Sommernachtsgeflüster
sollen. »Hätte ich nicht die Presseinformation abfassen sollen?«
»Ich bitte um Entschuldigung. Ich hätte Sie gefragt, aber das Abfassen einer Presseinformation ist eine Kunst für sich. Man muss die Aufmerksamkeit eines Haufens sehr gelangweilter Journalisten wecken, die sich gewöhnlich nicht im Geringsten für Kunst interessieren, wenn nicht irgendeine interessante Story daran hängt.« Er hielt kurz inne. »Und ich wollte nicht von Ihnen hören, ich solle das Ganze lassen, weil ich wusste, wie wichtig es für Sie sein würde.«
»Ach.«
Molly, die die Spannung zwischen Thea und Ben spürte, meinte: »Nun, bestimmt hätte ich auch etwas ausrichten können.«
»Molly, ich weiß, dass du wirklich gute Beziehungen hast, aber meine Freundin verfügt über geradezu unglaubliche Kontakte.« Ben schien wirklich um eine Erklärung bemüht zu sein.
»Na gut, könnten Sie uns dann wenigstens eine Kopie der Presseinformation geben?«, bat Thea. »Damit wir eine Vorstellung bekommen, wovon die Story handelt?«
»Sicher.« Er nahm einige Blätter aus seiner Aktentasche und reichte Molly und Thea jeweils eins. Darauf war zu lesen:
In Irland findet man an den Enden eines Regenbogens Kessel mit Gold, aber im äußersten Westen der Grafschaft Mayo ist etwas noch Aufregenderes entdeckt worden. Dort arbeitete ein junger Mann, dessen Bilder seit seiner Absolventenausstellung niemand mehr gesehen hat, zurückgezogen an einer Reihe von Landschaftsbildern, die in der Kunstwelt für enormes Aufsehen gesorgt haben. Obwohl ihm in London von der Edward Grampian Gallery eine Ausstellung angeboten wurde, hat er sich entschlossen, in einer brandneuen Galerie in der Provinz auszustellen, die seine ehemalige Freundin, Thea Orville, dort eröffnet hat-um seine Werke auszustellen. Es ist ein Geheimnis, warum er sein Debut von einer gut eingeführten Londoner Galerie an einen völlig unbekannten Ort verlegt hat. Aber die ganze Kunstwelt wird in Scharen erscheinen, um dabei zu sein. Dass er eine »Schnitte« ist, kommt ihm als weiterer Pluspunkt zugute ...
Neben dem Text war ein Foto von Rory abgedruckt, wie er über die Clew Bay blickt. Sie erinnerte sich, es selbst aufgenommen und es Rory überlassen zu haben. Und sie musste zugeben, dass er nicht hätte schöner und romantischer wirken können.
»Ja«, sagte sie mit sehr gemischten Gefühlen und gab Ben die Seite zurück. »Es hat offensichtlich seine Wirkung getan. Das Telefon steht nicht mehr still - da klingelt es schon wieder.« Nachdem sie den Anruf entgegengenommen hatte, wandte sie sich wieder Ben zu. »Aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob es eigentlich vertretbar ist. Ich war nie Rorys Freundin, und man sollte über seine Bilder sprechen und nicht darüber, wie er aussieht und ob er eine ›Schnitte‹ ist oder nicht.«
»Was heißt das überhaupt?«, wollte Molly wissen.
»Ich glaube, es ist der irische Ausdruck für ›eine Todsünde wert‹«, antwortete Thea. »Und ich habe jetzt keine Zeit, ständig am Telefon mit Journalisten zu reden, die sich weniger für seine Bilder und mehr dafür interessieren, ob Rory und ich nun ein Paar gewesen sind oder nicht.«
»Und, waren Sie es? Ein Paar, meine ich?«, erkundigte sich Ben.
»Das ist doch wohl ziemlich belanglos!«, begehrte Thea auf. Sie ärgerte sich, dass er gefragt hatte, vor allem vor Molly, sodass sie sich nicht einmal ordentlich streiten konnten.
»Nicht unbedingt. Es könnte hilfreich sein, die Fakten zu kennen. Vom Standpunkt der Öffentlichkeitsarbeit aus gesehen.«
»Ach, tatsächlich? Nach dem zu urteilen, was ich gerade gelesen habe, denken Sie sich ja einfach etwas aus. Was hat das mit den Tatsachen zu tun.«
»Ach, hört auf zu zanken, ihr zwei«, sagte Molly kurz angebunden. »Was sollen wir mit dem Telefon machen? Wir haben ohnehin noch so viel zu tun. Ich muss mir die Haare machen lassen.«
»Und ich habe auch noch einiges vor mir«, fügte Thea hinzu und dachte an die Liste noch zu erledigender Dinge, die mit jeder Stunde länger wurde.
Ben zog die Augenbrauen hoch. »Holt euch Petal her und setzt sie ans Telefon. Erklärt ihr genau, was sie von Theas und Rorys romantischem Verhältnis erzählen soll und wann die Vernissage stattfindet.«
»Molly besteht auf Häppchen. Wir müssen also wissen, mit wie vielen Gästen wir rechnen müssen.«
»Mit viel mehr, als Sie eingeladen haben, so viel steht fest. Haben Sie sich die Zeitungen notiert, mit denen Sie bereits gesprochen
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