Sommernachtsgeflüster
war das das Letzte, was Thea wollte. »Ich werde es überschlafen«, beschloss sie, denn sie war hundemüde. »Und werde es mir morgen überlegen.«
Thea war zuversichtlich, als sie am nächsten Tag zur Hypothekenbank ging. Schließlich war sie nicht unvermögend. Es sollte nicht allzu schwierig sein, ihren Besitz zu beleihen. Die Frau, mit der sie sprach, war jung, hübsch und sachlich. Sie war außerdem bestimmt. Thea könne keine Hypothek oder »persönliche Finanzierung« bekommen, ganz gleich, in welcher Höhe, wenn sie nicht über ein regelmäßiges Einkommen verfüge. Und obwohl die Angestellte es nicht sicher sagen konnte, glaubte sie nicht, dass Einnahmen aus Zimmervermietung als solches gelten könnten.
»Wenn Sie das Geld bekommen, ist es natürlich Ihre Sache, wie Sie es zurückzahlen. Aber wir brauchen Gehaltsabrechnungen oder dergleichen als Nachweis Ihres Einkommens.« Dann, als sie Theas Verzweiflung bemerkte, fügte sie hinzu: »Ich könnte Sie zu einem meiner Vorgesetzten bringen. Vielleicht hat er einen besseren Vorschlag.«
Thea seufzte. »Wenn es so weit ist, werde ich wiederkommen.«
Die Frau lächelte. »Es wäre vielleicht nicht schlecht, vorher einen Termin auszumachen.«
Zu Hause angekommen, unternahm Thea einen für sie ungewöhnlichen Rundgang durch alle Zimmer und sammelte schmutzige Tassen und Gläser ein. Wieder einmal stieß sie in Petals Zimmer auf den vermissten Korkenzieher und beschloss, ihr einen eigenen zu kaufen. Doch dann fiel ihr ein, dass sie ja kein Geld und auch keine Kunstgalerie mehr in Aussicht hatte - nur weil sie bei dem Fotografen im Städtchen gegen Barbezahlung gearbeitet hatte und keine Lohnabrechnungen vorlegen konnte.
Sie überlegte, ob sie den Fotografen noch einmal aufsuchen und darum bitten sollte, ihr eine Verdienstbescheinigung auszustellen, aus der nicht hervorging, dass sie gar nicht mehr bei ihm arbeitete. Damit könnte sie sich dann an eine andere Hypothekenbank wenden. Aber sie verwarf den Gedanken wieder. Nach ihrer Rückkehr aus Irland, nachdem sie also bereits eine Reihe von Arbeitstagen versäumt hatte, hatte sie im Fotostudio bekannt gegeben, dass sie nicht mehr kommen werde.
Stattdessen setzte sie nun den Kessel mit Wasser auf und wartete darauf, dass es kochte. Irgendetwas würde ihr schon einfallen. Irgendeine Möglichkeit, an eine große Summe Geldes zu kommen, und zwar schnell, würde sie ersinnen. Es musste sein, denn andernfalls würde sie Rory anrufen und ihm erklären müssen, dass er seine Bilder nach Amerika schicken sollte. Und sie würde sich einen Job suchen müssen, der angemessen bezahlt wurde.
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Kapitel 11
T hea trank immer noch ihren Tee - besser gesagt, nippte sie an der inzwischen kalten Flüssigkeit in ihrer Tasse -, als Molly anrief. Sie hatte keineswegs die Absicht, Molly von ihrem Problem zu erzählen, bis sie selbst eine Lösung gefunden hatte. Aber als Molly sie dann fragte, wie es denn so laufe, fiel ihre Antwort - »Gut« - ein wenig gezwungen aus.
»Das ist schön«, erwiderte Molly, der das nicht auffiel, »denn ich wollte dich um einen kleinen Gefallen bitten. Ben lässt uns heute Nachmittag Toby da. Er fährt zu einem Vorstellungsgespräch nach Bristol, und ich hatte nicht mehr daran gedacht, dass wir heute Abend etwas vorhatten. Da habe ich mich gefragt ...«
Selbst Molly musste manchmal Luft holen. »Ob ich herüberkommen und auf ihn aufpassen könnte?«, warf Thea ein. Warum wohl hatte Ben ihr gegenüber nicht erwähnt, dass er einen neuen Job suchte?
»Oh nein, es würde mir nicht im Traum einfallen, dich darum zu bitten. Dazu bist du sicherlich mit der Galerie viel zu beschäftigt. Vermutlich kaust du gerade an deinem Bleistift und überlegst dir, welche Bilder du wohin hängen willst.«
Das war so weit von der Realität entfernt, dass Thea seufzte. »Wenn ich doch nur schon so weit wäre!«
Diese ungewohnte Niedergeschlagenheit fiel trotz ihrer eigenen, drängenden Sorgen sogar Molly auf. »Also, was tust du denn?«
»Ich frage mich, wie um Himmels willen ich die Galerie finanzieren soll - beziehungsweise wie ich kurzfristig an Geld komme. Auf lange Sicht könnte ich mein Haus verkaufen, mir in Stroud ein kleineres zulegen und die Galerie aus der Differenz finanzieren. Aber das geht nicht in den drei Monaten, die Rory mir eingeräumt hat.« Sie seufzte. »Was meinst du, wenn ich ihm meinen Körper opfere, ob er sich dann auf
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