Sommernachtsgeflüster
dass sie gerade fast ihr ganzes Geld für die Taxifahrt ausgegeben hatte. Sie würde sich glücklich schätzen können, wenn noch genug für eine Busfahrkarte übrig war.
Ben fasste sie wieder an der Schulter. Sie schmerzte noch vom letzten Mal.
»Lassen Sie mich los, Sie ungehobelter Klotz!«
»Nicht, bevor Sie mir nicht erklärt haben, warum Sie mein Haus nicht betreten wollen. Rory und Toby sind da.
Sie sollten dort vor meinen Begierden ziemlich sicher sein.«
Seine unglückliche Wortwahl erinnerte Thea an ihre gemeinsame Arbeit in der Galerie. Sie errötete tief an. »Ich bezweifle, dass Sie die Bedeutung dieses Wortes kennen«, grummelte sie in Erinnerung an ihre bittere Demütigung.
Er presste die Lippen noch fester aufeinander, und sein Griff wurde härter. »Was ist es dann?«
Sie reckte den Kopf und bog die Schultern nach hinten; dadurch wurde sein Griff etwas lockerer. »Sie sollten in der Lage sein, selbst darauf zu kommen. Aber da Sie offensichtlich unglaublich schwer von Begriff sind, will ich es Ihnen erklären. Sie haben mich all die Schwierigkeiten und Kosten, die Mühe und die harte Arbeit für den Aufbau einer Kunstgalerie auf mich nehmen lassen, obwohl Sie verdammt gut wussten, dass Ihre Frau Rory ein Angebot machen würde, das er nicht zurückweisen konnte. Sie wussten, dass ich schließlich mit einer Galerie, jedoch ohne den berühmten Künstler dastehen würde ... und ohne jede Chance, Geld zu verdienen.«
»Was?« Er runzelte erstaunt die Stirn.
»Ach, kommen Sie schon, erzählen Sie mir nicht, Sie seien nicht nur dumm, sondern auch taub!«
Ben war anscheinend immer noch wütend, konnte seine Gefühle aber besser verbergen als Thea. »Ich bin nicht taub, und ich bin auch nicht dumm. Und weil ich nicht dumm bin, werden wir dieses Gespräch im Haus fortsetzen.«
»Nein. Ich sagte, ich weigere mich ...«
Er stritt nicht weiter mit ihr, sondern legte sie sich einfach wie ein Feuerwehrmann über die Schulter, trug sie zurück zum Haus und dort die Stufen zur Eingangstür hinauf. Thea stellte fest, dass sie ihn nicht treten konnte -an gutem Willen mangelte es ihr nicht. Sie hieb mit der Faust auf seinen Rücken ein, aber das schien ihr mehr wehzutun als ihm. Dann setzte er sie ab, sodass sie wieder auf eigenen Füßen stand, als das Kindermädchen öffnete. »Vielen Dank«, meinte Ben. »Und jetzt zu Ihnen, Thea.« Er wandte sich zu ihr um. »Ab nach oben und ins Bad.«
Thea war hin- und hergerissen. Sie war jetzt schon zu lange durchnässt und durchgefroren, um sich nicht nach einem heißen Bad zu sehnen. Andererseits wollte sie verdammt sein, wenn sie von Ben Befehle annahm, selbst wenn es ihm ausnahmsweise einmal um ihr Wohl ging.
»Ich lasse mich auf keine Diskussionen ein«, fuhr er fort. »Sie können mein Bad benutzen. Sie werden dort nicht gestört werden. Aber wenn Sie wieder herauskommen, werden Sie mir erklären, wovon zum Teufel Sie gesprochen haben.«
Thea schmiedete in aller Eile einen Notplan. Sie würde scheinbar mitspielen, nach oben gehen, Wasser in die Wanne laufen lassen und - wenn Ben nicht mehr im Weg war -zurück nach unten und aus dem Haus schleichen und sich davonmachen. Sein Benehmen war ungeheuerlich, fast so ungeheuerlich, wie es sein Verrat gewesen war. Sie wollte verdammt sein, wenn sie ihm irgendetwas erklärte und sich im Gegenzug seine gleichmütigen, logischen Antworten anhören musste.
Theas Plan hatte nicht vorgesehen, dass Ben für sie das Badewasser einließ, ihr ein Handtuch und einen Bademantel gab und ihr befahl, sich auszuziehen. Es war eigentlich weniger ein Befehl, sondern eher ein Vorschlag, sodass es umso schwieriger war, ihn abzulehnen. »Wenn Sie mir ihre nassen Sachen geben, werde ich sie in den Trockner stecken.«
Thea biss sich auf die Lippen. »Ja, gut.« Sie nahm den dicken Frotteebademantel entgegen. Sie konnte genauso gut das Angebot nutzen, und sie wollte wirklich keine Konfrontation. Sie war zu müde und zu wütend, um garantieren zu können, dass ihre Gefühle nicht mit ihr durchgingen. Tränen würden die vielen Demütigungen, die sie in letzter Zeit hatte hinnehmen müssen, nur noch schlimmer machen.
Das Bad, so schien ihr, kam von allen Dingen auf dieser Erde dem Himmel am nächsten. Was waren schon Sex oder Schokolade - eine Wanne heißen Wassers musste es sein, wenn man wirklich durchgefroren war. Sie ließ sich hineinsinken, bis nur noch ihr Kopf herausschaute. Im gleichen Augenblick war der Plan, nur schnell
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