Sommerprickeln
den Kopf auf den Ellenbogen gestützt, nachdenklich betrachtete.
»Was ist?«, fragte sie schläfrig.
»Ich denke gerade, wie cool das sein wird, wenn wir unseren Kindern in vielen, vielen Jahren erzählen, wo wir uns kennengelernt haben, wie ich dich in einer Kneipe ansprach und die Nacht darauf im Holiday Inn von Holden Beach in den Armen meines süßen Schatzes lag.«
Kinder? Annajane hatte sich eingeredet, dass sie nicht die Absicht hatte, es mit Shane ernst werden zu lassen, dass sie einfach zwei Erwachsene waren, die Spaß miteinander hatten. Doch in Wirklichkeit hatte sie die ganze Zeit gewusst, dass sie auf dem besten Weg war, sich in ihn zu verlieben.
»Falls wir jemals Kinder haben sollten, werden wir uns, was sie betrifft, auf einem Kirchenpicknick kennengelernt haben«, erwiderte sie grinsend.
Zwei Wochen später spielte die Band in einem kleinen Club in Durham. Annajane saß im Publikum und trank das Glas Wein, das er ihr an den Tisch geschickt hatte, als die Band Could I Have This Dance? anstimmte. Sie war ein wenig überrascht gewesen, weil das Lied normalerweise nicht auf der Setlist stand. Aus der Überraschung wurde Bestürzung, als Shane von der Bühne trat, an ihren Tisch kam und ihr einen schmalen, silbernen Ring an den linken Ringfinger schob.
»Okay?«, flüsterte er ihr ins Ohr, während der ganze Club ihnen zusah. Sie hatte angefangen zu weinen und schließlich zustimmend genickt. Damit waren sie verlobt. Einfach so.
Erst als Annajane an jenem Sonntagabend zurück in Passcoe war und ihren Koffer auspackte, wurde ihr klar, was geschehen war. Sie hatte sich gerade einverstanden erklärt, den Rest ihres Lebens mit einem Mann zu verbringen, den sie erst seit drei Monaten kannte.
Doch jedes Mal, wenn sie Einwände gegen die Verlobung vorbrachte, gelang es Shane, sie zu überzeugen, sie tue das Richtige. Selbst wenn sie ihn um drei Uhr morgens anrief und aus dem tiefsten Schlaf holte, war er in der Lage, ihr Liebesschwüre ins Ohr zu säuseln.
»Warum kommst du nicht her? Dann kann ich dir zeigen, wie sehr du mir fehlst.« Sein tiefes Lachen klang aufreizend.
»Geht nicht«, sagte sie und hoffte, es würde bedauernd klingen, auch wenn sie kein Bedauern empfand. »Ich muss hier noch tausend Sachen erledigen. Ich habe noch nicht mal alles eingepackt.«
»Ich könnte hochkommen und dir helfen«, erbot er sich. »Du musst das wirklich nicht alles allein machen.«
Er war unglaublich. So rücksichtsvoll. Er liebte sie. Sie liebte ihn auch. Etwa nicht?
»Nichts da«, beeilte sie sich zu sagen. »Wenn du sehen könntest, wie durcheinander mein Leben in Wirklichkeit ist, würdest du schreiend Reißaus nehmen.«
»Niemals«, gab Shane zurück. »Ich nehme dich so, wie ich dich kriegen kann, auch wenn ich nicht glaube, dass an dir irgendwas durcheinander ist. Du bist der bestorganisierte Mensch, den ich je getroffen habe.«
»In letzter Zeit nicht mehr«, sagte Annajane und blätterte durch die Seiten des Buchs, das sie auf ihren Nachtschrank gelegt hatte. »In letzter Zeit habe ich das Gefühl, mein Leben bricht auseinander. Und so sehr ich mich auch anstrenge, gelingt es mir nicht, es zusammenzuhalten.«
Am anderen Ende herrschte Schweigen.
»Okay, ich komme zu dir«, sagte Shane. »Red mir das nicht aus! Ich merke, dass etwas mit dir nicht stimmt. Der Umzug und der neue Job stressen dich, du schläfst nicht genug. Du bist nicht du selbst.«
Sie fand das Foto wieder. Es verschwamm vor ihren Augen.
Wer war dieses Mädchen auf dem Bild?
»Mir geht’s gut«, sagte sie zu Shane. »Wirklich. Ich denke, es war alles ein bisschen viel. Ich habe heute Abend ein paar Kartons gepackt, bevor ich dich anrief. Mit der Küche bin ich fast durch, ich habe schon im Schlafzimmer mit den Klamotten angefangen. Ich warne dich, Shane, wir müssen vor der Hochzeit vielleicht noch anbauen, sonst haben wir nicht genug Platz für meine Schuhe.«
»Kein Problem«, sagte er. »Ich habe meine Sachen schon in den Wandschrank im Gästezimmer gepackt.«
»Shane! Du weißt doch, dass ich eine Wohnung gemietet habe. Erst mal für sechs Monate.«
»Finde ich trotzdem albern«, murrte er. »Absolute Geldverschwendung, du könntest genauso gut direkt bei mir einziehen.«
Warum zog sie nicht einfach bei Shane ein? Warum war es ihr so wichtig, ihre eigene Wohnung zu haben? Wollte sie nicht mit dem Mann zusammenleben, den sie liebte?
»Sind doch nur sechs Monate«, sagte sie sanft. »Nur bis zur Hochzeit.«
»Das ist
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