Sommernachtszauber
Kupplerin gewesen sein soll? Du bringst mich ganz durcheinander.«
Topsy wandte sich vom Fenster ab. »Das Cottage heißt Pixies Laughter , weil man hier früher wirklich die Waldgeister lachen hörte. Den heimischen Sagen zufolge war an dieser Stelle vor Hunderten von Jahren, bevor die Gemeinden von Bagley oder Russet überhaupt existierten, geschweige denn zu einem Dorf vereint worden waren, eine verborgene Lichtung, ein verwunschener Ort voller zauberkräftiger Pflanzen, ein Ort, an dem sich unerlaubt Liebende heimlich trafen und es den Bienen und Schmetterlingen gleichtaten und wo in der Nachtluft das Lachen der Waldgeister erklang …«
Sukie versuchte tapfer, ihr Kichern zu verbergen, indem sie sich bückte und das Gasfeuer anzündete. »Ach, natürlich! Ich Dummchen! Darauf hätte ich auch selbst kommen können. Das ganze Haus ist ja vollgestopft mit Geistern und Elfen. Manchmal kommt man kaum ins Badezimmer, weil es darin von Kobolden nur so wimmelt!«
Topsy schüttelte den Kopf über so viel Leichtfertigkeit. »Das ist kein Witz, Sukie. Hier haben sich Dinge ereignet, für die sich nie eine Erklärung fand. Cora konnte das Lachen der Waldgeister hören. Dadurch wurde sie sich ihrer Gabe bewusst und merkte, dass sie mit der magischen Welt in Verbindung stand. Hast du sie noch nie gehört? Die lachenden Waldgeister?«
»Nein!« Sukie runzelte die Stirn. Konnte man so jemanden wie Topsy denn überhaupt noch frei herumlaufen lassen? »Natürlich nicht. Ich glaube nicht an Feen …«
»Ich bin froh, dass du sie noch nicht gehört hast. Das bedeutet wahrscheinlich, dass du nicht über die Gabe verfügst.«
Sukie war nicht sicher, ob sie erleichtert oder enttäuscht sein sollte. Aber sie wollte auf keinen Fall Topsys Gefühle verletzen. Dieser Humbug war ihr offenbar sehr wichtig. Und für sie genauso real wie ihr Medizinspleen und ihre verhinderten Tanzträume. »Tja, man kann eben nicht alles haben. Dann werde ich wohl damit leben müssen, nicht mit dem Kleinen Volk in Verbindung zu stehen. Aber glaubst du denn allen Ernstes, dass Cora mich ohne jede Vorwarnung hier hätte wohnen lassen, wenn es hier nicht geheuer wäre – wenn es in Pixies Laughter spuken würde oder so?«
Topsy stand noch immer am Fenster. »Erstens spukt es hier nicht. Und zweitens hat Cora dir das Cottage nicht vermacht. Sie hat es deinen Eltern hinterlassen – die, entschuldige bitte, wenn ich das sage – die fantasielosesten, unsensibelsten, langweiligsten Leute sind, denen ich je begegnet bin. Es bestand keine Gefahr, dass sie mit der Magie in Berührung kommen oder sich auch nur im Mindesten für das Cottage und dessen Vergangenheit interessieren würden. Ich bin sicher, dass Cora es ihnen vermacht hat, weil sie annahm, dass sie es verkaufen und du niemals hier wohnen würdest und dich nie mit der Vergangenheit des Hauses beschäftigen müsstest.«
»Aber meine Eltern müssen doch gewusst haben, dass mit dem Haus alles in Ordnung ist und dass Cora keine – keine Kupplerin war …« Sukie tat sich noch immer schwer mit diesem Wort und sank in ihren weichen Lieblingssessel. »Sie haben sie zu meiner Patentante gemacht, verflixt noch mal. Das hätten sie doch nicht getan, wenn sie geglaubt hätten, sie sei eine Hexe.«
»Cora war keine verdammte Hexe! Sie war die Tante deiner Mutter. Eine Tante, muss ich sagen, die von deiner Mutter schändlich ignoriert wurde, weil sie es ablehnte, mit dem Strom zu schwimmen. Dass man sie bat, deine Taufpatin zu werden, war nur ein Lippenbekenntnis in Sachen Familienbande. Deine Eltern wussten sicher nichts von ihrer Tätigkeit als Ehestifterin. Ich glaube, dass sie überhaupt nicht sonderlich viel von Cora wussten und sich auch nicht sonderlich viel aus ihr machten.«
Sukie nickte. Das stimmte wahrscheinlich. Cora und ihre Eltern waren immer Lichtjahre voneinander entfernt gewesen. Dennoch war es ihr unangenehm, dass Topsy dies aussprach.
Sie wünschte wirklich, sie könnte ihre Eltern in Schutz nehmen – oder würde zumindest den Wunsch dazu verspüren.
Schließlich doch von der Wärme angelockt, durchquerte Topsy den Raum, streckte die runzligen braunen Hände zum Feuer und betrachtete die züngelnden blauen, roten und gelben Flammen. »Alles, wofür sich deine Mutter ihr Lebtag interessiert hat, waren ihr sozialer Aufstieg und die aktuellsten Statussymbole. Liebe Güte, ich habe niemals eine selbstsüchtigere Person gekannt als deine Mutter, schon als kleines Mädchen war sie so. Sie
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