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Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Donohue
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gebannt und lustvoll auf das Schauspiel starrte, das sich ihm auf Armeslänge darbot. Als Waters fertig war, rollte er sich von ihr herunter und kickte seine Hosen von den Knöcheln. Wie zum Trocknen ausgelegte Segel streckten sich die drei unter dem Som merhimmel aus und sannen über das sonderbare Schicksal nach, das sie zusammengeführt hatte. Die Männer bemerkten nicht, dass Jane weinte, und Waters sagte nur: »Das dürfen wir Mr. Carter nie erzählen«, woraufhin er und Chard wie Schuljungen lachten, die nur Unsinn im Sinn hatten.
    Und so verbrachten sie diesen Juni damit, weiterhin aus zwei drei zu machen. Manches Mal war es wie früher, Jane und Chard zusammen, andere Male besuchte sie Mr. Waters, um sich zu verlustieren, und wiederum andere Male beschritten sie zu dritt gemeinsame Wege, die sie nicht verstand, bis ihr die Männer ihre verwickelten Pläne erklärten. Noch schockierender war, dass diese Liebesakte Chard und Waters ermutigten, einander, ohne dass sie dabei war, zu besuchen, wie sie es über Männer gehört hatte, die lange auf See waren. Doch Jane ertrug ihre vermeintliche Vorliebe nicht, denn sie ertappte sich dabei, mal den einen und mal den anderen zu lieben, mal wünschte sie sich den einen fort, mal sehnte sie sich nach der Rückkehr des anderen. Ihrem Gefühl nach waren sie die zwei Hälften eines einzigen Mannes. Während Mr. Chard noch immer liebenswürdig im Privaten und grob in der Öffentlichkeit war, war Mr. Waters in der Öffentlichkeit sehr nett, aber wie ein Wilder, wenn sie in privaten heimlichen Stunden das Tier mit den zwei Rücken machten. Waters’ Leidenschaft erregte sie, und sie erinnerte sich an sein Versprechen damals in der Höhle. Chard hingegen hatte, auch wenn er oft grausam war, den Vorzug, der Erste gewesen zu sein, und folglich – irgendwie schaffte sie es nicht, sich damit abzufinden – der Beste.
    In den seltenen Momenten, wenn keiner der Männer sie behelligte, wünschte sie, sie könnte irgendwie aus beiden Männern einen einzigen machen und manchmal auch überhaupt keinen, denn obwohl sie, bevor sie England verlassen hatte, keinen Mann gekannt hatte, hatte Jane das sichere Gefühl, dass es, moralische Gesetze eingeschlossen, falsch war, ihr Bett mit zweien zu teilen, und dies umso mehr, weil sie den anderen vorzog, wenn der eine auf ihr lag, also den Abwesenden vermisste und ihn für den Besseren von beiden hielt. Auch fürchtete sie den Zorn Gottes wegen ihrer Unzucht und war mehr als einmal entschlossen, ihre Sünden zu beichten und sich von den Männern abzuwenden. Sie suchte Mr. Carter und fand ihn, mit der Bibel in der Hand, allein am Strand, die anderen beiden Männer waren fort – um sich zu bespringen, vermutete sie. Beiläufig näherte sie sich ihm und bat ihn, mit ihr den Strand entlangzugehen, sie wolle mit ihm reden, denn ihr liege eine schwere Last auf dem Herzen. Crab, die Dogge, sprang ihnen voraus in die Brandung, bellte die sich brechenden Wellen an und holte das Stöckchen, das sie ins Wasser warf. Carter umklammerte das Buch, das er in den auf dem Rücken verschränkten Händen hielt, und stakste mit seinen langen Beinen wie ein großer Reiher, mit gesenktem Blick und sanft wie ein Vikar bei der Brautwerbung. Jane hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Die Gedanken wirbelten in ihrem Kopf umher, und ihr Blick huschte vom unergründlichen Gesicht des Mannes zum Hund, der im Meer umhertollte, und zu den sonderbaren Fantasien, die ihr in der Erinnerung an ihre beiden Verführer gegenwärtig waren. Womit soll ich beginnen, dachte sie, wie kann ich die Geschichte am besten erzählen? Sie dankte Carter für sein Vertrauen und hüpfte voraus, wobei sie übte, ihr dunkles Geheimnis auszusprechen, und überlegte, wie er wohl auf ihre Entmännlichung reagieren würde; würde er verstehen und sie behandeln, wie es Ravens getan hatte, oder würde auch er wie ein Wilder über sie herfallen?
    Gerade als Jane den Mund aufmachte, um zu sprechen, hörte sie den Hund bellen und sah ihn dann mit großen Sprüngen aus dem Meer kommen und mit seinem Stummelschwanz wedeln, als wollte er ihnen etwas mitteilen, wie es Hunde mit ihren urtümlichen Mitteln zu tun pflegen. Crab rannte wieder zurück zu dem Gegenstand, der ihn so verwirrte, und bellte laut und aufgeregt. Und dort, zwischen drei großen Steinen, lag etwas, das wie ein Toter aussah, auch wenn sie das anfangs nicht sicher sagen konnten. Als Carter und Jane sich näherten, jagten sich wilde

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