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Sommerprickeln

Sommerprickeln

Titel: Sommerprickeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Kay Andrews
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die in dein Auto gekommen ist.«
    Mason hatte die Hand am Türknauf. »Ich bin fertig. Ich rede nicht länger mit dir darüber. Entweder glaubst du mir oder nicht.«
    »Wo willst du hin?«
    Er öffnete die Tür, sah sich aber nicht um. »Ich gehe rüber zu meiner Mutter. Die hat immer was zu essen da. Anders als du.« Die Tür schlug er nicht zu. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sie überhaupt zu schließen.
    Eine halbe Stunde später schlug Annajane die Tür hinter sich zu. In Passcoe schloss niemand die Tür ab, schon gar nicht in Cherry Hill. Annajane warf eine hastig gepackte Reisetasche auf die Rückbank ihres Acura, setzte rückwärts aus der Auffahrt und näherte sich dem Tor. Der Schnee schmolz bereits wieder, die alten Eichen zu beiden Seiten der Einfahrt wirkten bedrohlich mit ihren knorrigen grauen Ästen, die nur wenig schwaches Winterlicht durchließen. Ein Teppich aus Eicheln knirschte unter den Reifen. Ein verrosteter Pick-up mit einer riesigen Fichte auf der Ladefläche rollte an ihr vorbei in Richtung des Herrenhauses. Annajane winkte Nate, dem Gärtner der Bayless’, niedergeschlagen zu. Am Ende der Zufahrt nahm sie die Fernbedienung vom Beifahrersitz, drückte auf die Taste und wartete ungeduldig, während das schmiedeeiserne Tor sich langsam öffnete.
    Zehn Minuten später war sie auf der Umgehungsstraße. Irgendwann merkte sie, dass sie gar kein Ziel im Sinn hatte. Sie wusste nur, dass sie weg wollte von Passcoe, weg vom Gelände der Bayless’.
    Eine Stunde später klingelte ihr Handy. Sie sah auf das Display und warf den Apparat wieder auf den Beifahrersitz, ohne dranzugehen. Mason. Annajane blinzelte die Tränen weg, und kurz darauf summte das Telefon, um ihr eine Mailboxnachricht anzukündigen.
    Fünf Minuten später klingelte es wieder. Annajanes Hand schwebte über dem Handy. Sie griff danach, aber änderte dann ihre Meinung. Sollte er zur Abwechslung mal schmoren.
    Als sie zwei Stunden später auf die Einfahrt des bescheidenen kleinen Holzhauses in Holden Beach fuhr, hielt sie kurz inne, bevor sie den Motor ausstellte. Hatte sie das wirklich gerade getan? Einen Streit mit Mason angefangen? Ihn der Untreue bezichtigt, um dann heim zu Mama zu fahren? Es war verrückt. Sie sollte eigentlich umdrehen, nach Hause zurückkehren und alles in Ruhe mit Mason besprechen. Ihm deutlich machen, wie sehr er sie verletzt hatte.
    Es war stockdunkel. Bunte Lampen hingen auf der Veranda des Hauses ihrer Eltern. Ein alberner beleuchteter Schneemann aus Plastik saß auf der Eingangstreppe. Annajane und ihre Mutter hassten diesen Schneemann und hatten immer versucht, Leonard davon zu überzeugen, wie billig er aussah, aber ihr Stiefvater hatte seine große Freude daran, ihn jedes Jahr zu Weihnachten wieder hervorzuholen. Durch die Vorhänge konnte Annajane die Lichter am Baum leuchten sehen. Irgendwie fühlte sie sich beruhigt. Vielleicht war doch alles nicht so schlimm, wie es aussah.
    Ehe sie es sich anders überlegen und nach Hause fahren konnte, öffnete Ruth die Tür, doch Annajane sah im Gesicht ihrer Mutter keine Überraschung oder Freude beim Anblick ihrer einzigen Tochter, sondern etwas anderes.
    Sie sprang aus dem Auto und lief zur Tür. »Mom? Was ist? Ist was mit Leonard? Geht es ihm nicht gut?«
    Ruths Gesicht war blass. »Leonard geht es gut. Hast du mit Mason gesprochen?«
    »Nein«, sagte Annajane verbittert. »Sag nicht, er hat bei dir angerufen.«
    Ruth hielt ihr ihr eigenes Telefon entgegen. »Hier. Du musst ihn anrufen.«
    Stur schüttelte Annajane den Kopf. »Der kann warten. Hat er dir erzählt, was er mir angetan hat? Dass er nicht zur Weihnachtsfeier gekommen ist? Mich sitzengelassen hat? Mama, ich glaube …«
    Ruth drückte ihrer Tochter das Telefon in die Hand. »Du hörst mir nicht zu. Annajane, du musst Mason sofort anrufen. Es geht um Glenn. Er ist … Ruf einfach Mason an. Verstanden?«
    Annajanes Kopf war leer. Ihre Hände zitterten. Ruth wählte und reichte ihr den Apparat.
    »Mason, ich bin gerade bei meiner Mutter angekommen. Sie hat gesagt …«
    »Es geht um Dad«, unterbrach Mason sie. Er klang ruhig, fast distanziert. »Es sieht schlecht auf. Wahrscheinlich hatte er einen Herzinfarkt. Wir sind im Passcoe General .«
    »Ach, du meine Güte!«, stieß Annajane aus. »Wann? Wann ist das passiert?«
    »Wissen wir nicht genau. Mom hat ihn im Schlafzimmer auf dem Boden gefunden, als sie heute Abend nach Hause kam. Sie versuchen ihr Bestes, aber … wir wissen noch gar

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