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Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Donohue
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Miniaturpalmen und etwas, das wie ein bellender Hund von der Größe eines Flohs aussah. Mit gerecktem Hals und dem Kopf im Becken, das Ohr am Abfluss, meinte ich, in der Ferne die Kehrreime eines Seemannslieds zu hören, wobei die Stimmen in einer schauderhaften Leere verklangen. Insbesondere das Verschwinden von Crab erfüllte mich mit tiefem Schmerz über die Wirren des Schicksals, das nichts verschont, das den Unschuldigen und den Schuldigen in einer einzigen Flut mit sich reißt. Dies erschien mir höchst unfair, ein Fehler in der Planung. Die anderen drängten sich auf dem emaillierten Rand der Badewanne, Dolly und der alte Mann rechts und links von Long Jane, der sie den Arm um ihre breite Schulter gelegt hatten und sie trösteten, während sie mit dem Kinn auf der Brust still vor sich hin schluchzte.
    »Aber es war doch ein Versehen«, sagte ich. »Vermutlich.«
    Sie hoben die Köpfe. Drei Augenpaare sahen mich tadelnd und auf eine Erklärung wartend an.
    »Also er … Chard … wollte doch vermutlich Mr. Waters treffen und traf stattdessen sie. Klar, Waters hat ihn in Rage gebracht. Er hatte nicht die Absicht …«
    Jane guckte, als hätte ich gerade mit einem Ruder ihren Schädel zerschmettert. Auf ihrer Stirn erschien eine schmale rote Schramme, die erst wie eine Arterie pulsierte und dann unvermittelt wieder verschwand. Sie beugte sich vor, und dicke Ringel knotiger Haare hingen wie Seile zu Boden. Stillschweigend nahm ich die Verteidigung des Totschlags zurück und bot keine weiteren Theorien an, und wir alle versanken in unseren finsteren Gedanken. Nach einer Weile fragte der alte Mann: »Nur aus Neugierde, was wurde aus dem feinen jungen Mann, der das Mädchen zu Tode geprügelt hat?«
    »Zwei Jahre lang warteten sie auf Rettung, und nur dank Mr. Carters Vermittlung brachten sie sich wegen der grauen Ambra nicht gegenseitig um. Er versteckte das Gewehr, das der General zurückgelassen hatte, und ihre Messer und ließ sie nach dem ›Versehen‹ Eide schwören und versprach ihnen Erlösung. Wenn nicht in dieser Welt, dann in der nächsten. Alle Hoffnung hatten sie schon aufgegeben, als sie an einem schönen Julitag im Jahre 1612 das rote Kreuz auf dem Segel eines englischen Schiffes erspähten. Es war die Plough mit sechzig Mann an Bord unter dem Kommando von Gouverneur Moore, ausgesandt von der Virginia Company, um von den Überlebenden der Somers-Expedition, die es sicher bis nach Jamestown geschafft hatten, eine Siedlung auf den Bermudas errichten zu lassen. Den Leuten an Bord boten die drei Männer einen befremdlichen Anblick. Die Seeleute, fast nackt, braun wie Indianer, schmutzig und haarig wie Affen, waren eine Art Legende, der lebende Beweis für Gottes Gnade.
    Chard und Waters wahrten das Geheimnis ihres versteckten Schatzes und heckten mit Kapitän Robert Davies von der Plough einen Plan aus, die Ambra an Bord und dann nach England zu schmuggeln; und es war Davies, der Edwin Kendall, einen Mann aus Gouverneur Moores Geheimrat, anwarb, sich der Verschwörung anzuschließen. Wie alle Pläne dieser Art wurde er durch ihre Gier und Angst zunichte gemacht, Kendall zeigte sie an, und sie mussten ihren Schatz der Virginia Company aushändigen.
    Während Davies aufgrund seines Versprechens, nicht mehr zu sündigen, Vergebung fand, wurde Chard zum Tod durch den Galgen verurteilt. Ein Gerüst wurde aufgebaut, aber es war nur eine List des Gouverneurs, der die Einhaltung der Ordnung sicherstellen wollte. Chard kam ohne strenge Bestrafung davon, und die Ambra wurde an Bord der Plough nach England gebracht, wobei, um ehrlich zu sein, Mr. Davies und Mr. Kendall Brocken davon entwendeten und sie für sechshundert Sovereigns verkauften, und obwohl ein Befehl zu ihrer Verhaftung vorlag, entkam Davies nach Irland und Kendall nach Schottland und dann 1622 mit Siedlern nach Nova Scotia.«
    Kopfschüttelnd rief Dolly aus: »Männer!«, und spuckte auf den Boden. »Was geschah denn mit den wirklichen Schurken?«
    »Carter und Waters wurden in den Rat von Gouverneur Moore berufen, und als Moore drei Jahre später nach England aufbrach, wurde Mr. Carter einer der Anführer der Kolonie. Mr. Waters ging nach Virginia und baute sich dort eine Farm, nur um am Karfreitag im Jahr 1622 durch die Hände der Powhatan zu sterben.«
    Der alte Mann fragte: »Was wurde aus Mr. Chard?«
    »Moore hielt ihn bis 1615 in Zwangsarbeit, dann segelte er auf einem Piratenschiff zu den West Indies, plünderte in der Karibik und im Osten

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