Sommernachts-Grauen
grad ist?“
„Wahrscheinlich im ‚Madhouse‘ oder im ‚Stairways‘. Da treffe ich sie sonst immer.“
Ganz sicher war sie da und Ella hatte es lediglich verabsäumt, sie zu suchen.
„Also ist das schon auch ihre Gegend, um auf die Piste zu gehen?“
„Was soll das alles? Was genau willst du?“
Meier nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas.
„Sag mal, könnte es etwas mit dem Zettel zu tun haben?“, wollte Ella wissen.
Auf der einen Seite war sie furchtbar neugierig, andererseits aber wusste sie, dass es besser war, einfach alles zu ignorieren, was mit den Morden in Zusammenhang zu bringen war. Vorsichtig schob Meier Ella ein wenig von sich, um besser mit einer Hand in seiner engen Hose nach dem Zettel zu suchen. Ella wurde schlecht. Ohne zu wissen, was für eine Nachricht es diesmal war, ahnte sie, dass es unangenehm werden würde und sehr viel schlimmer, als die Nachrichten, die sie in ihrer Jacke bei sich trug.
„Sag es mir“, forderte sie ihn auf.
Meier aber hielt ihr lediglich den Zettel entgegen. Mit zitternden Händen stellte sie ihr Bier vor sich auf den Tisch, nahm ihn entgegen und faltete das Papier auseinander. Ein dicker Kloß steckte ihr im Hals fest. Ihr Herz schlug heftig und ließ ihren Puls an den Schläfen pochen.
Wie bei einem schweren Unfall war sie nicht in der Lage rational zu handeln, den Zettel einfach wieder zu zerknüllen und auf den Boden zu dem restlichen Müll zu befördern. Wie in Zeitlupe legte sie ihn auf den Holztisch vor sich und strich sorgfältig darüber. Noch bevor sie zu lesen begann, erkannte sie die Schrift. Sie war nicht überrascht. Fragte sich nicht einmal, wie es möglich war, das ausgerechnet sie das Stück Papier auf der Straße finden konnte.
‚Was Deiner Freundin passiert ist, sollte Dir zu denken geben!‘
Kalter Schweiß war ihr ausgebrochen. Wie paralysiert starrte sie auf den Tisch, während Meier ihr über den Rücken strich. Darum hatte Meier also all diese Fragen gestellt. Sie versuchte die Bruchstücke, die in ihrem Kopf hin und her sprangen, in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen.
Die Worte des Punks dröhnten in ihrem Schädel und die Buchstaben auf dem Zettel fingen vor ihren Augen an zu tanzen. ‚Was Deiner Freundin passiert ist‘. Freundin, dachte Ella, Freundin, welche Freundin? Sie konnte die Antwort direkt vor sich sehen, Ullis Name tauchte in der gleichen Schrift, wie die des Zettels, vor ihrem geistigen Auge auf. Dennoch konnte sie nicht begreifen, was das zu bedeuten hatte.
„Ulli“, schrie sie plötzlich.
Meier streichelte noch immer über ihren Rücken. Obwohl Ella jetzt wusste, was Ulli geschehen war, konnte sie weder weinen, noch eine andere Empfindung zeigen. Sie fühlte sich leer, als ob sie gerade ihren Körper verlassen hatte und sich dabei zusah, wie sie ihr Glas an den Mund führte, um einen tiefen Schluck daraus zu nehmen.
„Ey Mann, was machst du denn hier? Dich habe ich ja ewig nicht mehr gesehen.“
Ein dünner und äußerst hagerer Mann hatte sich in der Menge umgedreht, stand somit direkt vor Ella und strahlte sie an.
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„Das ist Johnny, ein fabelhafter Fotograf. Ach, was rede ich, er ist der Starfotograf in Hamburg.“
So hatte mir Ulli Johnny vorgestellt. Als ich ihn sah, kam mir augenblicklich in den Sinn, dass es sich bei den Fotos wohl eher weniger um Mode handeln dürfte. Er wirkte auf mich wie ein fieser Lude, dabei hatte ich noch nie einen kennengelernt, mir aber diese Sorte Mensch genauso vorgestellt.
Johnny war deutlich älter als wir. Später erfuhr ich, dass er bereits über 40 Jahre alt war. Das hatte mir Ulli im Vertrauen erzählt, nachdem sie tatsächlich mit ihm im Bett gewesen war, was ich als äußerst ekelhaft empfand und mir gar nicht vorstellen wollte, wie dieser Mann nackt aussah. Ulli aber meinte, es hätte sich gelohnt und künftig würde es jeder jüngere Typ schwer mit ihr haben. Kein Mann hätte sie zuvor in dieser Weise befriedigt. Mir wurde eher schlecht bei der Vorstellung, von diesem Kerl berührt zu werden.
Das Alter war es nicht allein, was mich an ihm störte. Seine gesamte Erscheinung wirkte eher abstoßend auf mich. Die wenigen Haare waren komplett grau. Auf seinem Kopf war eindeutig eine Glatze zu erkennen und die restlichen Haare hatte er zu einem fipsigen Pferdeschwanz zusammen gebunden, was absolut lächerlich aussah. Zudem war er extrem dünn und betonte seine nicht vorhandene Körperfülle mit sehr engen Lederhosen.
Ich fragte mich,
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