Sommernachtszauber (German Edition)
Hört ihr schlecht?!«
Ben stand auf und half Caroline hoch. »Nur Mut, Kleine«, flüsterte er und Klaus schnitt in den Kulissen eine Grimasse.
Simone machte beiden ein warnendes Zeichen, was Caroline noch mehr entmutigte, denn schließlich kannte sie Carlos am besten. Sie trabte mit demütig gesenktem Kopf von der Bühne hinunter in den Zuschauersaal, wo er nun auf seinem Stuhl saß und mit langen Fingern auf die Armlehne trommelte. Er war sehr blass und sah angestrengt aus. Caroline saß neben ihm, schwieg und wartete, bis er wieder etwas sagte. Seine Worte fühlten sich an wie Schläge.
»Was glaubst du denn, was das hier ist, hm? Die Vorbereitung zum Krippenspiel des Kindergartens? Was ist los mit dir? Sag es Onkel Carlos. Hast du deine Tage?«
Caroline sah ihn schockiert über seine Taktlosigkeit an. Dann fasste sie sich. War sie wirklich so schlecht? Sie, die als Einzige ein Stipendium an der Schauspielschule bekommen hatte? Die mit Leib und Seele darüber nachdachte, wie Julia denn nun eigentlich war? Die sogar nachts ins Theater ging, um dort zu proben, und dabei auf Johannes gestoßen war …
Carlos schien ihr Schweigen anders zu interpretieren. »Also nicht. Nur ’ne Frage. Geht mich auch nichts an. Oder doch, wenn du meine Arbeit ruinierst. Warst du etwa gestern Abend feiern?«
»Nein«, flüsterte Caroline. So konnte man das nicht gerade nennen.
Er zwang sich nun zur Ruhe, das merkte sie. »Das wirkt aber ganz so. Du hast Augenränder groß wie Suppenteller und machst einen Patzer nach dem anderen!«
»Ist es wirklich so schlimm?« Carolines Augen hatten sich mit Tränen gefüllt.
»Schlimmer.« Dann senkte er seine Stimme und legte seine Hand auf ihren nackten Arm. »Jetzt heul bitte nicht mehr. Das kann ich nicht ertragen.«
Er strich sich hastig die fettig wirkenden Haare nach hinten – offensichtlich blieb ihm keine Zeit zum Duschen mehr – und nahm sich dann die Brille ab. Caroline fasste sich. Bei Carlos war das ein Zeichen, dass ein Urteil anstand, erinnerte sie sich an das Vorsprechen. Würde er sie feuern? Hier, einfach so, ohne weitere Umstände? Dann war alles aus. Ihr Herz stand still. Sie spürte ihr Blut aus ihrem Kopf weichen.
»Caro. Ich will mir keine neue Julia suchen müssen …«
»Das sollst du auch nicht …«, brach es aus ihr hervor. »Bitte. Carlos. Ich will das hier. Ich will es so sehr …«
Er musterte sie schweigend, sein Blick forschend und die Lippen zusammengepresst. Die Zeit tropfte und Caroline flehte stumm um Hilfe. Sah Johannes das alles? Wusste er, was nun auf dem Spiel stand? Sie konnte es kaum abwarten, dass der Tag verging und sie wieder mit ihm proben konnte. Wenn, ja, wenn Carlos sie nur ließe!
»Aber dann musst du was ändern, okay? Heute gab es auch so ein paar Augenblicke, wo ich dachte: Jetzt hat sie es. Weltklasse. Und dann brichst du wieder ein und wirst zum zickigen Schulmädchen.«
Entgegen seiner Mahnung liefen doch ein paar Tränen über Carolines Wangen. Sie wischte sie zornig weg, doch es kamen immer mehr. Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen und er ließ sie eine Weile in Ruhe. Sie konnte nichts sagen. Wenn sie eines hasste, dann dass ihr wegen eines Heulanfalls die Stimme versagte. Kindischer ging es nicht.
Auf der Bühne hatten sich die anderen zusammengerottet und wisperten, wobei sie ihr mitleidige Blicke zuwarfen. Natürlich wussten sie, was gerade geschah.
Caroline setzte sich ruckartig auf. Es gab keine Chance, doch sie war bereit, sie zu ergreifen. »Was kann ich denn ändern?«
Carlos musterte sie wieder. Es war deutlich, dass er seine Möglichkeiten und seinen Handlungsspielraum abwog. »Die Einstellung gefällt mir. Ändere nicht dich, okay? Aber du musst beständiger werden. Zuverlässiger. Ich muss immer wissen, dass bei dir die Caroline kommt, von der ich weiß, dass es sie gibt. Immer. Hundert Prozent. Verstehst du?«
Caroline nickte.
»Gut. Dann mach das. Ich gebe dir noch eine Chance. Beweise mir diese Woche, was du draufhast. Immer wieder, jedes Mal, wenn du den Fuß auf die Bühne setzt.«
»Danke, Carlos«, flüsterte sie. Er nickte nur und schenkte ihr ein flüchtiges Lächeln. »Sorry, wenn ich so streng bin. Aber es muss sein. Und jetzt muss ich meinen Text wieder zusammenklauben. Da habe ich heute Abend was zu tun, den wieder zu kleben.«
Sie beide lachten nun, was die Spannung auflöste. Carlos klatschte in die Hände und Caroline wischte sich die Tränen ab. Gib und dir wird gegeben .
»In
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