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Sommerrot

Sommerrot

Titel: Sommerrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Moorfeld
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antwortet Tino kurz. Er schließt die Augen und atmet tief aus.
    « Verdammter Mist!», flucht er schließlich los und ballt die Fäuste.
    « Das bedeutet dann wohl, Dr. Pflegert, oder wie auch immer er heißt, ist ein Betrüger!», spreche ich das offensichtliche aus. «Wie viel Geld fehlt denn überhaupt?»
    « Eigentlich sind wir pleite!», antwortet Tino bitter.
    Ich wei ß, dass es dem Unternehmen sehr gut ging, die Bilanzen waren stets ausgeglichen und es fielen jedes Jahr so hohe Gewinne ab, dass neben den Rücklagen sogar Weihnachtsgratifikationen an die Mitarbeiter verteilt wurden.
    « Das kann doch nicht sein! Wir haben so viele Auftragseingänge und die neue Software wird Millionen einbringen, prophezeite zumindest ihr Vater.»
    « Alle Konten wurden bis zum Anschlag leergeräumt.»
    Ich schlucke und Tino sieht pl ötzlich so traurig aus, dass ich mich zurückhalten muss, ihn nicht tröstend zu umarmen. Er sieht den Impuls in meinen Augen, geht langsam einen Schritt auf mich zu, hält aber plötzlich inne, dreht sich um und läuft mit raschen Schritten zum Auto. Ich folge ihm und wir fahren zurück in die Firma. Zwischen uns herrscht unangenehmes Schweigen.
    « Wo essen sie zu Mittag?», fragt er plötzlich.
    « Im Büro. Ich habe Brote dabei.»
    « Warum gehen sie nicht essen, sie verdienen doch gut.»
    Diese Fragen werden mir zu pers önlich.
    « Ich habe hohe Kosten», antworte ich knapp.
    Mehr will ich nicht erz ählen. Nicht, solange zwischen uns eine derart seltsame Stimmung herrscht. Er scheint das zu spüren und fragt nicht weiter nach. Als vor dem Eingang der Firma zum Stehen kommen, lädt er mich ab und braust wieder davon. Oben in meinem Büro packe ich die Brote aus. Als ich missmutig darauf herumkaue, denke ich nach. Mit leeren Firmenkonten werden die Gehälter am Monatsende nicht ausbezahlt werden können und da ich keinerlei Ersparnisse mehr habe, kann ich auch die nächste Rate für das Haus nicht aufbringen. Es sind noch 22 Tage bis zum Monatsende. Wenn bis dahin nicht ein Wunder geschieht, ist die Firma pleite und ich mit ihr. Auch diese komische Abmachung, die ich von Tino bekommen habe, ist damit wertlos geworden. Dieser Dr. Pflegert war schon immer ein seltsamer Kerl gewesen. Er sprach wenig und hockte immer tief versunken über Blättern mit Zahlen oder tippte rhythmisch auf der Tastatur seines Rechners herum, als sei sie ein Klavier. Er war von hagerer Statur gewesen. Spitzbart und Nickelbrille verliehen ihm ein markantes Aussehen, aber ganz besonders stachen einem die alles durchdringenden, himmelblauen Augen ins Gesicht, die mich stets dazu brachten, den Blickkontakt mit ihm zu vermeiden. Aber da ja scheinbar alle seine Angaben falsch waren, traf das wohl auch auf sein Äußeres zu. Es würde mich nicht wundern, wenn sich unter den stechend blauen Kontaktlinsen eigentlich mausgraue Augen verbargen und sich seine halblangen blonden Locken als Perücke entpuppten, die braune stoppelige Haare verdeckte. Dr. Pflegert war nach mir in die Firma eingetreten. Herr Angelus Senior hatte mir noch von seinen hervorragenden Zeugnissen vorgeschwärmt. Er war durch das Empfehlungsschreiben eines Studienkollegen auf Dr. Pflegert aufmerksam geworden. Es bestand also kein Grund, ihm zu misstrauen. Wahrscheinlich war Pflegert ja nicht
    einmal sein richtiger Name und die Zeugnisse hatte er sicherlich alle gefälscht. Die Tür flog auf und Tino stürzte herein.
    « Ich brauche sie, Frau Sommer!», keuchte er. Ich sah ihn mit großen Augen an und wahrscheinlich wurde ihm da erst die Zweideutigkeit seiner Aussage bewusst.
    « Für die Polizei!», fügt er rasch hinzu, «Die benötigen eine Beschreibung des potentiellen Täters und da ich Dr. Pflegert nur einmal flüchtig gesehen habe, weiß ich nicht genau, wie er aussieht. Sie müssen mitkommen, damit wir ein Phantombild erstellen können.»
    Warum will er, dass ich das alles mache? Die anderen Mitarbeiter haben ihn doch auch gesehen. Es kommt mir vor, als wollte er mich wie an einem Gummiband immer wieder zu sich heran ziehen, um mich dann wieder fortzusto ßen, sobald ich ihm zu nahe rücke. Wieder fahren wir im Aufzug gemeinsam nach unten. Ich starre auf die Tür. Es fällt mir schwer, Tinos Nähe hier drin zu ertragen, weil sofort wieder die Erinnerung an unser heißes Liebesspiel in mir hoch poppt. Befriedigt registriere ich, dass Tino mehrmals unruhig sein Standbein wechselt. Es lässt ihn also auch nicht kalt. Wir schießen beide fast fluchtartig

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