geöffneten Tür blieb er stehen und warf einen Blick in Alex‘ Richtung. Dabei konnte er nicht umhin, zu schmunzeln. Der Blonde stand vorm Spiegel, knöpfte sein Hemd auf und bewegte sich dabei rhythmisch zur Musik. Er bemerkte ihn nicht einmal. Ben erkannte Alex kaum wieder. Er war dessen Arroganz gewohnt, aber nicht die Hyperaktivität, die er gerade auslebte. Er verweilte noch ein paar Sekunden im Türrahmen, bevor er das Zimmer betrat, zielstrebig zum Schreibtisch schritt und die Musik per Mausklick ausschaltete. Als er sich daraufhin aufrichtete und umdrehte, traf sein Blick auf den von Alex. Der Blonde starrte ihn an. Einen Moment lang wusste Ben nicht, ob sich dessen Fassungslosigkeit auf das ungefragte Ausschalten der Musik oder auf seinen halb nackten Körper bezog. Immerhin stand er nur in Boxershorts neben dem Schreibtisch.
„Es gibt Leute, die schlafen wollen“, erklärte er knapp.
Er konnte sehen, wie Alex schluckte. Sein Kehlkopf hüpfte kurz nach oben. Ben versuchte ernst zu bleiben und lächelte nur innerlich. Als Alex noch immer nichts erwiderte, trat er zurück zur Tür. Er wollte das Zimmer gerade verlassen, als Alex auf ihn zustürmte, um ihn herumgriff und die Tür laut zudrückte. Ben blieb mit dem Rücken zu ihm stehen. Er spürte Alex‘ heißen Atem auf seiner Schulter. Spannung lag in der Luft und drohte bei einer falschen
Weitere Kostenlose Bücher