Sommernachtsgeflüster
einen Tee aufbrühen, während ich alles erzähle.«
»Okay«, meinte Susan, stand auf und ging in die Küche. »Oh. Es scheinen keine Teebeutel mehr da zu sein.«
»Ben ist irgendein Verwandter von Molly. Molly ist eine Freundin von mir und Petals Tante. Und Toby ist Bens Sohn.«
»Und Ben ist also derjenige, der einmal Leiter einer Kunstakademie war und dem Rorys Bilder gefallen?«
»Mehr oder weniger. Sie hätten gar nicht herzukommen brauchen. Jedenfalls nicht alle. Ich habe ja viel Zeit darauf verwendet, die Dias aufzunehmen.« Es war wichtig, dass Susan nicht auf den Gedanken verfiel, dass ihr die Invasion besonders angenehm sei.
»Und sie schlafen alle? Hier?«
Thea nickte.
»Heilige Mutter Gottes, wo haben Sie sie alle untergebracht?«
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Kapitel 8
T oby erschien, während Susan die Küche aufräumte. Er sah niedlich zerzaust aus und ähnelte auf geradezu rührende Weise seinem Vater.
»Morgen, Toby. Hast du gut geschlafen?« Thea beschloss, ihre erste Begegnung an diesem Morgen zu ignorieren.
»Guten Morgen. Wie schön, dass endlich jemand auf ist. Ich liege schon seit Ewigkeiten wach und lese.«
»Du bist ja auch nicht so spät ins Bett gekommen wie alle anderen. Komm her, sieh dir die Welpen an.«
Toby kniete sich voller Respekt neben Lara nieder. »Schau dir mal diesen winzig kleinen an«, murmelte er.
Thea schluckte. »Vielleicht hält er nicht lange durch. Aber er ist mein Liebling.«
»Meiner auch«, stimmte Toby zu.
Ben trat ein, angezogen, aber erst halb wach. Als sie ihn so ungekämmt sah, fuhr Thea sich unwillkürlich selbst mit der Hand durchs Haar. Es hatte sich im Nacken, wo es beim Baden nass geworden war, zu Knoten zusammengerollt und musste dringend gebürstet werden. Sie brachte es notdürftig mit den Fingern in Ordnung.
»Guten Morgen, Thea. Guten Morgen, Toby. Bewunderst du die Welpen? Der Kleine weilt ja immer noch unter uns, sehe ich.«
»Er ist mein und Theas Liebling«, erklärte Toby fest.
Ben warf Thea einen Blick zu mit der deutlichen Anweisung, Kindern niemals etwas vorzumachen, was die Überlebenschancen kleiner Welpen anging. Sie erwiderte seinen Blick und versuchte, ihm klar zu machen, dass sie das nicht getan hatte. »War Lara schon draußen?«, fragte er, nachdem die schweigende Auseinandersetzung beendet war.
»Sie hat sich noch nicht gerührt«, antwortete Thea.
»Sie sollte jetzt rauskommen und ihr Geschäft machen, und sie wird auch was zu fressen brauchen.«
Thea öffnete die Haustür und rief Lara. Die Hündin wedelte mit dem Schwanz, rührte sich aber nicht von der Stelle.
»Sie müssen sie mit einer Leckerei hinauslocken«, erklärte Ben ihr.
»Dann lassen Sie uns in der Küche nachschauen, ob wir etwas Brauchbares finden. Bei der Gelegenheit kann ich Sie gleich mit Susan bekannt machen. Susan, das hier sind Ben und Toby. Das ist Susan. Sie sieht bei Rory nach dem Rechten.«
»Guten Morgen, die Herren«, rief Susan. Ihr Lächeln war nicht genau zu deuten, es wirkte weder begeistert noch feindselig.
»Wir brauchen etwas Essbares, mit dem wir Lara hinauslocken können«, meinte Thea. »Was ist denn da?«
»Herzlich wenig.« Susan öffnete den Kühlschrank und spähte hinein. »Herzlich wenig, auch für euer Frühstück, Leute.«
»Es muss doch irgendetwas geben, was Lara schmeckt. Ein Stück Käse vielleicht?« Thea wusste, dass Käse im Haus war, weil sie ihn selbst gekauft hatte.
»Hier ist eine halbe Scheibe Schinken, die könnten wir ihr geben. Sie würde zum Frühstück ohnehin für keinen von Ihnen reichen.« Susan reichte sie Ben weiter.
Er ging damit zu Lara hinüber. An sie gedrängt lagen jetzt fünf kleine Bällchen und ein Würstchen, wo vorher sechs kleine Würstchen gelegen hatten. Der Kümmerling lebte zwar noch, war aber nicht wie die anderen über Nacht dicker geworden.
»Es ist doch ein gutes Zeichen, dass er noch nicht tot ist, oder?«, fragte Thea.
Ben blickte auf sie herab, erwiderte aber nichts. Thea fühlte sich so, wie Toby sich fühlen musste, wenn sein Vater schlechte Nachrichten für ihn hatte.
»Also gut«, fuhr sie fort. »Das ist der Lauf der Dinge. Wenn er stirbt, hat alles seine Ordnung.«
Sie erteilte sich selbst diese Lektion mit einer Stimme, die von der Anstrengung, die Tränen zurückzuhalten, spröde war. Sie hatte zu wenig geschlafen, war reizbar und fragte sich, ob sie unter so etwas wie einer übertragenen nachgeburtlichen
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