Sommernachtsgeflüster
Lippen kommen sollte.
Thea konnte schon wieder lachen. »War nur ein Scherz. Wir nehmen deinen Handy-Andy.«
»Er heißt nicht Andy.« Molly wirkte besorgt. »Er heißt Bob.«
»Dann sei ein Schatz und ruf ihn an, Moll ... y.«
Molly schüttelte den Kopf. Manchmal konnte sie Thea einfach nicht verstehen.
Ein halbes Leben später sah Thea zu Hause die Post durch, während die Welpen mit ihren Knöcheln kämpften. Zwischen den vielen Werbesendungen befand sich nur ein echter Brief. Sie öffnete ihn. Er war von Toby. Der Junge hatte ihn auf seinem Computer geschrieben.
Liebe Thea,
ich schreibe dir, um mich für all die Schwierigkeiten zu entschuldigen, die ich verursacht habe. Ich habe gehört, wie Dad mit Veronica telefonierte, und ich weiß jetzt, dass er nicht glaubt, dass du mich entführt hast. Ich hoffe nur, du und Dad, ihr bleibt Freunde. Bitte sag mir, dass es so ist.
Mit lieben Grüßen
Toby.
Das etwas förmliche Schreiben war mit Sternen und Raumschiffen verziert. Thea biss sich auf die Lippen. Es hatte keinen Sinn, sentimental zu werden. Toby wünschte sich, dass Ben und sie zusammenfanden, damit er eine richtige Mutter bekam. Nachdem sie Veronica kennen gelernt hatte, konnte Thea ihn verstehen. Sie mochte selbst so gut wie nichts über Kindererziehung wissen, doch wenigstens hatte sie wirklich Freude an Tobys Gesellschaft. Sie bezweifelte, dass es Veronica ebenso ging.
Thea hoffte nur, dass Ben nichts von Tobys Gefühlen wusste. Es würde ihn zur Raserei bringen. Beziehungen waren auch schon schwierig genug, ohne dass sich ein Sohn in das Liebesleben seines Vaters einmischte. Ihr war instinktiv klar, dass Ben niemals eine Frau heiraten würde, die Toby nicht gefiel. Genauso, wie sie inzwischen akzeptieren konnte, dass er wahrscheinlich wirklich nicht in Veronicas Auftrag nach Rory gesucht hatte; es war alles ein Zusammentreffen unglücklicher Umstände gewesen.
Aber was machte diese Erkenntnis schon für einen Unterschied? Die einzige Leidenschaft, zu der Ben ihr gegenüber fähig zu sein schien, war Zorn - kein Gefühl, auf das man eine Beziehung aufbauen konnte. Trotzdem würde sie ihm, wenn sich die Gelegenheit bot, gern sagen, dass sie ihn nicht länger eines so massiven Verrats für fähig hielt. Vielleicht ergab es sich ja, wenn er zu Rorys Vernissage kam.
Und Tobys Brief würde sie beantworten müssen, und zwar schnell, damit er die Antwort noch in London bekam. Sie hatte keine Lust, Molly nach Bens Adresse in Bristol zu fragen - das würde einen Mahlstrom bohrender Fragen auslösen, auf die Thea keine Antworten hatte.
Später saß sie mit einem Brief block am Küchentisch und überlegte, was sie Toby schreiben sollte. Sie hatte eine schöne Karte, auf die sie den Brief, wenn er fertig war, kopieren konnte. Aber bisher war sie noch nicht weitergekommen als bis zu der Anrede: Lieber Toby.
Schließlich schrieb sie, nachdem sie viel durchgestrichen, einige Male neu angefangen und die alten Entwürfe als Spielzeug für die Welpen zusammengeknüllt hatte:
Lieber Toby,
Erwachsene benehmen sich nicht immer logisch, und leider glaube ich eigentlich nicht, dass Ben und ich Freunde bleiben können.
Aber das bedeutet nicht, dass wir beide nicht Freunde sein können. Du kannst jederzeit zu mir kommen und bleiben. Molly würde das schon arrangieren.
Ich hoffe, dass du dich mit Ben in Bristol wohl fühlst und dass du deine Londoner Freunde nicht allzu sehr vermisst. Schön ist jedenfalls, dass Bristol nicht so weit von Cheltenham entfernt ist, sodass du herkommen kannst, um zu sehen, wie es den Welpen geht, oder um Schokoladenkuchen und Pizza zu backen, wann immer du willst.
Mit ganz lieben Grüßen!
Deine Freundin Thea.
Sie verzierte den Brief mit Zeichnungen von Lara und den Welpen, die einander jagten und überall kleine Pfützen hinterließen. Als sie damit fertig war, passte das Gesamtwerk nicht mehr auf die Karte. Also faltete sie einfach das Blatt zusammen, steckte es in einen Umschlag und schickte es ab. Toby würde es nichts ausmachen, dass sie auf liniertem Papier geschrieben hatte, und wenn es Ben nicht gefiel -nun, ihm hatte ja alles an ihr missfallen.
Als sie später mit Lara zum Briefkasten ging, beschloss sie, Ben ganz aus ihren Gedanken zu verbannen. Es gab vor der Ausstellung noch so viel zu tun, dass für ihn ohnehin kein Platz mehr war.
Theas Leben folgte von nun an einem harten, unbarmherzig schnellen Rhythmus. Sie hatte jetzt ihre Gummistiefel am Bett
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