Sommernachtszauber (German Edition)
brannte mit Sicherheit noch.
»Meinst du nicht, die Hosen sind zu eng? Wo hast du die Dinger denn aufgetrieben?« Ben sah an den dunkelroten Latex hosen hinab, die geradezu an seinen Beinen klebten.
»In einem Fetischladen in der Westfälischen Straße in Wilmersdorf«, gab Mia zu. Sie mied Bens Blick. Seine Gegenwart machte sie ungewohnt nervös: Selbst ihre Aufmachung mit der am Morgen noch sehr kurz abgeschnittenen Jeans und dem engen, verwaschenen I-LOVE-NY-T-Shirt schien ihr nun zu offensichtlich. Irgendwie gelang es ihr nicht, ihm nahezukommen. Zumindest nicht so, wie sie es wollte. Das ging nun schon eine Woche lang so, seitdem die Proben begonnen hatten. Mia war ab und zu dabei gewesen und hatte über die Kostüme nachgedacht. Jetzt ging es richtig los!
Ben drehte sich um und verrenkte sich den Hals vor dem Spiegel, um sein Hinterteil zu sehen. Dann lachte er. »Ganz schön heiß, das Ding.«
Stimmt, dachte Mia mit einem Blick auf Bens knackigen Hintern. Das sah alles verdammt gut aus.
»Abwischbar«, sagte sie dann. »Hat zumindest die Verkäuferin geschworen.« Aus irgendeinem Grund wollte ihr ihr üblicher herausfordernder Flirt nicht gelingen. Sie wollte ihn kommen lassen. Kam er?
»Hast du Engelsgesicht denn damit Erfahrung?«, fragte er jetzt und zog den Nietengürtel über der abgewetzten Lederweste fest, die Mia für ihn besorgt hatte. Rocker trifft Gladiator, auf diesen Look hatten Carlos und sie sich für den Romeo geeinigt.
»Kaum. Aber Carlos hat lange mit mir über seine Vision für den Look der Schauspieler gesprochen, und ich versuche, das umzusetzen. Das ist doch mein Job hier, oder?« Sie hörte selbst, wie Herausforderung, Unsicherheit und verletzter Stolz in ihrer Stimme miteinander kämpften.
Ben sah sie mitfühlend an. Sie wünschte, er würde sie kurz in den Arm nehmen und drücken. Seine Schultern sahen so wunderbar zum Anlehnen aus! Stattdessen klopfte er ihr wie einem Kumpel auf die Schulter.
»Und du machst das gut, Mia. Respekt. Das ist schließlich nicht leicht, für eine Rolle vorzusprechen und dann in Maske und Requisite zu landen. Besonders bei deinem Talent!«
Sie wollte sein Mitgefühl nicht, aber war von seinem Kompliment trotzdem geschmeichelt. Es schadete ja nicht, wenn er von ihrer Charakterstärke und ihrem Selbstbewusstsein beeindruckt war.
Sie zuckte mit den Schultern, die von seinem Knuff schmerzten. Vielleicht war das seine Art, Gefühl zu zeigen? Männer … Mia sagte: »Da muss man durch. Weißt ja, wie es heißt: Was du ererbst von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.«
»Goethe?«, fragte er vorsichtig.
»Hm. Im Zweifel ja. Glaube ich zumindest. Wenn ich gerade mal nicht den Deutschunterricht geschwänzt habe.«
Ben lachte. Mia sah die Muskeln an seinem Hals und den nackten Oberarmen unter der Lederweste hervortreten. Ihr Mund wurde trocken. Sie erinnerte sich, wie sie beim Vorsprechen geradezu auf Ben zugewachsen war. Ihre Julia war mit seinem Romeo verschmolzen. War das nicht ein Zeichen gewesen? Hatte er die Chemie zwischen ihnen etwa nicht gespürt? Das war unmöglich. Obwohl Carlos, der Blödmann, anscheinend auch immun dagegen gewesen war. Irgendwie hatte Caroline die Rolle wohl schon in der Tasche gehabt, als sie zum Vorsprechen angetreten war. Aber wie? Alle anderen und sie selbst waren nur Staffage gewesen.
Nun sah Ben sie an. Seine Augen funkelten auf die Art, die ihm unzählige Teenie-Fans einbrachte. Als wäre er zu jedem Unsinn bereit und für alle Abenteuer offen: vom Kühereiten um Mitternacht bis hin zur Ralley Paris-Dakar in einem VW Käfer. Mia bekam Gänsehaut und reichte ihm das Nietenarmband, das zu seinem Kostüm gehörte. Mit Ben konnte man sicher jede Menge Spaß haben, Spaß aller Art.
Sie senkte rasch den Blick, um ihre Verwirrung zu verbergen. »Hier. Passt zu deinem Bike, hab ich gedacht.«
Vielleicht sagte er jetzt:
Lass uns doch später noch eine Spritztour machen
.
»Danke«, sagte er nur und streifte sich das Armband über. Mia sah kurz den weißen Streifen Haut an seinem Handgelenk, wo er sonst seine Uhr trug. Er ließ ein kleines Stück Ben weich und verletzlich wirken und Mia fühlte sich wie in eines seiner Geheimnisse eingeweiht.
»Was trägt Caroline denn als Julia? Ist sie eine Rockerbraut?«, fragte er nun und fummelte durch die Kleider, die auf einem Metallgestell wie Mode im Sommerschlussverkauf hingen. Die gesamte Requisite des ehemaligen Fasanentheaters war verschollen. Sicher war eh alles
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