Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
der wohl erniedrigendste Schachzug, den ein Elf je ausgespielt hat“, bemerkte Smitt amüsiert und erntete dafür prompt einen ebenso prächtigen Haarschmuck.
Adam war völlig außer Atem. Das viele Hin und Her hatte ihn so sehr geschwächt, dass er es nur mit Mühe und Not schaffte, die Axt aus dem toten Körper der Hexe zu ziehen. Als er sich seinen Freunden näherte, sank er kraftlos auf den nächstbesten Felsen, der ihm einigermaßen bequem erschien.
„Und wie geht es nun weiter?“, fragte Neve.
„Gebt mir einen Moment“, erwiderte Adam. „Sobald ich mich erholt habe, gehe ich in das Moor und ernte die Knolle.“
„Das musst du nicht“, entgegnete Emily. „Ich kann das für dich tun.“
„Aber du bist ein Geist“, sagte Bon mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Ja, ein Geist“, bestätigte sie. „Jedoch kein Naturgeist, sondern einer menschlichen Ursprungs. Mir kann das Eisen nichts anhaben und die Toten auf dem Grund des Moores auch nicht.“
Betroffen beugte Arrow sich zu der Kleinen hinunter. „Emily, du musst das nicht tun.“
„Ich möchte es aber“, entgegnete sie mit fester Stimme. „Die ganze Zeit über gebt ihr mir das Gefühl, mich nur mitgenommen zu haben, um mich besser im Auge behalten zu können, doch ich kann auch nützlich sein. Außerdem weiß ich, wie es ist, mit Toten zusammen zu sein. Im Holunderwald bin ich pausenlos von ihnen umgeben und noch dazu selbst eine von ihnen.“
„Ich halte das für keine so gute Idee“, bemerkte Dewayne an Arrow gewandt. „Sie könnte uns mit der Axt angreifen. Dann wären wir machtlos und das ganze Spiel würde wieder von vorne beginnen.“
„Du denkst, dass ich euch das antun würde?“, fragte Emily tadelnd.
„Ich traue ihr nicht. Dieses Risiko will ich nicht eingehen. Wir schicken Adam hinunter.“
„Sprich mich an, wenn du mir etwas zu sagen hast!“, fuhr ihn das Mädchen wutentbrannt an.
Während die anderen zusammenzuckten, wandte Dewayne nur widerwillig seinen Blick zu dem blassen Kind mit den zierlichen Schühchen und dem niedlichen Cape.
„Seit meiner Ankunft hast du kein einziges Mal das Wort an mich gerichtet oder mich angesehen, doch ich habe auch Gefühle! Ich weiß genau, was ihr alle über mich denkt und ich kann es euch nicht verübeln, doch ich würde euch niemals absichtlich Schaden zufügen. Das habe ich noch nie mit irgendjemandem getan, denn ich bin nicht das Monster, das möglicherweise von mir Besitz ergreifen könnte. Alles, was ich euch anbiete, ist meine Hilfe. Wenn du unbedingt darauf bestehst, kannst du auch gern den Menschen dort hinunterschicken, doch dann bist du selbst das grauenvolle Monster, zu dem du mich machen möchtest. Adam hat ein gutes Herz, und ich habe durch seine Augen in seine Seele geschaut. Ich weiß nicht, was genau er in seinem Leben schon erdulden musste, doch ich selbst halte es für Folter, ihn dort hinunter zu schicken, dafür ist er nicht stark genug. Den Moment, als ich zum ersten Mal in das Reich der Toten eingetreten bin, werde ich nie vergessen und ebenso hart war es für mich, zu akzeptieren, dass ich von da an eine von ihnen war. Du denkst, dass dort unten nur ein paar eingewickelte Leichen in blutverschmierten Tüchern vor sich rumdümpeln? Dann werde ich dir mal etwas sagen, ihre Körper mögen leblos sein, doch ihre Schreie, Klagen und Qualen sind in dem Wasser noch immer allgegenwärtig. Denn keinem von ihnen war es bisher vergönnt, Rache zu nehmen und den eigenen Tod zu verarbeiten. Das kann man nur im Holunderwald im Kreise des Wilden Heeres. Aber Frau Perchta hat zu dieser Höhle keinen Zutritt. Sie kann die Toten nicht mit sich nehmen und ihnen die Befreiung geben, die sie verdient hätten. Wenn du es diesem Menschen also zumuten willst, dass er dort unten vielleicht den Verstand verliert, nur um an diese blöde Knolle zu kommen, dann schick ihn hinunter! Aber wenn du ein Herz hast und ihn deinen Freund nennst, dann solltest du über deinen Schatten springen und mich diese Sache erledigen lassen, anderenfalls wird er nie wieder zu der Person werden, die er vor seinem Eintritt in das Moor gewesen ist.“
Arrow rang nach Atem. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie bei Emilys Worten die Luft angehalten hatte, und sie erkannte den Ernst der Lage, der sich dahinter verbarg.
„Dewayne, bitte“, flehte sie ihn an. „Ich weiß, dass ich dein Vertrauen in mich in der letzten Zeit nicht unbedingt gestärkt habe, aber der Preis dafür darf nicht Adams Seele
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