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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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allein lassen wollte. Immerhin wusste der Dunkelhaarige, was Alex heute bevorstand. Er hätte ihm zumindest die Chance geben können, sich – sobald alles überstanden war – noch einmal von seiner anderen Seite zu präsentieren. Doch offensichtlich wollte Ben das nicht. Sein Ziel waren die USA. Auf einen Aufenthalt in den Staaten hatte er schon damals gehofft. Mit dem Stipendium schien einer seiner Träume in Erfüllung zu gehen, und natürlich gab er diesen nicht für jemanden auf, der ihm in keinerlei Hinsicht zeigte, dass es ihm ernst mit der Beziehung war. Ja, er hatte sich für Bens Leben eingesetzt. Doch ohne ihn hätte es diese Probleme gar nicht erst gegeben. Eigentlich war es selbstverständlich, dass er sich für Ben verantwortlich fühlte. Er konnte niemand Unschuldigen für seine Fehler büßen lassen. Trotzdem hatte sein Einsatz nicht genügt, um ihre Beziehung zu retten. Dazu gehörte mehr. Er hätte nicht mit dem anderen Kerl vögeln sollen. Er hätte Ben zeigen müssen, wie wichtig er ihm war. Doch das hatte er nicht getan. Stattdessen hatte er wieder einmal bewiesen, was für ein Arschloch er war, und dass ein kleiner Streit genügte, um ihn aus der Fassung zu bringen. Er hatte Bens Vertrauen missbraucht, ihn respektlos behandelt. Die Folgen dieses Verhaltens bekam er nun zu spüren. Deshalb wunderte es ihn nicht, dass Ben ihn aufgegeben hatte. Vermutlich würde er selbst nicht anders handeln. Wozu ein wertvolles Stipendium hinwerfen, wenn derjenige, für den man dies tat, einem keine Sicherheit gab?
    Alex nahm einen letzten Zug, warf die aufgerauchte Zigarette anschließend zu Boden und trat sie aus. Als er wieder aufsah, ließ er seinen Blick durch den Garten schweifen. Am Ende der grünen Rasenfläche reihten sich hohe Tannen, dazwischen wilde Sträucher. Jo kümmerte sich schon lange nicht mehr um den Garten. Er überließ ihn der Natur und genau so sah er auch aus. Unkraut wucherte zwischen dem hohen Gras und die Erde der Beete war grau und trocken.
    Alex‘ Blicke endete an Sams Grab, das eine kleine Erhöhung im Garten darstellte. Auf ihr wuchsen nur vereinzelte Grashalme und etwas Unkraut. Er musste noch oft an Sam denken. Der Schäferhund war sein bislang treuester Freund gewesen. Für Alex war das Grab wie ein Symbol für all das, was er angerichtet hatte. Die Erinnerungen an Sams Tod waren schmerzhaft. Alex wusste noch genau, wie er ihn leblos vor der Tür aufgefunden hatte.
    Er wollte gerade in Richtung der Hunderuhestätte gehen, als sein Handy klingelte. Irritiert blieb er stehen und zog sein Handy aus der Tasche.
    „Ja?“, meldete er sich.
    „Bleibt alles wie besprochen?“, schallte ihm der spanische Akzent seines Feindes entgegen.
    Alex nickte geistesabwesend und vergaß völlig, dass sein Gesprächspartner ihn nicht sehen konnte. Gewaltsam riss er sich aus seinem Gedankentief.
    „Ja“, antwortete er dann, „alles wie besprochen.“
    „Und die Schwuchtel hält sich an die Regeln?“, fragte der Spanier.
    „Ja, ich … ich denke schon“, stammelte Alex. Er war ganz durcheinander.
    „Du denkst ?“, hakte der Spanier nach.
    „Nein“, warf Alex schnell hinterher. „Ich weiß es.“ Er pausierte, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und wechselte das Handy vom rechten zum linken Ohr. „Die Polizei hat keine Ahnung“, fügte er dann hinzu. „Ben weiß, was auf dem Spiel steht.“
    „Ich muss mich darauf verlassen können“, entgegnete der Spanier.
    „Ihr könnt euch auf mich verlassen“, erwiderte Alex. „Ich werde pünktlich um 22 Uhr im Park sein. Ohne Polizei. Pawlow erwartet mich bis spätestens 23 Uhr am Hafen. Wo genau, weiß ich nicht. Einer seiner Komplizen fährt mich hin.“
    „In Ordnung“, sagte der Spanier. „Sollte ich herausbekommen, dass du die Bullen doch eingeschaltet hast, bist du dran! Haben wir uns da verstanden?“
    „Natürlich.“
    „Und erlaub‘ dir ja keine Fehler“, fügte der Spanier hinzu. „Verstanden?“
    „Ja.“
    „Gut“, sagte der Spanier und klang bedrohlich. „Dann viel Glück …“
    Ein leises Klicken verdeutlichte Alex, dass er auflegte. Er ließ das Handy von seinem Ohr gleiten, stopfte es zurück in die Hosentasche und atmete tief durch. Als er sich anschließend umwandte, um in den Wintergarten zurückzukehren, lief er fast in Ben hinein. Erschrocken starrte er ihn an.
    „Was machst du hier?“, war das Erstbeste, was ihm einfiel.
    Ben hatte Sportklamotten an. Offenbar wollte er joggen gehen. Wie immer.

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