Sommernachtszauber (German Edition)
Plötzlich wäre sie am liebsten zurückgelaufen.
»Caroline?«, fragte Ben sanft und sie zuckte zusammen.
»Was? Sorry, ich war ganz in Gedanken.« Sie wurde rot, was sie ärgerte und noch röter werden ließ.
Ben grinste. »Das habe ich gemerkt, Träumerin. Also, gehen wir ins Van Loo ?«
»Nein, lieber irgendwas, das nicht so weit von mir weg ist. Ich will morgen bei den Proben nicht so müde sein.«
»Wo wohnst du denn überhaupt?«
»In Kreuzberg.«
Er überlegte. »Hm. Dann gehen wir doch ins Brachvogel . Das ist ein richtiger Biergarten. Kennst du ihn?«
»Am Carl-Herz-Ufer? Ja. Ich habe als Schülerin dort oft Hausaufgaben gemacht, weil mein kleiner Bruder sich dann auf dem Spielplatz austoben konnte. Das war netter, als daheim zu sitzen. Gute Idee. Von dort kann ich nach Hause laufen.«
»Also. Steig auf, es geht los.«
Er setzte sich seinen Helm auf und half Caroline aufzusteigen. Sie positionierte vorsichtig ihre Füße auf den Pedalen und hielt sich, als er den Motor anließ, an seinen breiten Schultern fest.
»Alles klar?«, fragte er laut durch den Helm und sie nickte. »Kannst dich ruhig fester an mich drücken. Sorry, nur ein Scherz. Na, dann mal los!«
Er gab Gas und fädelte sich in den Verkehr ein. Die Fahrt war toll – Berlin sah vom Motorrad ganz anders aus, als von Bus oder Straßenbahn. Auf dem Motorrad flogen viele sinnliche Eindrücke auf sie zu und dann in Windeseile an ihr vorbei. Dagegen saß man in öffentlichen Verkehrsmitteln wie unter einer Käseglocke. Ein großes Gefühl von Freiheit überkam Caroline, als sie den lauen Abendwind auf ihrer Haut spürte. Das war wundervoll! Wie schade, dass sie diesen Augenblick nicht mit Johannes teilen konnte, dachte sie unwillkürlich.
»Du musst dich fester halten, Caroline«, lachte Ben wieder. Sie umfasste seine Hüften, aber nicht allzu fest. Sein breiter Rücken und seine Schultern waren ein guter Schutz gegen den Fahrtwind, fand sie dennoch. Und es gab sicher Schlimmeres, als an einem Sommerabend mit Ben van Behrens auf dem Motorrad durch Berlin zu brausen. Ein Mal war kein Mal.
»Komm«, sagte er und nahm ganz selbstverständlich ihre Hand, als sie am Biergarten ankamen.
Caroline folgte ihm, erwiderte den Druck seiner Finger aber nicht. Als sie die Tische erreichten, löste sie diskret ihre Hand aus seiner und tat so, als müsse sie ihren Korb auf den anderen Arm umlegen.
Viele Tische unter den dicht belaubten Kastanienbäumen waren von jungen Müttern besetzt, deren Kleine im Sandkasten buddelten. Ältere Damen hatten ihre Hunde am Tisch angeleint und blätterten in Zeitschriften, Pensionäre spielten Schach und ließen sich für jeden Zug ewig Zeit und andere Leute genossen ihr Feierabendbier.
Sie folgte Ben zwischen den Tischen durch. Wo er ging, stockte das Gespräch kurz, die Leute sahen ihn an und flüsterten oder warfen sich bedeutsame Blicke zu. Er schien das gar nicht zu bemerken.
»Der Platz hier ist doch nett. Was magst du trinken?« Er zog ihr aufmerksam den Stuhl zurück und griff sich die Karte vom Tisch. »Wie wäre es denn damit? Holunderblütenbowle mit Zitronenmelisse und Prosecco.«
Sie musste lachen. »Klingt dekadent nach Alt-Berlin!«
»Na wunderbar. Das ist genau, was wir jetzt brauchen. Zweimal, bitte«, sagte er zu der Bedienung, die mit gezücktem Stift neben ihnen aufgetaucht war.
Auch sie warf Ben einige Blicke zu, ehe sie sich dazu durchrang, ihm ihren Block hinzuhalten. »Entschuldigung … aber meine Cousine ist ein Riesenfan von Ihnen. Darf ich um ein Autogramm bitten?«
Caroline wandte den Blick ab, als er unterschrieb. Alle anderen jedoch schienen sie aus den Augenwinkeln zu beobachten. Na bravo, ein Abend auf dem Präsentierteller. Sie sah verstohlen auf ihre Uhr. Es war beinahe acht. Die Luft war samtig und das Licht noch von der Wärme des Tages erfüllt. Um diese Zeit war sie vor etwas mehr als einer Woche ins Bimah gegangen. Und hatte Johannes getroffen. Seitdem war er stets bei ihr gewesen, was immer sie auch tat.
»Prost«, sagte Ben und riss sie aus ihren Gedanken. »Wie gefällt es dir in Carlos’ Ensemble?«
»Gut. Ich finde ihn auch weniger schwierig, als viele behaupten.«
»Carlos ist wie Ryan Air . Wenn du nach seinen Regeln spielst, ist alles kein Problem.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich bin noch nie mit Ryan Air geflogen.«
»Nein? Was für ein Luxus.« Er verzog das Gesicht.
»Eher im Gegenteil. In den Ferien fahren wir immer zu meiner Großmutter nach
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