Sommernachtszauber
gern hätte. Ich klär das mit den Behörden, von wegen Inspektion und Lizenzerteilung für dein Cottage. Aber da du eine qualifizierte Fachkraft bist, dürfte das gar kein Problem sein. Und dann nehmen wir das in die nächste Werbekampagne mit auf – verflixt! Ist das mein Telefon?«
»Nein, meines.« Sukie grabbelte in der Tasche ihres Overalls nach ihrem Handy. »Entschuldige, Jennifer – ach, eine SMS von Topsy. Sie will sich wegen irgendwas unheimlich Wichtigem mit mir in Verbindung setzen. Aber wir verpassen uns dauernd.«
»Geht es ums Tanzen?« Jennifers glänzende Lippen zogen eine Schnute.
»Glaub ich nicht. Wohl eher um die Aromatherapie. Sie meint, sie müsse unbedingt mit mir sprechen, bevor ich mit den Massagen anfange – sonst würde es mir noch leidtun.«
»Na so was – klingt ja eigenartig. Aber vielleicht will sie auch bloß eine Massage zum Sonderpreis.« Jennifer lächelte. »In dem Fall solltest du meines Erachtens ablehnen, freundlich natürlich, und ihr stattdessen eine Gerberei empfehlen – ihre Haut sieht aus wie Leder. Nein, entschuldige, das war fies von mir – aber sie ist schon eine schräge alte Schrulle, findest du nicht?«
»Ziemlich. Aber immer noch eine erstklassige Tänzerin. In ihrer Blütezeit muss sie eine echte Ginger Rogers gewesen sein. Und insgeheim natürlich eine verhinderte Krankenschwester.«
»Ich weiß schon!« Jennifer lachte. »Sie hat ja diesen Medizinspleen! Als mein Lance sich im Faery Glen mal an einer Essiggurke verschluckt hatte, wollte sie ihm eine Mund-zu-Mund-Beatmung geben. Hat ihm den Kopf zurückgerissen, die Krawatte aufgemacht und die Finger in den Hals gesteckt, bevor man Hamlet-Handgriff hätte sagen können.«
Sukie kicherte wegen der Wortverwechslung, beherrschte sich aber gleich wieder. Jennifer stammte aus Essex. Manchmal gab es da Probleme mit der sprachlichen Verständigung. Und die Erinnerung daran, wie sie selbst nähere Bekanntschaft mit dem Heimlich-Handgriff gemacht hatte, stand ihr noch deutlich vor Augen – das war überhaupt nicht zum Lachen gewesen.
Sie ließ das Kichern in ein Hüsteln übergehen. »So was! Und was hast du gemacht?«
»Sie von ihm weggezerrt, damit sie ihn nicht erwürgt. Wie eine Klette hing sie an ihm dran. Ich musste sie beinah gewaltsam losreißen.«
Sukie schauderte, als sie sich das bildlich vorstellte. Zum Glück begann ihr Telefon wieder zu zwitschern, bevor sie irgendetwas dazu sagen musste.
»Wieder Topsy? Ganz schön hartnäckig, muss schon sagen.« Jennifer trug eine weitere Schicht Lipgloss auf ihre Hochglanz-Lippen auf. »Geht das nur mir so, oder findest du es nicht auch irgendwie seltsam, wenn alte Leute Handys haben und SMS schreiben?«
Sukie nickte. Irgendwie schon. Aber Topsy kannte sich offenbar recht gut aus und verwendete immer die richtigen Abkürzungen. Vielleicht hatte sie eins der Kapuzenkinder aus der Bath Road dazu gebracht, ihr Nachhilfe zu geben.
»Sie schreibt, sie warte vor Pixies Laughter auf mich, wenn ich heute Mittag nach Hause komme.« Mit zusammengekniffenen Augen entzifferte Sukie den Text. »Und betont noch mal, ich dürfe auf keinen Fall anfangen, bevor ich mit ihr gesprochen habe.«
»Arme Alte. Sicher beglückt sie dich mit Perlen der Weisheit von anno 1920. Ist schon traurig, wenn man geistig nachlässt, sich an die Vergangenheit klammert und jede Veränderung bedrohlich findet. Topsy meint bestimmt, Massage sei etwas Unanständiges und du hättest vor, Bagley-cum-Russet in eine provinzielle Reeperbahn zu verwandeln. Wahrscheinlich passiert in ihrem Leben so wenig, dass sie jede Kleinigkeit zur Staatsaffäre aufbauscht.« Jennifer kicherte so heftig, wie ihr kosmetisches Kinn-Lifting es zuließ. »Gut, sobald du dein Stelldichein mit James Bonds Großmutter arrangiert hast, sollten wir mal in die Gänge kommen, um Berkshires Bevölkerung zu verschönern.«
Immer noch kichernd zischte Jennifer ab, um den Salon für den stets sehr betriebsamen Samstagvormittag zu öffnen.
Nachdem sie das Treffen mit Topsy bestätigt hatte, lächelte Sukie die Köfferchen und deren Inhalt ein letztes Mal schwärmerisch an und ließ die Schlösser zuschnappen. Die Massageöle hatten ihre Stimmung deutlich verbessert – und das war auch dringend nötig gewesen. Seit Dienstagabend hatte ihr Stimmungsbarometer unter einem massiven Tiefdruckgebiet gelitten.
Natürlich war es todpeinlich gewesen, dass Milla und Derry sie mit offenem Mund und Chelsea auf dem Rücken vor dem
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